Obwohl der 1. FC Nürnberg im Sommer zwei wichtige Defensivspieler ziehen ließ, galt das Hauptaugenmerk auf dem Transfermarkt der Offensive. Nun sollen Ginczek & co. für mehr Tore sorgen.  

Die Situation: Nachdem man in den letzten beiden Sommern jeweils wichtige Spieler wie Wollscheid und Didavi (2012) bzw. Gündogan, Ekici und Schieber (2011) verloren hatte, hatten die Nürnberger gehofft, in diesem Sommer endlich einmal alle Stützen des Kaders halten zu können. Doch nachdem man Simons‘ Wunsch nach einem Wechsel zum FC Brügge nachgekommen war und Timm Klose zu seinem Ex-Trainer Dieter Hecking nach Wolfsburg transferierte, fehlen nun erneut zwei enorm wichtige Defensivakteure.

Anstatt diese Abgänge mit neuem Defensivpersonal zu kompensieren, orientierte man sich anders. Während die Lücke in der Innenverteidigung, die Timm Klose hinterließ, durch den ablösefreien Emmanuel Pogatetz geschlossen werden soll, vertraut man im defensiven Mittelfeld auf das vorhandene Personal – besonders auf den erst 18-jährigen Niklas Stark und Winterneuzugang Muhammed Ildiz, der zwar verletzungsbedingt nur wenige Male eingewechselt wurde, aber vielversprechende Ansätze zeigte.

Die Tatsache, dass mit Per Nilsson ein Verteidiger der beste Club-Torschütze der vergangenen Saison war, gab den Verantwortlichen im Sommer natürlich zu denken. Entsprechend bemühte man sich nicht, die wenig überzeugende Leihgabe Sebastian Polter fest zu verpflichten, sondern schaute sich in anderen Ligen nach besserem Personal um. Fündig wurde Martin Bader unter anderem in der zweiten Liga, wo Daniel Ginczek 18 Tore für den FC St. Pauli erzielte.

1,5 Millionen Euro bezahlte der FCN für Ginczek, der Tomas Pekhart in der Testphase eindeutig den Rang ablief. In nahezu jedem Testspiel trug sich der 1,91m große Mittelstürmer in die Torschützenliste ein – zuletzt traf er doppelt gegen den englischen Zweitligisten Leeds United. Neben Ginczek wurden Josip Drmic vom FC Zürich und der Pole Mariusz Stepinski verpflichtet, die beide sowohl im Sturmzentrum als auch auf den Flügeln agieren können. Das Trio ist im Durchschnitt 20 Jahre alt – die Philosophie, junge Spieler zu fördern, wird fortgeführt.

Manch einer bezeichnet die Transferpolitik als sehr riskant, hat Oldie Simons in den letzten drei Spielzeiten doch kein Bundesliga-Spiel verpasst. Ihn vorzeitig aus seinem bis 2014 laufenden Vertrag freizugeben, war jedoch nicht nur ein freundlicher Akt Martin Baders gegenüber einem verdienten Spieler, sondern auch eine Entscheidung zugunsten einer weniger zerstörerischen Spielweise. Comunio-User PitSchini sieht nun „die Chance, auf der 6 etwas mehr Kreativität und Spielstärke zu installieren“.

In der Tat geht der Trend voll und ganz in diese Richtung. Angesichts der Tatsache, dass etwa die Hälfte der Nürnberger Saisontore 2012/13 nach Standardsituationen fielen, wird klar, dass mehr Kreativität gefordert ist. Dazu soll die neue Quantität in der Offensive beitragen, denn auch die erhöhte Vielfalt des Offensivpersonals sorgt für weniger Berechenbarkeit. Der neue Konkurrenzkampf soll einzelne Spieler wie Esswein und Mak, die teilweise unmotiviert wirkten, noch einmal kitzeln und verbessern.

Doch trotz der neuen Offensivpower darf die Defensive natürlich nicht vernachlässigt werden. Der FCN ist nicht so anmaßend, seine Gegner nun an die Wand spielen zu wollen. Man möchte weiterhin kompakt stehen, nun aber etwas höher verteidigen. Trainer Michael Wiesinger hat in vielen Punkten die Arbeit seines Vorgängers Hecking fortgeführt, wenngleich er offensiv mehr sehen möchte. Das Spiel gegen den Ball hat jedoch nach wie vor Priorität.

Comunios Player to watch: Robert Mak. Für den 22-jährigen ist die neue Saison die letzte Chance, in Nürnberg Fuß zu fassen. In den letzten Jahren stand sich der hochtalentierte Mak oft genug selbst im Weg – so auch im letzten Herbst, als er seinen damaligen Trainer Dieter Hecking via Twitter beleidigte und zwischenzeitlich mit der U23 trainieren musste. Inzwischen ist der offensiv variabel einsetzbare Slowake wieder ein fester Bestandteil der Mannschaft, dem von Wiesinger viel Vertrauen entgegen gebracht wird. Wenn er es endlich schafft, seine Fähigkeiten regelmäßig auf dem Platz zu zeigen, ist er für 770.000€ eine sehr gute Investition für Comunio-Spieler.

Prognose: Der eingeschlagene Weg ist der richtige, aber gleichzeitig kein sicherer. Dennoch war der Abschied von der destruktiven Spielweise vergangener Tage ein wichtiger Schritt für die Zukunft, nachdem man sich durch diese Philosophie in der Bundesliga etabliert hat. Die Saison wird kein Zuckerschlecken, denn auch die Konkurrenz hat sich verstärkt. Es ist extrem wichtig, dass sich die Defensive möglichst schnell stabilisiert, um Unruhe früh in der Saison zu vermeiden. Gelingt das, ist eine weitere ruhige Saison mit einem Platz im gesicherten Mittelfeld absolut möglich – zu Höherem ist der Club jedoch noch nicht berufen.

Zugänge: Daniel Ginczek (Borussia Dortmund), Josip Drmic (FC Zürich), Martin Angha (FC Arsenal), Mariusz Stepinski (Widzew Lodz), Emmanuel Pogatetz (VfL Wolfsburg), Nick Weber (Borussia Dortmund U19), Almog Cohen (Hapoel Tel Aviv, Leihe beendet), Benjamin Uphoff (Zweite Mannschaft)

Abgänge: Timmy Simons (FC Brügge), Timm Klose (VfL Wolfsburg), Sebastian Polter (FSV Mainz 05, Leihe vom VfL Wolfsburg beendet), Alexander Stephan (Zweite Mannschaft), Roussel Ngankam (Zweite Mannschaft)