Ein irres Transfer-Hick-Hack um den erst 18-jährigen Leon Goretzka bestimmte die Medien in den vergangenen Wochen. Jetzt ist der Wechsel vom VfL Bochum zu Schalke 04 perfekt. Aber was macht Goretzka eigentlich so besonders?
Er ist eines der größten deutschen Fußball-Talente. Leon Goretzka, zarte 18 Jahre jung und schon in ein schier endloses Wechsel-Theater verwickelt. Der gebürtige Bochumer machte in der abgelaufenen Zweitligasaison auf sich aufmerksam. Im zentralen Mittelfeld absolvierte Goretzka 32 Saisonspiele, kam dabei zu vier Treffern und bereitete fünf weitere vor. Dabei sah er lediglich eine gelbe Karte. Kein Wunder, dass viele Bundesligisten diesen talentierten Spieler unter Vertrag nehmen wollten. Aber der VfL Bochum wollte sein „Jahrhunderttalent“ (O-Ton Peter Neururer) natürlich nicht ohne weiteres ziehen lassen. Eine Transfer-Odyssee sondergleichen stand bevor.
Früh war klar: Leon Goretzka will zum FC Schalke 04. Der FC Schalke 04 will Leon Goretzka. Im Vertrag des 18-Jährigen stand offenbar eine festgeschrieben Ablösesumme von 2,75 Millionen Euro. Eigentlich sollte der Wechsel nur noch Formsache sein. Doch Bochums Geschäftsführer Ansgar Schwenken sagte der „Welt“, dass es „definitiv keine Ausstiegsklausel gibt. Wir haben den Vertrag geschrieben, deswegen wissen wir auch, was da drin steht“. Das Wechsel-Theater wollte nicht enden. Beide Seiten, Bochum und Schalke, beharrten auf zwei verschiedene Ablösesummen. Das wurde Goretzka irgendwann zu viel. Er reichte eine Klage gegen den VfL Bochum ein. Mit 18 Jahren der Schritt vor das Arbeitsgericht? Goretzka wusste, was er wollte. Und das war: Bochum verlassen. Schwenken dazu: „Wir haben nur ein Schreiben von einem Anwalt bekommen, dass es zu einer Klage kommen soll oder könnte. Vom Arbeitsgericht ist uns noch keine Klage zugestellt worden.“
Außergerichtliche Einigung
Inzwischen waren beide Vereine, vor allem der VfL Bochum, zu dem Entschluss gekommen, den Transfer von Goretzka außergerichtlich zu regeln. Auch wenn Goretzka laut eigener Aussage nie vorhatte, die Klage vor Gericht zu bringen, wollte er damit ein Zeichen setzen, das bei den Verantwortlichen angekommen war. „Ich musste durch die Klage meine Vorstellungen klar zum Ausdruck bringen, wusste aber, dass sie nie vor Gericht landen würde. Es war alles andere als einfach für mich. Ich habe mir den Transfer natürlich anders vorgestellt. Es wurde dadurch nicht einfacher. Jetzt freue ich mich, dass es vorbei ist“, so Goretzka.
Denn letzten Endes durfte Schalke 04 zu Beginn dieser Woche Vollzug melden. Goretzka trägt nun Königsblau. Die Odyssee ist zu Ende. Aber warum gab es dieses Hick-Hack überhaupt? Was ist an Leon Goretzka so besonders, dass er zu einem der wichtigsten Transferthemen der Sommerpause wurde? „Leon gehört zu den talentiertesten Spielern in ganz Deutschland und verfügt über ein riesengroßes Potenzial“, sagt Schalke-Manager Horst Heldt nach Bekanntgabe des Transfers. Für einen überwiegend defensiven Mittelfeldspieler, der auch auf der Zehner-Position einsetzbar ist, ist Goretzka enorm torgefährlich.
Mit Draxler und Goretzka in die goldene Zukunft?
Mit 18 Jahren ist er auch schon körperlich sehr weit. Von der Statur erinnert er an Julian Draxler. Und auch von der Spielweise könnte man Vergleiche ziehen. Beide sind sehr ballsicher, verfügen über eine herausragende Technik und eine tolle Übersicht. Außerdem ist es nicht verwunderlich, dass beide Spieler einen Vertrag bis 2018 unterschrieben haben. Damit hat sich der FC Schalke 04 zwei der größten deutschen Talente für die kommenden fünf Jahre gesichert. Ein Versprechen für die Zukunft. Und zugleich ein Angriff auf die Spitzenpositionen der Bundesliga.
Neben der großen Offensivspielersuche von Borussia Dortmund und dem Wirbel um Pep Guardiola als neuer Bayern-Coach, ist die stille Transferpolitik der Schalker etwas untergegangen. Das dürfte Horst Heldt und Co. sicher in die Karten spielen. Für alle BVB-Fans sind die Aussagen auf der offiziellen Pressekonferenz von Goretzka sicher ein Stich ins Herz: „Der BVB hatte ebenfalls Interesse, aber ich habe mich aufgrund der besseren Argumente für Schalke 04 entschieden.“ Aber was sind die besseren Argumente?
Vermutlich mehr Spielpraxis als beim Champions-League-Finalisten. Aber auch die Transferpolitik und der gewissenhafte Aufbau einer tollen Mannschaften sprechen für Königsblau. „Auf Schalke wächst etwas zusammen. S04 hat eine richtig gute Jugendarbeit, das war auch ausschlaggebend für den Wechsel. Nach dem Gespräch mit Horst Heldt und Jens Keller habe ich mich für Schalke entschieden. Hier will ich die nächsten Jahre verbringen“, so Goretzka. Man darf nicht davon ausgehen, dass Goretzka sofort zum Stammspieler aufsteigt.
Aber in den kommenden Jahren kann Schalke mit Draxler, Goretzka und auch Marco Höger sowie Joel Matip und Max Meyer auf eine Vielzahl von jungen deutschen Spielern setzen, die noch lange nicht an ihrem Zenit sind. „Ich bin auf den Konkurrenzkampf vorbereitet und stelle keine Ansprüche. Das Niveau im Training ist deutlich höher. Ich will realistisch bleiben und starte hier wieder bei null. Ich möchte mich aber auf höchster Ebene weiterentwickeln“, fasst Goretzka zusammen. Ein neue Ebene könnte auch Schalke 04 erreichen. Nicht unbedingt in der kommenden Saison, aber sicher durch gewissenhafte Transferpolitik in den nächsten Jahren. Auch dank Leon Goretzka, der nach seiner Transfer-Odyssee da angekommen ist, wo er hin wollte.