Neben einem unglaublichen Antritt zeichnet Pierre-Emerick Aubameyang auch sein Hang zur Extravaganz aus. Comunioblog nimmt den Sturm-Flitzer unter die Lupe. Wird er einschlagen?
Lange warteten die Fans von Borussia Dortmund mit zunehmender Ungeduld auf eine Verstärkung im Offensivbereich. Vor zehn Tagen endete der Transferstau des BVB mit der Verpflichtung des 24-jährigen Angreifers Pierre-Emerick Aubameyang, den sich der Champions-League-Finalist etwa 13 Millionen Euro kosten ließen. Der gabunische Nationalspieler soll den Konkurrenzkampf auf den Flügeln beleben und für mehr Flexibilität im Angriff sorgen. Doch wie wird sich das Dortmunder Spiel durch Aubameyang verändern? Welche Stärken – und welche Ticks – bringt der extravagante Stürmer mit?
Über Mailand in die Ligue 1
Geboren ist Aubameyang im französischen Laval als Sohn eines ehemaligen gabunischen Nationalspielers. So entschied er sich trotz Spielen für französische Nachwuchs-Nationalteams, darunter eines für die U-21, für eine Länderspielkarriere bei der gabunischen Mannschaft. Bislang gelangen ihm neun Länderspieltore, doch der Höhepunkt seiner Karriere in der Nationalmannschaft war die Teilnahme an den olympischen Spielen 2012 in Peking, wenngleich für Gabun schon nach der Vorrunde Schluss war.
Im Jahr 2007 zog es Aubameyang zum AC Mailand, wo er nach starken Leistungen für das Jugendteam ein Jahr später einen Profivertrag erhielt. Zu einem Pflichtspiel für Milan sollte es dennoch nicht kommen, denn dreimal in Folge wurde er an unterschiedliche Teams verliehen. Doch weder in Dijon, noch in Lille oder Monaco gelang Aubameyang der Durchbruch. So ließ der OSC Lille 2010 eine Kaufoption verstreichen und ein halbes Jahr später, das er beim AS Monaco verbrachte, ging der Weg für den Gabuner nach Saint-Etienne – abermals auf Leihbasis.
Nach sechs Toren in der Hinrunde der Saison 2011/12 nahm der AS Saint-Etienne die Möglichkeit wahr, Aubameyang für 1,8 Millionen Euro fest zu verpflichten und ihn mit einem Vertrag bis 2016 scheinbar dauerhaft an den Klub zu binden. Mit zehn Toren in der Rückrunde dankte Aubameyang das Vertrauen und rechtfertigte die Verpflichtung eindrucksvoll.
Extravaganz in Saint-Etienne
Der endgültige Durchbruch gelang dem schnellen Offensivmann dann in der letzten Saison, in der er mit 19 Toren und 14 Vorlagen zum wertvollsten Spieler von „Les Verts“ avancierte. Auffällig waren nicht nur seine Tore, die meist aus seinem unglaublich starken Antritt gepaart mit seiner Stärke im Abschluss resultierten, sondern auch andere Aspekte – angefangen damit, dass er immer wieder mit neuen verrückten Frisuren auf dem Trainingsplatz des ASSE erschien und seine Torjubel häufig mit einem Salto feierte.
Auch seine Vorliebe für schnelle Autos ist offenkundig, wobei diese bei vielen Fußballern vorhanden ist. Doch für Aubameyang wurde sie einmal zum Verhängnis: Im April raubten ihm Einbrecher zwei Audis und seinen geliebten Aston Martin DB9. Dass er in Zukunft nicht auf das neongrüne 500-PS-Fahrzeug verzichten muss, hat Dortmunds Neuer wohl auch dessen auffälliger Farbe zu verdanken: Nur kurze Zeit später wurde das Auto im Bellevue-Viertel von Saint-Etienne wiedergefunden.
