Mit seinem erzwungenen Wechsel nach Leverkusen und einigen unbedachten Aussagen verspielte Hakan Calhanoglu im vergangenen Sommer viele Sympathien. Doch auf dem Rasen explodiert er!
Tresorschlüssel, Standardspezialist, Dreh- und Angelpunkt des Leverkusener Spiels: Hakan Calhanoglu ist bei der Werkself voll und ganz angekommen und übernimmt Spiel für Spiel mehr die Regie. Mit 28 Zählern aus drei Spielen ist Calhanoglu aktuell sogar der beste Spieler bei Comunio. Alles, was vor der Saison neben dem Platz schief lief, hat der 20-Jährige offenbar schon abgehakt.
Dabei lief wirklich vieles schlecht: Erst erzwang der sechsfache türkische Nationalspieler seinen Wechsel vom Hamburger SV zu Bayer 04 Leverkusen via Facebook, was einen Shitstorm verursachte. Dann trat der Kreativspieler öffentlich gegen den ehemaligen HSV-Manager Oliver Kreuzer nach und zu guter Letzt folgte die extrem unkluge Aussage, er wolle „langfristig, also zwei bis drei Jahre“ bei Bayer 04 Leverkuen bleiben – wohlgemerkt bei einem unterschriebenen langfristigen Vertrag bis 2019 ohne Ausstiegsklausel.
Das Jahr beim HSV – mehr Aufstieg als Fast-Abstieg
Schon in Sommer 2012 wurde der Wechsel des damals 18-Jährigen vom Karlsruher SC nach Hamburg fix gemacht – 2,5 Millionen Euro legte der Bundesliga-Dino damals hin -, doch Calhanoglu wurde für das darauffolgende Jahr gleich noch einmal an den KSC verliehen, wo er mit 17 Toren und zwölf Vorlagen für den Aufstieg in die zweite Liga sorgte.
Der Sprung in die Bundesliga gelang ihm in Hamburg sofort. Bei den Rothosen wurde Calhanoglu schnell zum Stammspieler, musste jedoch zumeist auf den ungeliebten Flügel ausweichen, da unter jedem seiner drei Trainer Rafael van der Vaart im Zentrum gesetzt war. Mit elf Toren, vor allem dem wichtigen 1:0 in der Zitterpartie gegen Nürnberg Mitte der Rückrunde, trug der Mittelfeldmann dennoch maßgeblich zum Klassenerhalt bei.
Während der HSV taumelte, stieg der Stern des Hakan Calhanoglu auf. Durch seine Leistungen empfahl er sich für höhere Aufgaben – und machte keinen Hehl daraus, dass er sich selbst für den Abstiegskampf für zu gut hält. Dass er den Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen verbal forcierte, rief Kritiker auf den Plan. „Man hat schon viele Idioten im deutschen Fußball erlebt, aber Calhanoglu übertrifft alle. Die 10 ist höchstens dein IQ“, spottete beispielsweise Ex-St. Pauli-Profi Michel Dinzey.
Schlüsselfigur in Leverkusen
Von vielen Seiten kritisiert und nicht immer mit der besten Reaktion („Es gibt viele Neider, aber Neid muss man sich erarbeiten“), hatte der gebürtige Mannheimer nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen guten Start bei seinem neuen Verein. Doch eines half dem Edeltechniker besonders, sich bei der Werkself schnell zurechtzufinden: Das Vertrauen von Trainer Roger Schmidt.
Nicht umsonst hatten sich die Leverkusener lange und intensiv bemüht, den 14-Millionen-Euro-Deal mit dem HSV fix zu machen. Vorschusslorbeeren gab es von Sportchef Rudi Völler, der vom Neuzugang als Standardspezialisten schwärmte und ihn als „unseren Tresorschlüssel“ bezeichnete.
Es sind erst sieben Pflichtspiele absolviert, doch die Verpflichtung von Hakan Calhanoglu hat sich bereits als Goldgriff erwiesen. Zu sagen, der Spielmacher füge sich perfekt ins System ein, wäre falsch – Calhanoglu ist die zentrale Figur im Konzept von Neu-Trainer Roger Schmidt. Fast alle Angriffe laufen über den Türken, die Standards macht er sowieso. Auch im Pressing leistet der Offensivmann seinen Anteil und arbeitet diszipliniert gegen den Ball.
So kommt es, dass nicht nur die Werkself Freude an der Verpflichtung Calhanoglus hat, sondern auch Comunio-Manager. Mit 28 Punkten aus drei Spielen (Notenschnitt 2,0) steht der Ex-Hamburger knapp vor seinem Teamkollegen Karim Bellarabi an der Comunio-Spitze. Der Kostenpunkt pendelt aktuell zwischen acht und neun Millionen Euro. Wer einen Star im Team haben will, liegt bei Calhanoglu nicht daneben.
Bleibt zu hoffen, dass die großen Ambitionen („Ich will mit Leverkusen Meister werden“) das Edeltalent auch weiterhin dazu anspornen, hart an sich zu arbeiten und sich immer weiter verbessern zu wollen. Durch Gerede allein ist noch keiner zum Star geworden, aber bei Calhanoglu scheint es, dass er sich nicht auf seine Fähigkeiten allein verlässt und er verstanden hat, dass man den Weg nach ganz oben nicht mit halber Kraft schaffen kann.