Brasilien will mit einem Sieg gegen Uruguay sein WM-Trauma von 1950 überwinden und ins Finale einziehen. Dort wartet dann Spanien. Oder schaffen die Italiener die große Überraschung?
- Brasilien gegen Uruguay, Mittwoch, 21 Uhr
Es ist niemals ein normales Spiel, wenn Brasilien und Uruguay aufeinander treffen. Egal in welchem Wettbewerb. Und schon gar nicht für Brasilien, wenn sie im eigenen Land spielen. Seit 1950 liegt die große Schmach, das „Maracanaco“, auf Brasilien. Bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land schafften es die hoch favorisierten Brasilianer ins Finale. Dort traf man im Maracana auf Uruguay. Die Favoritenrolle war klar verteilt. Doch Uruguay gewann mit einem 2:1 den Titel. Es ist bis heute der dunkelste Tag in der brasilianischen Fußballgeschichte.
Seit diesem 16. Juli 1950 ist die Rivalität der südamerikanischen Länder unvergleichlich. Dabei könnten die Kontraste nicht größer sein. Brasilien mit seinen fast 200 millionen Einwohnern ist fünffacher Weltmeister. Uruguay hat lediglich knapp drei millionen Einwohner und zwei WM-Titel. Dennoch: In den letzten Jahren scheinen die Himmelblauen an den Brasilianern sportlich vorbeigezogen zu sein. Das zeigt nicht nur die FIFA-Weltrangliste (Brasilien 22, Uruguay 19), sondern auch die letzten Ergebnisse. Die stolzen Brasilianer scheiterten sowohl bei der vergangenen WM früher als auch bei Copa América 2011.
Da ist das Halbfinale im Confed-Cup im heimischen Land genau der richtige Zeitpunkt für Brasilien, um alte Gegebenheiten wieder zurecht zu rücken. Nach vielen Rückschlägen und Schwächephasen wächst in Brasilien eine neue Spielergeneration zusammen. Spieler wie Neymar oder Oscar bilden das Grundgerüst der neuen Selecao – und bringen bisher durchaus beeindruckende Leistungen. Vor allem die Leistung beim 4:2-Sieg gegen Italien wusste zu gefallen. Oscar Tabarez, Trainer von Uruguay, lobt den Gegner in höchsten Tönen: „Das wird eine schwierige Aufgabe. Brasilien hat eine großartige Mannschaft und spielt zu Hause.“
Der Heimfaktor spielt vor allem in Belo Horizonte eine große Rolle. Denn dort verlor die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft noch kein Spiel. „Das wissen wir und das motiviert uns natürlich noch mehr, denn wir wollen die Ersten sein“, sagt Tabarez mit schelmischem Grinsen. Und man geht durchaus selbstbewusst an die schwere Aufgabe heran: „Obwohl wir Brasiliens Qualitäten kennen, wollen wir ein gutes Resultat erreichen.“ Ein gutes Resultat heißt in anderen Worten: Gewinnen!
Dass Uruguay die Qualität, vor allem in der Offensive, dafür hat, sollte auch bei Felipe Scolari bekannt sein. Mit Suarez, Cavani und Forlan stehen gleich drei Weltklassespieler in der Startelf der Himmelblauen. Um diese Offensivpower in den Griff zu bekommen wird aller Voraussicht nach David Luiz nach seiner Knöchelverletzung gegen Italien wieder von Beginn an auflaufen. Der Chelsea-Innenverteidiger ist im brasilianischen Team – trotz eines Dante – bei Scolari gesetzt.
Das ist Torwart Julio Cesar ebenfalls. Er bekräftigt den neuen Zusammenhalt der Brasilianer. „Sie werden auf eine Selecao treffen, die auf dem Platz zusammengewachsen ist, und die im Moment einen wunderbaren Fußball zeigt. Ich hoffe, dass Brasilien erneut triumphiert, aber einen Favoriten gibt es nicht.“ Am heutigen Abend wird sich nicht nur entscheiden, wer ins Finale des Confed-Cup kommt, sondern auch, wer sich als aktuell bestes Team Südamerikas bezeichnen darf.
- Spanien gegen Italien, Donnerstag, 21 Uhr
Das zweite Halbfinale beim Confed-Cup ist die Neuauflage des EM-Finales von 2012. Wer sich an das Spiel in Kiew erinnern kann, der weiß, dass Italien gegen Spanien ein verdammt großer Brocken bevorsteht. 4:0 fegte Spanien im EM-Finale den Gegner vom Platz. Fast ein Jahr später werden die Karten zwar neu gemischt, aber es muss schon zielmich viel zusammen kommen, wenn Italien gegen den amtierenden Welt- und Europameister bestehen will.
Dass die Spieler von Cesare Prandelli gegen schnelles Offensivspiel anfällig sind, sah man beim letzten Gruppenspiel gegen Brasilien. Die traditionell starke Defensive der Italenier präsentiert sich in Brasilien eher löchrig. Acht Gegentore in der Gruppenphase sprechen Bände. Das sieht Torwart-Legende Gianluigi Buffon ebenfalls so: „Wir müssen weniger Gegentore zulassen. Unsere defensiven Fehler sind einer Mannschaft unseren Talents und unseres Niveaus nicht würdig.“
Erschwerend kommt sicherlich hinzu, dass Prandelli gleich auf mehrere wichtige Stützen verletzungsbedingt verzichten muss. Ignazio Abate und Mario Balotelli fallen definitiv aus, hinter den Einsätzen von Riccardo Montolivo und Andrea Pirlo steht noch ein Fragezeichen. Wie sollen die ersatzgeschwächten Italienern den scheinbar übermächtigen Spaniern Paroli bieten? Das Team von Vicente Del Bosque erzielte in drei Spielen 15 Tore (davon zehn gegen Tahiti) und kassierte lediglich einen Treffer. Außer phasenweise gegen Nigeria, dominierte Spanien jedes Gruppenspiel. Den Italienern, so scheint es nach der Gruppenphase, wird es an Mitteln fehlen, die starke Defensive der Spanier zu durchbrechen beziehungsweise so sehr unter Druck zu setzen, dass man sich ausreichend Torchancen zum Sieg herausarbeiten kann.
Spanien-Trainer Del Bosque wiegt ab: „Das Halbfinale wird für Italien die Gelegenheit sein, Revanche zu nehmen. Wir werden es mit einer Mannschaft zu tun haben, die schwer zu handhaben ist, doch wir wollen weiterkommen und uns für das Finale qualifizieren.“ Unterschätzen darf man die italienische Mannschaft natürlich nicht. Trotz der vielen Gegentore ist die Squadra Azzurra taktisch sehr diszipliniert. Dass Italien die nötige Cleverness und Abgebrühtheit besitzt, sollte ebenfalls hinlänglich bekannt sein. Ein Weiterkommen wäre aber dennoch für alle eine große Überraschung.