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Das 2:2 bei Eintracht Frankfurt war für den FC Bayern München bereits das dritte Spiel in Folge ohne Sieg. Für den Rekordmeister bedeutet das fast schon eine handfeste Krise. Fest steht, bei den Münchenern rumort es – dabei sind die Werte unter Carlo Ancelotti bislang gar nicht so signifikant schlechter, als unter seinem Vorgänger.
Als Joshua Kimmich am Samstag in der 62. Minute in der Frankfurter Commerzbank-Arena das 2:1 für den FC Bayern erzielte (sein sechstes Tor in den letzten sieben Spielen), gingen vermutlich die Wettquoten bei einigen Anbietern auf ein Unentschieden für die Eintracht exorbitant nach oben.
Zum einen, weil der FC Bayern eben der FC Bayern ist und zum anderen, weil Szablocs Huszti nur drei Minuten später durch eine dumme Aktion mit Gelb-Rot vom Platz flog und seiner Eintracht so einen Bärendienst erwies, da diese die letzten 25 Minuten anschließend in Unterzahl agieren mussten.
Allerdings beglückten die Hessen ihren Coach Niko Kovac an dessen Geburtstag zwölf Minuten vor dem Ende nicht ganz unverdient und glichen durch Marco Fabian tatsächlich noch aus. Es war das erste Mal seit fast 20 Jahren (1997), dass der FC Bayern in Überzahl noch eine Führung verspielte.
Damals wie heute saß kurioserweise ein Italiener auf der Trainerbank. Giovanni Trappatoni hieß er der Coach im November, als man nach einer 2:0-Führung mit 2:4 gegen Bayer Leverkusen verlor. Heute heißt der Übungsleiter Carlo Ancelotti und der bekam nach dem sehr durchwachsenen Auftritt bei den Hessen den Zorn von Boss Karl-Heinz Rummenigge zu spüren: „Wie wir in der ersten Halbzeit gespielt haben, das ist nicht Bayern München. So kann man hier nicht auftreten. Das war des FC Bayern nicht würdig und nicht akzeptabel.“
Solche Aussagen gab’s unter Pep nicht
Befindet sich der Rekordmeister nach dem Remis gegen die Eintracht, der Niederlage bei Atletico und der Punkteteilung in Köln tatsächlich schon in einer kleinen Krise? Solche Aussagen waren von Rummenigge in drei Jahren unter Pep Guardiola kein einziges Mal zu hören.
Fest steht, dass nicht alle Akteure bislang an ihren Leistungszenit heranreichen. Thomas Müller bespielweise hat in den ersten sieben Partien noch keinen Treffer erzielt. Ein Novum in seiner bisherigen Karriere für den Offensivmann, der zum selben Zeitpunkt in der vergangenen Saison bereits 56 Punkte und sechs Treffer erzielt hatte (bislang 20 Punkte).
Auch Xabi Alonso findet unter Ancelotti noch nicht zu seinem Spiel, weil die Abstände zwischen den Reihen und seinen Nebenleuten unter der Taktik des Italieners zu groß sind, womit der 35-Jährige aufgrund seines fehlenden Tempos so seine Probleme hat. Gegen die Eintracht musste er zur Halbzeit schon raus. Von den Comunio-Werten her hält sich das zwar alles noch in Grenzen (2015/16: 34, 2016/17: 32), dennoch ist der Spanier nicht mehr unumstritten.
Wo ist die Dominanz?
Mit fünf Siegen und zwei Remis hat Ancelotti die gleiche Startbilanz, wie Pep in der Saison 2014/15. Im Jahr zuvor und danach war der FC Bayern besser gestartet (6S, 1U bzw. 7S) und zeigte sich vom Saisonstart an allgemein dominanter, als er es bislang tut. Denn man darf nicht vergessen, auch die Auftritte gegen den FC Ingolstadt oder den HSV waren keine wirklichen Glanzleistungen. Überraschend, wie schnell Guardiolas beherrschende Taktik dem Spiel des FC Bayern abhandengekommen ist.
Woran liegt’s? Es ist irgendwie der Wurm drin derzeit. „Wenn man denkt, dass es auch mit weniger als hundert Prozent geht, dann läuft man Gefahr, die Zweikämpfe und die Kontrolle zu verlieren“, sagte etwa Philipp Lahm nach dem Spiel. Auch Arjen Robben vermerkte: „Wir müssen geschlossen bleiben und es intern klären. Aber wenn wir so spielen, kriegen wir gegen jeden Gegner Probleme.“
Bei aller negativen Stimmung, die derzeit in München herrscht, sollte man dennoch eine Blick auf die Comunio-Statistik werfen. 447 Punkte haben die Bayern-Akteure bislang erzielt, was immer noch 100 Zähler mehr sind, als der Zweite in dieser Tabelle (Borussia Dortmund).
Vielleicht war man vom Pep’chen Fußball in den vergangenen drei Jahren auch einfach zu verwöhnt gewesen, viele sprachen von Langeweile ob des ewigen Ballbesitzspiels der Bayern. Klar ist, dass es bei allen Bayern-Spieler derzeit noch nicht wirklich rund läuft und die neue Taktik noch nicht 100 Prozent greift, auch wenn sich das bei Comunio (noch) nicht widerspiegelt.
Allerdings sollte man bedenken, dass im Oktober und November keine Titel gewonnen werden – und wenn es Ancelotti am Ende schafft, sein Team im April und Mai in Hochform zu bringen, wird auch Rummenigge wieder zufrieden sein.