Der FC Bayern steht im dritten Champions-League-Endspiel innerhalb von vier Jahren. Die Münchner entwickeln mehr denn je eine Identität, das Tor zur absoluten Weltspitze ist längst geöffnet.
Im Novemver 2009 holte Philipp Lahm in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ zum Rundumschlag gegen die Vereinsoberen aus. Der damalige Vize-Kapitän des FC Bayern kritisierte die strategische Ausrichtung des Klubs, die Transferpolitik entbehrte für ihn jeglicher Logik. Was hat sich seitdem bei den Münchnern verändert? Comunioblog vergleicht Lahms wichtigste Aussagen mit der jetzigen Situation.
Lahm über Spielphilosphie: „Wenn man sich mit Barcelona, mit Chelsea, mit Manchester United messen will – dann braucht man als FC Bayern eine Spielphilosophie. Das muss auch das Ziel des Vereins sein.“
Situation 2013: Die Spielphilosophie von Louis van Gaal hallt an der Säbener Straße noch immer nach. Taktisch ist der Niederländer über jeden Zweifel erhaben, die Spieler sind ihm für seine Sicht des Fußballs bis heute dankbar. Jupp Heynckes machte bei seiner Übernahme im Sommer 2011 die Umschaltbewegung als größte Schwäche aus, die langen und oft zu ertraglosen Ballstafetten sollten schnell vorgetragenen Angriffen weichen. Durch die Saison 2012 und den damit verbundenen Enttäuschungen passte der 67-Jährige den Spielstil des FC Bayern aber nochmals an. Die Münchner agieren vor allem bei Ballverlust als geschlossenes Kollektiv, die Defensive ist zum Prunkstück der Mannschaft geworden. Der FC Bayern muss sich nicht mehr an seinen Gegnern orientieren: Ein Zeichen von Dominanz und nicht zuletzt ein Zeichen einer Spielphilosophie.
Lahm über Transferpolitik: „In der Vergangenheit lief das mit den Transfers nicht immer glücklich. (…) Vereine wie Manchester oder Barcelona geben ein System vor – und dann kauft man Personal für dieses System. So etwas gibt es bei uns nicht: Dass der Verein etwas vorgibt und alles darauf aufgebaut wird.“
Situation 2013: Lahm übersieht, dass sich der FC Bayern nur schwer mit Barcelona und Manchester United vergleichen lässt. Kein Verein der Welt hat auch nur annähernd eine Denk- und Handlungsweise wie Barca, bei Manchester United ist Sir Alex Ferguson seit 1986 im Amt. Dennoch: Der FC Bayern spielt seit der zweiten Hälfte der Saison 2009/2010 in einem 4-2-3-1-System. Durch die Kontinuität hatten die Münchner in den letzten zwei Jahren auf dem Transfermarkt Planungssicherheit. Schwachstellen wurden erkannt und dann positionsgetreu nachgebessert. Spieler wie Javier Martinez haben ein bestehendes Gefüge sinnvoll ergänzt.
Ausblick: Der FC Bayern steht so gut da, wie noch nie. Ob bewusst gewollt oder durch die krachenden Niederlagen gegen Borussia Dortmund und gegen den FC Chelsea ausgelöst: Knapp vier Jahre nach dem Interview Lahms haben sich die Verantwortlichen seiner Kritik geöffnet. Der Posten des Sportdirektors wurde mit Matthias Sammer besetzt, der beim DFB bewiesen hat, innerhalb kürzester Zeit langfristige Strukturen zu schaffen. Darüber hinaus gelang mit der Verpflichtung Pep Guardiolas der wohl größte Coup in der Vereinsgeschichte. Der Spanier entschied sich bewusst für den FC Bayern, die Werte und die Ausrichtung des Klubs gaben den Ausschlag. Ein deutliches Zeichen: Der Rekordmeister ist Anlaufstelle für die Besten der Welt geworden. Die Zeiten, in denen „Mia san mia“ nicht mehr als eine lose Hülle und ein Schriftzug auf dem Trikot der Münchner war, sind vorbei. Eine Identität ist geschaffen – was fehlt, ist die Krönung.