Mit punktuellen Verstärkungen will Borussia Mönchengladbach erneut in die Europa League. Für Luuk de Jong wird die Saison zur Standortbestimmung. Und: Ein 17-Jähriger ist der Gewinner der Vorbereitung.  

Die Situation: Auf ein unglaubliches 3:3 in der Europa League gegen Lazio Rom folgte der große Kater. Mit 0:2 unterlag man deutlich überlegenen Römern im Rückspiel. Das Abenteuer Europa war beendet. Und auch in der Liga konnten die Fohlen nach einer überragenden Spielzeit nicht richtig überzeugen. Zwölf Siege, elf Unentschieden, elf Niederlagen. Platz acht am Ende der Saison. Eigentlich eine vernünftige Saison für Borussia Mönchengladbach. Immerhin konnte man Teams wie Wolfsburg, Stuttgart oder Bremen hinter sich lassen und hatte nie etwas mit dem Abstiegskampf zu tun.

Aber in Gladbach waren die Erwartungen nach teuren Neueinkäufen groß. Für Luuk de Jong zahlte man kolportierte 14 Millionen Euro, Granit Xhaka kam für fast neun Millionen Euro aus Basel und auch Alvaro Dominguez, der als Dante-Ersatz an den Niederrhein wechselte, kostete etwa acht Millionen Euro. Punktetechnisch konnte von den drei Neuen lediglich Dominguez überzeugen. Immerhin 82 Punkte sammelte der Verteidiger, für derzeit knapp vier Millionen Euro keine schlechte Investition.

Aber allen voran de Jong hing in der Sturmspitze oft durch. Lediglich 34 Punkte sind für den Niederländer persönlich auch viel zu wenig. Allerdings war de Jong immer wieder leicht verletzt und musste pausieren. Des Weiteren muss man ihm zu Gute halten, dass in Enschede das Spiel zu 100 Prozent auf ihn zugeschnitten war. In Gladbach musste de Jong viel nach hinten arbeiten. So fehlte er oft in der Spitze und konnte seine ohne Zweifel vorhandene Klasse nur zu selten unter Beweis stellen. Deswegen sollte man sich auch in Gladbach die Frage stellen, warum man einen klassischen Mittelstürmer für viel Geld verpflichtet und ihn dann nicht so spielen lässt, damit er seine Stärken ausspielen kann.

Das soll sich in der kommenden Saison ändern. Mit Max Kruse holte man den Überflieger der abgelaufenen Spielzeit (165 Punkte). Kruse war der neuntbeste Spieler bei Comunio und soll in Gladbach de Jong entlasten und unterstützen. Mit Kruse soll das Spiel der Gladbacher variabler werden. Der Ex-Freiburger erinnert in seiner Spielweise an Marco Reus und könnte hinter der einzigen Spitze de Jong oder gemeinsam, etwas zurück gezogen, mit ihm auflaufen. Neben Kruse wechselt Raffael von Dynamo Kiew nach Mönchengladbach. Der offensive Mitteldspieler kehrt also zu seinem alten Trainer Lucien Favre zurück. In der Rückrunde konnte Raffael, der zu Schalke 04 ausgeliehen war, immerhin 39 Punkte sammeln. Kein schlechter Wert. Aber der Brasilianer hat sicherlich noch mehr Luft nach oben.

An diesen beiden Transfers, die die einzigen großen bei Gladbach waren und lediglich rund 7,5 Millionen Euro gekostet haben, sieht man auch eine kleine Veränderung an der Transferpolitik. Man kaufte – sicherlich auch der finanziellen Lage geschuldet – keine teuren Spieler aus anderen europäischen Ligen mehr, sondern sondierte den Markt punktuell und äußerst sorgfältig. Die Abwehr stand in der vergangenen Saison mit Stranzl (103) und Dominguez (82) in der Mitte durchaus gut. Die Außenverteidiger Jantschke (21), Daems (29), Wendt (23) waren konstant. Und mit Brouwers (37) hatte man einen vernünftigen Back-Up.

Doch vor allem die Offensive um de Jong (34), Hrgota (19) und Mlapa (20) musste verstärkt werden. Weil man auf seine Stürmer vertraut, war die einzige logische Konsequenz, dass offensive Mittelfeld zu verstärken. Dort lieferten Hermann (80), Arango (76) und Nordtveit (62) zwar ordentliche Punkte, doch die Stürmer profitierten zu wenig von den Aktionen der Mittelfeldspieler. So standen am Ende der Saison auch lediglich 45 eigene Treffer zu Buche – zu wenig für die Ambitionen der Borussia.

Doch der große Gewinner der Vorbereitung ist kein externer Neuzugang oder ein arrivierter Spieler. Der Gewinner der Vorrunde ist erst 17 Jahre alt und heißt Mahmoud Dahoud. Der defensive Mittelfeldspieler, der aus der eigenen U-17 in die Profimannschaft hochgezogen wurde, überzeute vor allem bei den Spielen im Telekom Cup. „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich habe immer darauf hingearbeitet, es zu den Profis zu schaffen und im Borussia-Park zu spielen. Dass es nun schon mit 17 Jahren geklappt hat, hat mich riesig gefreut“, sagte Dahoud im Interview mit „borussia.de“. Man darf gespannt sein, wie oft Dahoud, der neben Amin Younes als größtes Talent der Gladbacher gilt, in der laufenden Spielzeit zum Einsatz kommt. Bei derzeit 570.000 Euro Ablösesumme kann man den Deutsch-Syrier getrost verpflichten und schauen, wie sich der junge Mittelfeldspieler entwickelt.

Comunios Player to watch: Luuk de Jong. In dieser Saison zählt es für den Niederländer. Musste sich de Jong in der abgelaufenen Spielzeit noch an die deutlich schnellere Bundesliga gewöhnen und das System von Favre verinnerlichen, muss er in der kommenden Saison zeigen, dass er ein guter Bundesliga-Stürmer ist. Das weiß der 22-Jährige selbst auch: „Ich weiß, dass meine Schonfrist vorbei ist. Ich werde mir den Arsch aufreißen“, so de Jong im Interview mit „Sport Bild“.

Prognose: Gladbach hat sich clever verstärkt. Der Kader ist in der Breite gut aufgestellt und hat mit Younes und Dahoud zwei hoch talentierte Spieler in seinen Reihen. Dazu kommt mit Max Kruse der Überflieger der letzten Saison, der mit Gladbach unbedingt in die Europa League will. Zudem wird Luuk de Jong im Sturmzentrum von den Neueinkäufen profitieren und seine Stärken besser ausspielen können. Insgesamt verspricht die kommende Saison, das zeigte unter anderem das Spiel im Telekom Cup gegen Borussia Dortmund, einiges für die Fohlenelf. Favre und Eberl wollen mit kleinen Veränderungen eine große Wirkung erzielen. Das könnte gelingen.

Zugänge: Raffael (Dynamo Kiew), Max Kruse (SC Freiburg), Christoph Kramer (Bayer Leverkusen II), Sven Michel (Borussia Mönchengladbach II), Mahmoud Dahoud (Borussia Mönchengladbach U-17)

Abgänge: Matthias Zimmermann (SV Sandhausen, Ausleihe), Niklas Dams (Servette FC), Mike Hanke (SC Freiburg), Tolga Cigerci (VfL Wolfsburg, war ausgeliehen), Alexander Ring (Helsinki, war ausgeliehen), Mathew Leckie (FSV Frankfurt), Igor de Camargo (1899 Hoffenheim)