Seit fast exakt einem Jahr ist Jens Keller nun Trainer beim FC Schalke 04. Mit einer Punkteausbeute von 1,63 Zählern pro Spiel kann der gebürtige Stuttgarter nicht überzeugen – trotz eines eigentlich guten Kaders. Auch die fehlende Handschrift wird bemängelt. Keller spielt derzeit nur auf Bewährung. Eine Beurlaubung im Winter ist nicht unrealistisch.
Er konnte richtig tief durchpusten. Mal wieder. Nach dem 2:0-Heimsieg gegen den FC Basel war die Qualifikation für das Champions-League-Achtelfinale geschafft. Gefühlt muss Jens Keller alle zwei Wochen um seinen Job zittern. Und das seit seinem Amtsantritt. Denn richtig warm sind die Schalke-Fans und auch die Verantwortlichen nie so richtig mit dem stets etwas kühl wirkenden gebürtigen Stuttgarter.
Auch die Mannschaft läuft unter Keller nicht gerade zu Höchstleistungen auf. Dabei wechseln sich allerdings bärenstarke Auftritte stets mit herben Rückschlägen ab. Keiner weiß genau, wo das wirkliche Leistungspensum der Königsblauen liegt. Zum Ende der letzten Spielzeit sicherte man sich gegen den SC Freiburg (!) im letzten Moment noch die Champions-League-Qualifikation. Es war wieder eines dieser Spiele mit Endspielcharakter – für Trainer und Mannschaft.
In den Endspielen zeigt sich Schalke stark
Zur neuen Saison sollte dann alles besser werden. Zwar erreichte man mit dem vierten Tabellenplatz das anvisierte Saisonziel, allerdings musste man gehörig dafür zittern. Horst Heldt glänzte mit den weitsichtigen Transfers von Leon Goretzka und Christian Clemens sowie Adam Szalai als Huntelaar-Backup. Schalke 04 träumte insgeheim wieder von einem Titel. Nach zwei Minuten im ersten Spiel der 51. Bundesliga-Saison gegen den Hamburger SV war die königsblaue Welt auch noch wunderbar. Huntelaar knipste gleich mal früh zum 1:0. Am Ende stand ein ernüchterndes 3:3-Remis. Immerhin: Huntelaar traf doppelt und auch Szalai erzielte seinen ersten Treffer für Schalke 04.
Aber schon nach dem dritten Spieltag war Jens Keller angezählt. Erst das Unentschieden gegen Hamburg, dann eine 0:4-Klatsche gegen den VfL Wolfsburg und dann eine 1:2-Niederlage bei Hannover. Endspiel Nummer eins für Keller war im Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen. Und wie auch in den folgenden Endspielen zeigte Schalke 04 eine starke Leistung. Allen voran Jefferson Farfan, Marco Höger und auch Blitztransfer Kevin Prince Boateng zeigten starke Leistungen. Jens Keller pustete durch.
„Die Erleichterung ist riesig. Aber etwas mehr Ruhe haben wir nur bis Sonntag gegen Freiburg“, sagte Keller nach dem Basel-Sieg. Ein Satz, der wunderbar auf den Sieg nach dem Leverkusen-Spiel passte. Denn Ruhe gibt es auf Schalke nur für wenige Tage oder Wochen. Aber nicht auf Dauer. Insgesamt waren die Leistung der Gelsenkirchner aber auch nicht konstant genug, um den hohen Ansprüchen und dem teuren Kader gerecht zu werden.
Verletzungssorgen bringen Keller in Bredouille
Aber dass der FC Schalke 04 beinahe die ganze laufende Spielzeit von heftigsten Verletzungssorgen geplant war, wird oftmals nicht beachtet. Der frühe und langfristige Ausfall von Stürmerstar Klaas-Jan Huntelaar wiegt enorm schwer. Sein Ersatz, Szalai, plagte sich lange mit leichten Blessuren und einer Grippe herum, war auch kaum richtig leistungsfähig. Dazu fehlen im Mittelfeld neben Höger auch noch Jefferson Farfan.
Der Kader des FC Schalke 04 im Überblick
Vor allem der Ausfall des Peruaners wiegte schwer. Denn über Farfan geht so gut wie alles auf Schalke. Satte 47 Punkte sammelte der Rechtsaußen in nur elf bewerteten Spielen. Julian Draxler, auf dem schon vor der Spielzeit ein enormer Druck lastete, stand jetzt noch weiter im Fokus. Lediglich 44 Punkte in 14 Spielen sind unter den Möglichkeiten von Draxler. Aber in einer jungen Mannschaft musste Draxler bereits vorangehen. Ein Umstand, der vermutlich zu früh kam.
Daran konnte auch Keller nichts ändern. Er musste mit den restlichen Spielern agieren und warf mit Max Meyer, einem der wenigen Lichtblicke in der laufenden Saison, den nächsten jungen Spieler in die Startelf. Mit 5,25 Punkten durchschnittlich pro Spiel holt der erst 18-Jährige die meisten Punkte beim FC Schalke 04 im Schnitt. Der Punkteschnitt bei Jens Keller liegt bei nicht gerade goldigen 1,63 Zählern pro Spiel.
Felipe #Santana: Ein Ziel erreicht! Und jetzt #Freiburg. #s04 http://t.co/hy39hBZKsw pic.twitter.com/WVP3Ew2n6S
— FC Schalke 04 (@s04) 13. Dezember 2013
Ist im Winter Schluss?
Auch wegen der relativ durchschnitteln Punkteausbeute, aber vielmehr aufgrund der fehlenden Handschrift des Trainers wird in der Winterpause wohl Schluss sein für Keller. Denn Rückendeckung hört sich anders an: „Ich ändere nach einem Sieg nicht alles. Es bleibt dabei: Wir werden nach dem letzten Hinrunden-Spiel in Nürnberg eine Entscheidung treffen“, so Heldt nach dem Basel-Sieg gegenüber der „Bild“.
S04-Aufsichtsrat Clemens Tönnies beschwichtigt allerdings: „Er (Jens Keller, Anm. d. Red.) ist falsch dargestellt in der öffentlichen Wahrnehmung und wird falsch wahrgenommen. An der Rückendeckung des Vorstandes und des Aufsichtsrats kann es nicht liegen. Ich spüre nicht viel von Unruhe. Ich kann Jens nichts vorwerfen.“ Vorwerfen vielleicht nicht unbedingt. Aber Keller hat sicherlich nicht die Rückendeckung der Fans beziehungsweise das nötige Standing.
Ein Nachfolger soll nach Informationen des „Kicker“ auch bereits gefunden sein: Thomas Schaaf. Jens Keller wird übrigens von „MWS Sport-und Musikmarketing“ beraten. Zwei weitere Profi-Trainer stehen dort auch noch unter Vertrag: Ciriaco Sforza und Dorinel Munteanu. Beide sind derzeit vereinslos…