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Der VfB Stuttgart hat sich ein europäisches Toptalent geangelt, da sind sich die Experten weitgehend einig. Ozan Kabak kommt für zehn Millionen Euro von Galatasaray Istanbul – ob der Transfer schnell Rendite für alle abwirft?
Position: Im Herbst eroberte sich Ozan Kabak unter Fatih Terim einen Stammplatz rechts in der Innenverteidigung bei Galatasaray Istanbul und überzeugte nicht nur in der Süper Lig, sondern auch in der Champions League. Dass soll dem jungen Mann nach den Vorstellungen der VfB-Verantwortlichen jetzt auch beim abstiegsbedrohten Bundesligisten schnell gelingen. Die Konkurrenz ist überschaubar: Holger Badstuber scheint außen vor zu sein, Marc-Oliver Kempf konnte in der Hinrunde kaum für sich werben. Bleiben noch der angeschlagene und in der ersten Saisonhälfte formschwache Weltmeister Benjamin Pavard und Timo Baumgartl. Wenn sich das Talent, das in dieser Saison immerhin schon 17 Saisonspiele (inklusive vier Einsätzen in der Champions League) absolviert hat, schnell akklimatisiert, gibt das einen spannenden Konkurrenzkampf.
Bisherige Karriere: Ozan Kabak wird im März gerade erst 19 Jahre alt, entsprechend schnell ist die Vita des Verteidigers erzählt: Seit seinem zwölften Lebensjahr spielte der Teenager bei Galatasaray, durchlief dort die Jugendteams und spielte sich in die U-Nationalmannschaften der Türkei. Im Endspurt der Saison 2017/18 begann dann Kabaks Profilaufbahn in der Süper Lig, natürlich für seinen Heimatverein. Zuletzt war der junge Verteidiger unangefochten Stammspieler.
Einstiegsmarktwert: Am Freitag wurde Ozan Kabak zum Einstieg mit 3.000.000 gelistet, heute sind es schon 3.440.000. Das ist beinahe eine Million ehr als Pavard und macht den Neuen direkt zum zweitteuersten Pferd im Schwaben-Stall (hinter Mario Gómez mit 4.290.000).
Situation: VfB-Sportvorstand Reschke bemüht sich gar nicht erst, dem 18-jährigen Neuzugang die Last der Ablösesumme von den Schultern zu nehmen: „Es gab in der Tat Interessenten der Top Ten aus Europa, weil der Junge einfach eine besondere Qualität hat.“ Arsenal taucht auf, wenn die Rede auf die Liste der Kabak-Fans in Europas Topligen kommt, von Manchester United, Borussia Dortmund oder der AS Monaco. Und doch hat sich der junge Türke für den VfB entschieden – unter welchen Begleiterscheinungen (Reschke dementiert vehement, dass der FC Bayern seine Finger mit im Spiel gehabt habe), das kann den Schwaben jetzt mindestens eine Rückrunde lang egal sein. „Er kann jetzt schon auf Bundesliga-Niveau spielen, da haben wir überhaupt keinen Zweifel“, erzählte Reschke auf der VfB-Homepage weiter. „Er ist ein sehr starker Zweikämpfer und im Abwehrbereich auf Ballgewinn aus.“
Zuhause bei Galatasaray war Kabak vor der Winterpause gesetzt, spielte in der Süper Lig zehnmal hintereinander durch, die Fans waren von ihrem jungen Eigengewächs begeistert und eigentlich hatte man am Bosporus vor, den Vertrag mit ihrem Toptalent zu verlängern und die Ausstiegsklausel für den Innenverteidiger aus dem neuen Papier raus zu verhandeln. Doch wie so oft kam es anders. Jetzt also die nächste (Zwischen-)Station für den so gefragten Verteidiger, der sich selbst als „Kämpfer auf dem Platz“ sieht und das mit einer für einen 18-Jährigen bemerkenswert robusten Statur untermauern kann.
Klar ist: Die Tabellensituation erlaubt keinen Spielraum für Experimente, ein „langsames Heranführen“ wird es nicht geben. Ist Markus Weinzierl voll davon überzeugt, dass Kabak helfen wird, wird der Trainer seinen Neuzugang schnell rein werfen – und wenn nicht, dann nicht.
Marktwertpotenzial: Mit Blick auf die in der Hinrunde so wenig beeindruckende, ständig wechselnde Abwehrformation der Schwaben steht anzunehmen, dass Kabak schnell zu Einsatzzeiten kommen würde. Denn auch mit den Pavard-Millionen in der Hinterhand kann der VfB es sich der VfB kaum leisten, zehn Millionen einfach so locker als Investition in die Zukunft auf der Bank zu bunkern – und sportlich kann er das gleich zweimal nicht. Schöpt Kabak das Potenzial aus, dass die europäische Fußball-Oberschicht bei ihm vermutet, müsste er Markus Weinzierl zügig von einer Startelfnominierung überzeugen können. Und dann wird man sehen, was er wirklich drauf hat. Jetzt schon knapp 3.500.000 muss man allerdings auch erstmal bestätigen.