Geht es noch tiefer? Ist nicht irgendwann die Talsohle erreicht? Als Fan von Alemannia Aachen muss man offenbar immer weiter leiden. Inzwischen fliegt der Ex-UEFA-Cup-Teilnehmer sogar in der ersten Runde des Mittelrheinpokals gegen den Siebtligisten FC Inde Hahn raus.
Man ist zwar schon viel gewöhnt als Fan von Alemannia Aachen. Aber am vergangenen Samstag wurde ein neuer Tiefpunkt der 113-jährigen Vereinsgeschichte geschrieben: Im Mittelrheinpokal, dessen Sieger sich immerhin für den DFB-Pokal qualifiziert, unterlag man dem Siebtligisten FC Inde Hahn mit 1:2. Das Absurde und Schlimme an der Tatsache ist neben den nackten Zahlen aber auch, dass der Gegner aus der Bezirksliga Staffel 4 einfach besser war und verdient gewonnen hat.
„Das war eine Blamage. Ich kann es immer noch nicht fassen, was auf dem Platz da eben passiert ist“, fasst Alemannia-Trainer Peter Schubert nach der Pokalpleite zusammen. Etwa 2500 Zuschauer sahen die wohl größte Pleite der Alemannia im eigens dafür „gebauten“ Stadion aus Stahltribünen am Kitzenhausweg. Denn der FC Inde Hahn verfügt normalerweise über kein Stadion im klassischen Sinne. Sondern nur über einen Kunstrasenplatz, der etwa 20 Autominuten vom großen neuen Tivoli entfernt steht. Fun Fact: Im Ligabetrieb stehen etwa 50 Sitzschalen aus dem alten Tivoli am Kunstrasenplatz. Ein Erinnerungsstück an bessere Zeiten.
19-minütiger Zuschauer-Streik
Die Fans der Alemannia, die in der laufenden Regionalliga-Saison im Speziellen und in den vergangenen Jahren im Allgemeinen viel gelitten haben, standen nichtsdestotrotz hinter ihrem Klub. Doch nun scheinen auch die treuesten Fans genug von ihrem Verein zu haben. Die Zuschauerzahlen sind bereits im Laufe der Saison fast bis um die Hälfte zurückgegangen. Kamen zum ersten Saisonspiel noch 8100 Fans gegen den SC Verl, so waren es im letzten Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen II nur noch 5100 Fans.
Aber nicht nur das: Nach der historischen Pleite im Mittelrheinpokal warfen etliche Fans ihre Schals auf den Platz. Der Unmut war riesig. Gegen die Spieler, gegen das Trainergespann aber vor allem gegen den Verein. Man spürt allerorts Enttäuschung. Man fühlt sich vom Verein, den man seit Jahren Treue schwört und in den schwierigsten Zeiten immer noch unterstützt, verraten und allein gelassen.
Im kommenden Heimspiel gegen Rot-Weiß Oberhausen wollen die Fans ein Zeichen setzen, das den Verantwortlichen klarmachen soll, dass sie nicht nur mit dem sportlichen Erfolg spielen, sondern viele Fans, und zwar die treuen Fans, bereits verloren haben und noch viele weitere verlieren werden: Die Ränge sollen bis zum Anstoß gefüllt werden. Sobald der Anpfiff erklingt, wollen alle Zuschauer die Tribünen verlassen und für 19 Minuten in den Vorraum des Stadions gehen.
Ob diese Aktion etwas an der Gesamtsituation verändern wird, bleibt natürlich fraglich. Aber vor allem zeigt sie eines: Alemannia Aachen spielt derzeit mit der Basis des Vereins. Mit den letzten Fans, die nach drei Abstiegen, einer Insolvenz und einem Pokal-Aus bei einem Siebtligisten noch übrig geblieben sind.