Statt nach dem Weggang Heckings im Chaos zu versinken, agierte der Club unaufgeregt. Wiesinger macht seitdem Werbung in eigener Sache – und ist womöglich das Modell der Zukunft.  

Trainerwechsel inmitten der Saison laufen meist nach Schema F ab. Der Erfolg bleibt aus, die Ziele des Vereins sind gefährdet: Der „Mechanismus des Geschäfts“ greift. Der 1. FC Nürnberg litt beim Austausch des Coaches in der Winterpause allerdings weder unter Punkt- noch unter Ratlosigkeit, vielmehr zog es Dieter Hecking aufgrund wirtschaftlicher und familiärer Interessen nach Wolfsburg.

Der Club reagierte ruhig und überlegt, mit U-23-Trainer Michael Wiesinger und Heckings Assistent Armin Reutershahn bedienten sich die Nürnberger interner Strukturen. Beide sollten vorerst für die Rückrunde übernehmen, doch die gute Arbeit des Gespanns entwickelt sich immer mehr zum Modell der Zukunft.

Erfolgreiches Duo

Wiesinger und Reutershahn bewegen sich dabei auf Augenhöhe, die Arbeitsbereiche sind klar abgesteckt. „Ich halte am Spieltag die Ansprachen an die Mannschaft“, erklärte der Teamchef  im „ZDF-Sportstudio“. Sein Co-Trainer Reutershahn übernehme den Aufbau der Trainingswoche und deren Inhalte. „Er bringt die Dinge auf dem Platz herüber. Armin ist so lange dabei, ihm macht keiner etwas vor.“

Ihr gemeinsames Credo: Schon im Training soll die Mannschaft an die Leistungsgrenze gehen, Konsequenz und Ehrlichkeit im Umgang miteinander seien oberstes Gebot. “Die Spieler sind sehr fleißig und willens, das umzusetzen, was wir ihnen auf den Weg geben”, sagt Wiesinger.

Starke Rückrunde

18 Zähler holten die Franken bisher in der zweiten Hälfte der Saison, auf dem Rückrundetableau grüßt der Club von Rang sechs. Von bisher zwölf absolvierten Partien unter Wiesinger verloren die Franken lediglich zwei – gegen das Bundesliga-Führungsduo aus München und Dortmund.

Bei Comunio befindet sich der Marktwert seit knapp zwei Monaten im steten Aufwind und verzeichnet einen Zuwachs von rund vier Millionen Euro. Mit 584 Mannschaftspunkten liegen die Franken vor den selbsterklärten Europapokal-Anwärtern Hannover 96 und dem VfL Wolfsburg.

Dabei präsentieren sich die Nürnberger als unangenehmer Gegner: aggressiv im Zweikampf, kompakt in der Arbeit gegen den Ball und gefährlich bei Standards. Der Club ließ 729 Gegnerpunkte zu und ist damit effektiver als der FC Schalke 04, Borussia Mönchengladbach und der VfB Stuttgart. „Die Mannschaft hat eine große Charakterstärke, was vor allem die Führungsspieler mit einer Top-Einstellung vorleben“, sagt Wiesinger.

Mit Wiesinger in die neue Saison?

Neben der guten Mannschaftsausbeute bei Comunio stehen auch einzelne Spieler im Fokus. Bis auf die „Sektion“ Sturm stellen die Nürnberger immer mindestens einen Akteur für die einzelnen Top-25-Rankings: Raphael Schäfer (100 Punkte) im Tor, Per Nilsson (81 Punkte) und Timm Klose (74 Punkte) in der Abwehr sowie Hiroshi Kiyotake (92 Punkte) im Mittelfeld.

Sport-Vorstand Martin Bader nimmt die guten Leistungen zur Kenntnis und betont stets, nicht vor Mai die Trainerkonstellation für die kommende Spielzeit bekannt zu geben. Viele Kritikpunkte wird er nicht finden. „Die Entwicklung der Mannschaft hat gezeigt, dass wir im Dezember die richtige Entscheidung getroffen haben“, sagte Bader gegenüber „Sky“. Wiesinger selbst sieht die Sache gelassen, er spüre die Rückendeckung des Vereins, „das ist die Hauptsache.“

Der Kader des 1. FC Nürnberg im Überblick