Vor einem Jahr verabschiedete sich Lewis Holtby als Leistungsträger vom FC Schalke 04, um bei Tottenham seinen Traum von England zu leben. Nun spielt er leihweise beim Tabellen-19. der Premier League, dem FC Fulham. Wie kam es zu diesem Absturz?
Es war Januar 2013. Lewis Holtby hatte beim FC Schalke 04 einen Vertrag bis zum Sommer und entschied sich, diesen nicht zu verlängern. Sein Club indes entschied sich dazu, den Spielmacher in der Winterpause ziehen zu lassen, um noch eine Ablöse zu kassieren. Das zweifach nachgebesserte Angebot von Tottenham über 1,75 Millionen Euro genügte Manager Horst Heldt, „Schnäppchen“ Holtby wechselte mit sofortiger Wirkung zu den Spurs.
Rückrunde 2012/13: Holtby verpasst Stammplatz
Auf den ersten Blick passte Holtby perfekt in die Londoner Offensive. Zwischen den schnellen Flügeln Aaron Lennon und Gareth Bale wurde ein passstarker Spielmacher benötigt – Rafael van der Vaart hatten die Spurs vor der Saison zum HSV transferiert. Vorschusslorbeeren gab es für den damals 22-jährigen ebenfalls: An der White Hart Lane war man sich sicher, mit dem in der laufenden Saison 11-fachen Scorer einen großartigen Transfer getätigt zu haben.
Nach einigen guten Ansätzen in den ersten beiden Spielen als Joker folgte bald Ernüchterung. Obwohl sich Holtby durch seinen Enthusiasmus und seine Liebe zum englischen Fußball schnell in die Herzen der Fans spielte, saß er nach zwei Spielen von Beginn an, in denen er ausgewechselt wurde, wochenlang auf der Bank – der US-Amerikaner Clint Dempsey übernahm die Rolle zentral vor der einzigen Sturmspitze.
Auch nachdem sich Dempsey an der Wade verletzt hatte, war für Holtby dauerhaft kein Platz im Team. Trainer Villas-Boas plante für den Rest der Saison mit Superstar Gareth Bale im Zentrum, den freigewordenen Platz auf der linken Seite sicherte sich Ex-Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson. Holtby spielte in der Folge noch zweimal von Beginn an und landete dann wieder auf der Bank.
Hinrunde 2013/14: Neuzugänge stehen im Weg
Mit dem Abgang von Gareth Bale und Clint Dempsey wurde das Zentrum der Spurs zunächst wieder frei und einige rechneten damit, dass Holtby nach einem halben Jahr Eingewöhnungszeit nun richtig durchstarten würde. Doch nachdem schon die U21-EM enttäuschend verlaufen war, in der er die deutsche Mannschaft als Kapitän angeführt hatte, verpasste Holtby aufgrund einer Bänderdehnung die komplette Vorbereitung. In den ersten beiden Ligaspielen stand er nicht einmal im Kader.
Darüber hinaus war Tottenham-Präsident Daniel Levy in Shopping-Laune: Mit Lamela, Capoue, Chadli und Paulinho wurden für fast 70 Millionen Euro vier Mittelfeldspieler gekauft, und als ob dies nicht genügte, folgte am vorletzten Transfertag Spielmacher Christian Eriksen für 13 Millionen – der Däne war zuvor auch als Götze-Ersatz in Dortmund im Gespräch gewesen und sorgte dafür, dass eine Holtby-Leihe schon im Sommer zur Debatte stand.
Der Ex-Nationalspieler sah in der Hinrunde kaum Land. Sechsmal stand er in der Startelf, wobei er auch von Verletzungen der Konkurrenz profitierte, doch in jedem Spiel wurde er ausgewechselt und mit dem Trainerwechsel – Tim Sherwood übernahm den Posten von Villas-Boas – spielte er in sechs Spielen nur noch 71 Minuten lang. Auch die anhaltenden Forderungen der Spurs-Fans, Holtby möge mehr Einsatzzeit bekommen, hatten keine Wirkung.
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Wie geht es jetzt weiter?
Die logische Konsequenz war ein Wechsel: Nicht zu Dortmund, nicht zu Schalke, sondern leihweise zum FC Fulham, der mitten im Abstiegskampf steht. Während bei den Clubs im Ruhrpott nur eine unwesentlich höhere Stammplatzchance bestanden hätte, sieht seine sportliche Situation bei den Cottagers besser aus, zumal er seinen Wohnsitz behalten kann – die Stadien von Fulham und Tottenham liegen nur knapp 20 Kilometer auseinander.
Für den Gewinner der Fritz-Walter-Goldmedaille (bester deutscher U-19-Spieler) im Jahr 2009 ist Spielpraxis nun ein sehr wichtiger Faktor, um auf Top-Niveau wieder Fuß zu fassen. Bei seinem wenig erfolgreichen Debüt gestern – einer 0:3-Heimniederlage gegen Southampton – spielte er 90 Minuten lang auf dem rechten Flügel und zeigte in der ersten Halbzeit eine gute Leistung.
Im Sommer kehrt Holtby nach Tottenham zurück – ob er dort bleibt, ist ungewiss. Sein Traum von England hat einen Verlauf genommen, der nicht eingeplant war; seine Zeit bei den Spurs verlief sportlich gesehen sehr enttäuschend. Für den sympathischen Offensivmann bleibt zu hoffen, dass der Umweg Fulham zu einem erfolgreichen zweiten Anlauf in England wird. Das Potenzial hat er.