Vom oftmals belächelten Abstiegskandidaten Nummer eins zum Senkrechtstarter der neuen Saison. Der FC Augsburg liegt nach sieben Spieltagen auf einem überragenden sechsten Tabellenplatz. Warum eigentlich?  

Wenn Borussia Mönchengladbach, das vor der Saison immerhin den internationalen Wettbewerb als Saisonziel ausgegeben hat, mit einem Punkt im Auswärtsspiel beim FC Augsburg zufrieden ist, dann will das schon etwas über die Entwicklung, die der FCA seit der vergangenen Rückrunde genommen hat, heißen. Dass der FC Augsburg nach sieben Spieltagen auf Platz sechs der Bundesliga liegt und sich damit derzeit für die Europa League qualifizieren würde (bei einem Spiel mehr als die restliche Konkurrenz), mag zwar nur eine Momentaufnahme sein. Dass Augsburg aber nach sieben Spieltagen bereits einen Punkt mehr auf dem Konto hat als in der ganzen vergangenen Hinrunde, ist ganz sicher kein Zufall oder Glück.

Die Basis für diesen beeindruckenden Erfolg liegt allerdings ausgerechnet am Tiefpunkt. Nach einer punktetechnisch miserablen Hinrunde in der vergangenen Spielzeit hielt man an Trainer Markus Weinzierl fest. Statt den Trainer zu entlassen musste Sportdirektor Jürgen Rollmann wegen. Er wurde durch den erfahrenen Stefan Reuter ersetzt. Ein ungewohnter Schritt – der allerdings Wirkung zeigte. In einer nicht mehr für möglich gehaltenen Aufholjagd sicherte sich der FCA sogar noch den direkten Klassenerhalt.

Rekordauftakt beim FCA – auch punktetechnisch
Nach zwei Niederlagen zum Saisonstart schien es, dass der FCA erneut eine klassisch schlechte Hinrunde spielen könnte. Doch dann folgte der historische Rekord in Augsburg: Drei Siege in Folge. Das gab es in der Bundesliga-Historie noch nie beim FC Augsburg. Nach der erneut starken Leistung im Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach ernten Weinzierl und Reuter die Früchte ihrer Arbeit.

Dabei spielt vor allem die Umstellung vom 4-2-3-1 auf das durchaus offensivere 4-1-4-1 mit nur einem defensiven Mittelfeldspieler eine große Rolle. Durch diese Umstellung bekam Daniel Baier mehr Verantwortung, die er durch starke Leistungen zurück zahlt. Er erobert die Bälle stark und leitet meistens sofort das Offensivspiel ein. In der Rückrunde der vergangenen Spielzeit war comunio-technisch zu sehen, dass der FC Augsburg vor allem als Team stark ist. Es stachen kaum Spieler heraus. Das ist in der bisherigen Spielzeit anders. Allen voran Innenverteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker überzeugt bisher mit 23 Punkten.

Aber sonst ist auch auffällig, wie punktstark der FC Augsburg derzeit ist – für sehr wenig Geld. Die Verteidiger Klavan (14 Punkte / 1,5 Millionen Euro) und Verhaegh (13 / 1,4) liefern konstant Zählbares. Ebenso die Mittelfeldspieler Baier (16 / 2,1) und Holzhauser (12 / 2,2). Vor allem Letzterer ist ein Garant für den derzeitigen Erfolg. Der Neuzugang vom VfB ist durch seine körperliche Präsenz enorm wichtig für den FCA im Mittelfeld. Außerdem schlägt Holzhauser mit seinem linken Fuß ungemein gefährliche Standards in den Strafraum. Außerdem sticht Tobias Werner durch überragende Laufleistungen und hohen Einsatz heraus (14 / 1,7).

Das Erfolgsrezept: Spiel über die Außen
Neben Werner besticht in den vergangenen Spielen auch Andre Hahn heraus (6 / 1,1). Nicht Franck Ribery, Arjen Robben oder Marco Reus, sondern Andre Hahn schlägt die meisten Flanken der gesamten Bundesliga in den Strafraum. Seine starke Form krönte der im Winter aus der Dritten Liga gewechselte Hahn im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach mit seinem ersten Bundesliga-Tor und der Vorarbeit zum Ausgleichstreffer.

Hahn ist der perfekte Spieler für das Spiel des FCA. Er ist schnell, ballsicher und schlägt gute Flanken. Denn das Erfolgsrezept der Augsburger ist Spiel für Spiel eindeutig erkennbar. Torchancen sollen über die Außen eingeleitet und kreiert werden. Dabei ist es stellenweise erstaunlich wie ball- und passsicher das Spiel der Augsburger ist. Über die schnellen Außen Hahn und Werner, aber auch durch die Außenverteidiger Verhaegh und Ostrzolek unterstützt, segelt Flanke um Flanke in den Strafraum des Gegners. Dort wartet mit Sascha Mölders ein echter Brocken als Abnehmer, der in dieser Saison eher als Ableger und Vorbereiter als als Torschütze glänzt.

Dieses Konzept war auch gegen Gladbach gut zu sehen. Die Fohlenelf brachte lediglich drei Flanken in den gegnerischen Strafraum. Beim FCA waren es ganze 20 Stück. Letzten Endes war es im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach aber wieder der Kampf, der unbedingte Wille, keinen einzigen Ball verloren zu geben. Und so schaffte der FC Augsburg doch noch den späten Ausgleich und immerhin einen Punktgewinn. Wie die Abenteuerreise des FCA in dieser Spielzeit noch weitergeht, wissen vermutlich nicht einmal die Verantwortlichen selbst. Aber eins ist klar: Augsburg ist spätestens in dieser Spielzeit taktisch als auch spierlerisch in der Bundesliga angekommen und mehr, als nur ein kleiner Verein aus der Augsburger Puppenkiste.