Unvergessen bleibt sein Torjubel im Oktober letzten Jahres, bei dem er sich eine an der Bande bereitgelegte Spiderman-Maske aufzog, um einem Bekannten eine Freude zu machen. Zwei Monate später erschien er zum Heimspiel gegen Lyon mit Schuhen, an denen über 4000 Swarowski-Kristalle im Wert von knapp 3700 Euro angebracht waren. Das Spiel endete 0:1.
Doch diese Auffälligkeiten sind keineswegs das Produkt eines abgehobenen Charakters: Bei Mitspielern und Ex-Trainern ist Aubameyang sehr beliebt und wird ruhiger, umgänglicher und mannschaftsdienlicher Typ gesehen. Von Eskapaden und negativen Schlagzeilen keine Spur.
Was ihn für Dortmund wertvoll machen könnte
Viel mehr als seine Extravaganz zeichnet Pierre-Emerick Aubameyang seine spielerische Klasse aus. Diese war auch ausschlaggebend für den Transfer zum BVB, für den der 24-jährige laut Michael Zorc ein Wunschspieler war. Als Hauptgründe für die Verpflichtung nannte der Sportdirektor des BVB die Flexibilität, das Tempo und die Torgefahr, die Aubameyang mitbringt. Tatsächlich sind dies die drei größten Stärken des Stürmers, doch es gibt noch einige zusätzliche Aspekte, die den Transfer zum Volltreffer machen könnten.
Neben seiner Schnelligkeit verfügt Aubameyang über eine großartig ausgeprägte Ballverarbeitung. Er ist in der Lage, lange Bälle in vollem Lauf mitzunehmen, was ihn für seine Gegenspieler schwer zu kontrollieren macht. Dank seiner Antrittsstärke kann er sich auch von Doppelungen lösen, was es schier unmöglich macht, ihn komplett aus dem Spiel zu nehmen. Seine Intuition, Kombinationsstärke, Athletik und Wendigkeit könnten ihn zu einer besonderen Waffe des BVB machen.
Darüber hinaus kann Aubameyang als Anspielstation für hohe Bälle dienen und diese mit seiner Ballsicherheit verwerten, wie man es beim BVB von Robert Lewandowski gewohnt ist – eine Qualität, die Spielern wie Nuri Sahin zugute kommt. Für die Borussia ist auch wichtig, dass Aubameyang das fluide Offensivspiel, das sich unter Jürgen Klopp durchgesetzt hat, vorantreiben kann und dass nun auch ein qualitativ starker Ersatz für Marco Reus und Jakub Blaszczykowski vorhanden ist, was in der letzten Saison nach dem Abgang von Ivan Perisic oft fehlte.
Doch die Fertigkeiten in der Offensive sind nicht der einzige Punkt, der Aubameyang zu einem Top-Transfer macht. Jürgen Klopp setzt auf frühes Pressing, bei dem jeder Offensivmann mitziehen muss. Dafür ist der Gabuner absolut geeignet, denn durch seine enormen Antritt hat er einen sehr großen Aktionsradius und damit auch für diesen Faktor großes Potenzial. Einzig an seiner Aggressivität muss er hierbei noch arbeiten.
Potenzial zum großen Coup
Wenn er den Sprung von der französischen Liga zur wesentlich stärkeren Bundesliga meistert, kann Aubameyang in Deutschland zum Weltklasse-Spieler reifen. Zu verbessern sind neben der Aggressivität im Pressing noch die Genauigkeit von Flanken und Pässen aus vollem Lauf, welche beim schnellen, kreativen Spiel des Offensivmanns des Öfteren vernachlässigt werden. Mit Jürgen Klopp hat er allerdings einen Trainer an der Seite, der gezielt die Dinge fördert, die es noch zu verbessern gilt. Auf welcher Position er spielen wird, ist dabei sekundär – nach eigener Aussage macht Aubameyang überall seine Tore, was die Statistik aus der vergangenen Saison belegt.
Wichtiger ist, dass er trotz der starken Konkurrenz in der Offensive auf seine Einsätze kommt, was angesichts der vielen Spiele der nächsten Saison kaum zu bezweifeln ist. Auf jeden Fall ist der 13-Millionen-Mann eine der spannendsten Personalien der kommenden Spielzeit.