14 Jahre konnte Atletico nicht mehr den großen Stadtrivalen Real in La Liga besiegen. Diego Costa beendete die Serie und schoss die Rojiblancos zum siebten Saisonsieg in Folge. Eine Wachablösung in Madrid?
Als Diego Costa am vergangenen Sonntag nach nur elf Minuten den 1:0-Führungstreffer für Atletico Madrid erzielte, war das erstmal nichts besonderes. Schließlich war es der achte Saisontreffer des 24-jährigen gebürtigen Brasilianers. Allerdings fiel der Treffer ausgerechnet im Santiago Bernabeu. Im Stadion des großen Bruders Real Madrid. Nach knapp 80 weiteren Minuten stand es dann fest. Das frühe Tor von Costa wurde zum goldenen Treffer. Atletico besiegte nach 14 Jahren die Königlichen wieder in einem Liga-Spiel.
Der Sieg im Derby machte den ohnehin traumhaften Saisonstart der Rotweißen perfekt. Mit sieben Siegen aus den ersten sieben Liga-Spielen ist Atletico Madrid gemeinsam mit dem FC Barcelona das einzige Team in der Primera Division, das noch keinen Punktverlust hinnehmen musste. Bahnt sich da etwa ein sportlicher Machtwechsel in Spaniens Haupstadt an? Die Verantwortlichen von Atletico wiegen sofort ab: „Auf die gesamte Saison gesehen sind Barcelona und Real finanziell und individuell stärker. Wir müssen unsere Waffen einsetzen, von Spiel zu Spiel schauen und dürfen nicht zu optimistisch sein“, gesteht Diego Simeone, Trainer von Atletico Madrid.
Diego Costa macht Falcao vergessen
Wahrlich optimistisch war man nach dem Weggang des Superstars Radamel Falcao zur AS Monaco nicht. Immerhin erzielte der Kolumbianer in 91 Pflichtspielen für die Madrilenen unglaubliche 70 Treffer. Falcao war es, der Atletico Madrid 2012 zum Sieg in der Europa League (zwölf Treffer in 15 Spielen) und im anschließenden Supercup gegen Champions-League-Sieger Chelsea FC (drei Treffer in einem Spiel) führte. Der 27-Jährige war die personifizierte Torgefahr von Atletico Madrid. Sein Weggang hinterließ eine große Lücke – kurzfristig.
Denn mit dem nötigen Kleingeld, das Atletico durch den Falcao-Verkauf einnahm, lotste man den spanischen Welt- und Europameister David Villa vom FC Barcelona in die spanische Hauptstadt. Der Jubel war groß nach dieser Verpflichtung. Natürlich, Villa war in den letzten Monaten und Jahren nicht immer unumstritten in Barcelona. Doch der inzwischen immerhin 31-Jährige erzielte regelmäßig seine Tore.
Mit Villa holte Atletico einen wahren spanischen Superstar – für schlappe 2,1 Millionen Euro (die Ablösesumme steigert sich je nach Villas Leistungen und Atleticos Erfolge auf bis zu 5,1 Millionen Euro). Allerdings blüht seit dem Falcao-Weggang vor allem ein anderer Spieler auf: Diego Costa. In der vergangenen Spielzeit konnte Costa vor allem als ambivalenter Offensivspieler mit zehn Toren und zwölf Vorlagen glänzen. In dieser Saison glänzt Costa neben Villa im Sturm. Zwar konnte Costa erst einen Treffer in der laufenden Spielzeit vorbereiten, aber wie bereits erwähnte ballert er Atletico mit acht Treffern in sieben Spielen von Sieg zu Sieg.
Seine überaus beeindruckenden Leistungen sind auch an seinen Comunio-Punkten zu sehen. Costa ist mit 86 erspielten Zählern punktbester Spieler der Primera Division – noch vor Lionel Messi. Von seinem neuen Sturmduo entzückt ist auch Trainer Simeone: „Beide harmonieren gut und reiben sich für die Mannschaft auf. Ich möchte betonen, dass Diego und David auch sehr viel für die Stabilität der Mannschaft tun, das kommt mir nämlich immer etwas zu kurz“
Eingespielte Mannschaft und offensivfreudiges Mittelfeld
Neben Costa besticht derzeit Mittelfeldspieler Koke. Der erst 21-jährige Spanier legte bereits sechs Treffer auf und erzielte zwei eigene Tore in der laufenden Spielzeit. Mit 58 Punkten ist Koke damit drittbester Spieler der La Liga und liegt damit zwei Punkte vor Superstar Cristiano Ronaldo. Mittelfeld und Angriff bilden derzeit bei den Rojiblancos eine Symbiose. Villa und Costa bilden ein kongeniales Duo und die vierer Mittelfeldreihe besticht vor allem in der Offensive. Koke, Tiago und der gegen Real eingewechselte Garcia erzielten zusammen sieben Treffer in der laufenden Saison.
Erstaunlich ist allerdings, dass in der Startaufstellung gegen Real Madrid mit Villa lediglich ein Neuzugang in der Startelf stand – und das trotz durchaus prominenter und teurer Neuzugänge wie Josuha Guilavogui (zehn Millionen Euro von der AS Saint-Étienne), Toby Alderweireld (sieben Millionen Euro von Ajax Amsterdam) oder Leo Baptistao (ebenfalls sieben Millionen Euro von Rayo Vallecano). Der Vorteil liegt natürlich auf der Hand: Atletico ist so eingespielt wie kaum ein anderes Team in der Primera Division.
Neben der offensiven Power kommt die defensive Stabilität der Viererkette. Diese Mischung macht Atletico in den ersten sieben Saisonspielen so brandgefährlich. Von einem generellen Machtwechsel in Madrid zu sprechen, ist natürlich unangebracht. Schließlich feiert Real Madrid seit etlichen Jahren zahlreiche Erfolge. Atletico wirkt immer etwas wie der kleine Bruder von Real, der kleine Bruder im Schatten der Königlichen. Aber vielleicht könnte Atletico zumindest in dieser Saison nach vielen Jahren aus dem großen Schatten heraustreten.