Nach 27 Jahren trat Sir Alex Ferguson bei Manchester United als Trainer zurück. David Moyes tritt das schwere Erbe bei den Red Devils an. Die Parallelen zwischen Ferguson und Moyes sind erstaunlich groß.  

Irgendwie erinnert das Auftreten und das verschmitzte Lächeln von Fußballtrainer David Moyes an den Schauspieler Michael Shannon, der in der Serie Boardwalk Empire den gläubigen Polizisten Nelson Van Alden spielt. Ebenso wie Van Alden in der Serie scheint Moyes an der Trainerbank ein vielfältiger Charakter zu sein, der schwer zu durchschauen ist. Doch wer ist dieser 50-jährige Schotte eigentlich, der das wohl schwerste Erbe im Weltfußball antreten und in die Fußstapfen von Sir Alex Ferguson treten wird?

Vorweg: Die Paralleln zwischen Ferguson und Moyes sind erstaunlich groß. Beide wurden in Glasgow, Schottland, geboren. Beide gelten als akribische, ehrliche Arbeit. Beide ordnen dem Wohl des Vereins alles unter. Man könnte zusammenfassen, dass beide vorbildlich arbeitende, bodenständige, raue Schotten sind. Allerdings hat Sir Alex Ferguson seinem Nachfolger eines voraus: Etliche Titel. Die soll Moyes jetzt bei seiner erst dritten Trainerstation ebenfalls sammeln.

„Ich betrachte meinen Job nicht als selbstverständlich“

Zuvor trainierte Moyes mit Preston North End und dem FC Everton nämlich nicht die Spitzenteams der Liga. Doch vor allem beim FC Everton konnte Moyes unglaublich viel erreichen. Aus dem abstiegsgefährdeten Team machte er einen ernsthaften Konkurrenten um die internationalen Plätze. Das will in der Premier League schon etwas heißen. Außerdem stieg Moyes in Liverpool zum kleinen Ferguson auf. Elf Jahre lang stand der Schotte an der Seitenlinie bei den Toffees.

Durch seine Leistungen beim FC Everton erarbeitete er sich trotz fehlender Titel gehörig Respekt und Anerkennung in der ganzen Liga. Ex-Manchester-United-Keeper Peter Schmeichel über den neuen United-Coach: „Wenn wir über Moyes sprechen, sprechen wir über jemanden, der eine Dekade bei seinem Verein war und einen hervorragenden Job gemacht hat.“ Für Moyes war es immer ein Traum, Fußballtrainer zu werden. Ein ganz besonderer, wie er zugibt: „Ich betrachte meinen Job nicht als selbstverständlich und arbeite hart. Ich bin jeden Tag am Trainingsplatz und voller Ambitionen. Ich möchte erfolgreich sein. Es gibt keine magische Formel für mich.“ Als Auszeichnung für seine hervorragende Arbeit erhielt Moyes gleich drei Mal den Titel „Trainer des Jahres“, 2003, 2005 und 2009. Zum Vergleich: Arsene Wenger wurde diese Auszeichnung lediglich ein Mal verliehen.

Als Ferguson letzten Endes seinen Rücktritt bekannt gab, kursierten die wildesten Gerüchte über seinen Nachfolger. Aber still und heimlich kristallisierte sich die Lösung Moyes heraus. Einen Mann, den nur wenige auf der Rechnung hatten. Everton-Boss Bill Kenwright wird einer dieser wenigen gewesen sein. Kurz bevor der Transfer von Moyes zu den Red Devils offiziell bekannt gegeben wurde, äußerte er sich in den englischen Medien offen: „Er [Moyes] hat so wundervolle Arbeit für den Klub geleistet, da hat er auch das Recht, seine eigene Entscheidung zu treffen.“ Dass man Moyes keine Steine in den Weg legen wollte und von Beginn an akzeptierte, dass Moyes diese einmalige Möglichkeit beim Schopfe packen musste, zeigt, wie hoch sein Standing in Liverpool war.

Schleppende Vorbereitung & Rooney-Theater

Dieses Standing muss sich Moyes noch in Manchester erarbeiten. Erste Kratzer bekam der Lack des Neu-Trainers während der Asien- und Australien-Reise im Rahmen der Saisonvorbereitung. Fünf Testspiele in vier Ländern und Zeitzonen. Dabei verlor man gegen Underdogs wie Yokohama F. Marinos (2:3) und die Thailand All-Stars (0:1). Gegen Cerezo Osaka reichte es nur zu einem 2:2-Unentschieden. War Moyes wirklich der richtige Mann für diesen Posten?

Viele zweifelten nach diesen Spielen bereits an den Fähigkeiten von Moyes. Aber natürlich darf man die Begegnungen im Rahmen einer Promo-Tour nicht überbewerten. Das sieht Moyes auch so. Er zeigte sich nach seiner ersten großen Tour als Manchester-United-Trainer beeindruckt: „Wir haben sehr gut zusammengearbeitet. Ich bin von den Spielern beeindruckt. Sie sind unglaublich professionell. Man sieht, warum sie Champions sind.“

Champions sollen sie auch bleiben. National sowieso. Und auch international soll wieder ein großer Titel her. Seinen Teil dazu beitragen soll auch Wayne Rooney. Doch der Angreifer forciert seit Wochen seinen Abschied. Ganz oben auf der Agenda von Neu-Coach Moyes stehen die Verhandlungen mit Rooney. Besonders pikant in Sachen Rooney-Wechsel: David Moyes förderte beim FC Everton bereits Rooney, damals noch ein junges Talent. Doch nach dem Verkauf von Rooney aus Liverpool nach Manchester gab es Konflikte zwischen dem britischen Stürmer und seinem Coach. Rooney wirft Moyes in seiner Biografie vor, dass der Stürmer damals auf Anordnung von Moyes nach Manchester wechseln musste. Eine Lüge, wie Moyes immer wieder sagt.  Derzeit spitzt sich die Rooney-Situation allerdings zu. Medienberichten zufolge müsse der Topstürmer mit der zweiten Mannschaft der Red Devils trainieren.

Viel hängt vom Saisonstart ab

Bis zum Saisonstart am 17. August ist für Moyes noch etwas Zeit. Das Rooney-Theater sollte schnellstmöglich geklärt werden. Auch der offene Wechsel von Cesc Fabregas, den Barcelona nicht abgeben will, schwebt über dem Old Trafford. Generell zeigt United in dieser Sommerpause kein glückliches Händchen in Sachen Transfers. Und zum Saisonauftakt spielt man ausgerechnet gegen den Favoriten-Killer aus Wales: Swansea City.

Viel wird für Moyes und United vom Saisonstart abhängen. Kommt man gut in die Liga, wird die schleppende Vorbereitung vergessen sein. Auch ein möglicher Wechsel von Rooney spielt dann keine Rolle mehr. Schließlich hätte Moyes in der schwierigen ersten Phase bei United alles richtig gemacht. Doch sollten die Red Devils Probleme in der Premier League bekommen, könnte es schnell unruhig werden für den akribischen Arbeiter aus Schottland. Aber Moyes wird, egal wie es kommt, gelassen reagieren. Er ist gekommen, um eine neue Ära zu prägen.