Foto: © imago /ZUMA Press
2014 mischten Los Ticos die WM ordentlich auf, schalteten in der Gruppe Italien und England aus und verloren im Viertelfinale erst nach Elfmeterschießen gegen die Niederlande. Und diesmal?
Qualifikation:
Die „Ticos“ sind schon seit vielen Jahren kein Exot mehr im Konzert der Großen, souverän qualifizierte man sich in ihrer CONCACAF-Gruppe hinter Mexiko für ihre fünfte Weltmeisterschaft hintereinander. 10 Spiele, nur acht Gegentore und zwei Niederlagen (eine davon im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel gegen Panama) reichten ganz locker, um das Ticket nach Russland zu buchen.
Bryan Ruiz (Sporting Lissabon), Joel Campbell (Betis Sevilla), Celso Borges (Deportivo La Coruna), Keylor Navas (Real Madrid), Bryan Oviedo (AFC Sunderland) – allen WM-Fans klingen diese Namen noch von den tollen Auftritten der Ticos 2014 in den Ohren, als man England und Italien in der Gruppenphase nach Hause schickte, im Achtelfinale die Griechen schlug und erst im Viertelfinale unglücklich an den Niederlanden scheiterte. Das Gros der 2014er-Truppe bildet auch 2018 wieder den Stamm. Zwar sind alle Akteure seit dem tollen Ritt in Brasilien vier Jahre älter geworden, an Qualität hat aber keiner der Spieler eingebüßt. Keeper Navas genießt zwar international nicht die allergrößte Wertschätzung, die man Neuer, ter Stegen oder de Gea entgegen bringt, wer allerdings dreimal hintereinander die Champions League gewinnt, hat alle Argumente auf seiner Seite. Mit aktuell 3.680.000 ist Navas die Nummer 7 unter den Torhütern, knapp hinter ter Stegen. Ruiz und Borges sind für knapp 1.500.000 zu haben.
Ansonsten ist die „Sele“ eine Ansammlung von Beschäftigten aus aller Welt. Schweden, England, Italien, Kolumbien, USA, Kanada, Schottland, die Schweiz – die Spieler Costa Ricas reisen von rund um den Erdball an, um wieder zu dem großen Kollektiv zu werden, das in Russland ähnlich wie 2014 wieder für Furore sorgen möchte.
Player to watch:
Bryan Ruiz ist der Kapitän und Anführer des Teams, Keeper Keylor Navas der unumstrittene Star. Will Costa Rica in der Gruppe etwas reißen, müssen die „Ticos“ aber wieder über das Kollektiv kommen. Auch wenn in der Mannschaft von Trainer Óscar Ramírez spannende Einzelkönner zu finden sind, gibt es außer den schon genannten Routiniers keinen, den man besonders im Blickfeld behalten sollte. Die „Sele“ ist mehr als die Summe ihrer einzelnen Teile.
Youngster to watch:
Sorry, Fehlanzeige. Das Team Costa Ricas ist, sagen wir es positiv, routiniert. So finden sich in Ronald Matarrita und Ian Smith nur zwei Spieler unter 25 Jahren im Aufgebot für Russland. Und beide dürften keine herausragende Rolle in der Gruppenphase spielen. Smith spielt für IFK Norrköpping in Schweden und stieß erst im Januar zum ersten Mal zur „Sele“, sein Abwehrkollege Matarrita läuft für den New York City FC in der Major League Soccer auf und dürfte als linker Verteidiger kaum am erfahrenen Oviedo vorbei kommen.
Trainer:
Der Ex-Nationalspieler Óscar Ramírez ist eine Institution in Costa Rica. Zwischen 2010 und 2015 gewann der 53-Jährige mit LD Alajuelense als Trainer fünf nationale Meisterschaften und war im so erster Kandidat, das Amt des im August 2015 zurück getretenen Nationaltrainers von Paulo Wanchope zu übernehmen. Taktisch brachte Ramírez keine Revolution mit ins Amt, auch 2018 setzt man auf eine massiv organisierte Defensiveim traditionellen 5-4-1 mit schnellem Umschaltspiel. Was 2014 noch durchaus überraschen konnte, ist vier Jahre später sogar in der taktisch traditionell trägen Bundesliga schon längst wieder ein alter Hut. Es wird spannend zu sehen, ob die „Sele“ auch einen Plan B nach Russland mitbringt.
Erfolge:
Die Ticos laufen vor allem zu Weltmeisterschaften zu großer Form auf: Bisher war Costa Rica viermal dabei, zweimal erreichte das kleine Land (knapp fünf Millionen Einwohner) die K.O.-Runde.
Kuriositäten:
Seit 1949 leistet man sich in Costa Rica keine eigene Armee mehr, stattdessen gilt das Motto: Pura Vida – pures, schönes Leben. Umso bemerkenswerter, warum Ramírez-Vorgänger Paulo Wanchope vorzeitig aus dem Amt scheiden musste: Der Ex-Nationalspieler hatte sich mit einem Ordner geprügelt und musste daraufhin als Nationaltrainer Costa Ricas zurück treten.
Prognose:
Wer sich an 2014 erinnert, muss der „Sele“ alles zutrauen. Und mit Brasilien, dafür aber auch Serbien und der Schweiz ist man gemeinsam nun auch nicht gerade in einer Todesgruppe gelandet. Hinter Gruppenprimus Brasilien dürften sich die anderen drei Teams um den zweiten Platz im Achtelfinale auf Augenhöhe begegnen, möglicherweise mit einer leichten Tendenz zu Gunsten der Eidgenossen. Viel wird aber davon abhängen, ob Keylor Navas wieder seine WM-Form – oder aber die Leistung gegen die Bayern aus dem Champions League-Halbfinale – auspackt und traditionelle Unsicherheiten vermeidet. Dann können die Ticos wieder für Furore sorgen und ihre WM-Fans begeistern. Das erste Gruppenspiel gegen Serbien ist bereits ein „Endspiel“.
Die jüngsten Vorbereitungsspiele (3:0 gegen Nordirland, 0:2 gegen England) geben erwartungsgemäß kaum Aufschluss über das derzeitige Leistungsvermögung der Mannschaft.