2009 wurde Deutschland U-21-Europameister. Vier Jahre und zwei Turniere später ist man auf dem Boden der Tatsachen aufgekommen. Nicht zuletzt, weil dem Team etwas fehlt, was die A-Mannschaft auszeichnet.  

2009 schwebte Matthias Sammer – damals noch DFB-Sportdirektor – auf Wolke sieben. Damals vollbrachte die U 21 unter Trainer Horst Hrubesch das, was Sammer immer forderte: Nicht nur gut sein, sondern Titel gewinnen!  4:0 fegten Mesut Özil, Mats Hummels, Manuel Neuer und Co. Im Finale England vom Platz.

Doch nur ein Jahr später war all die Aufbruchsstimmung verflogen: Mit einem 1:4 in Island scheiterte die inzwischen von Rainer Adrion trainierte Elf spektakulär schon in der Qualifikation – und das mit sechs Spielern in der Startelf, die heute A-Nationalspieler sind.

Bei der EM 2013 in Israel sollte nun alles besser werden. Sammers inzwischen nach Bremen abgewanderter Nachfolger Robin Dutt formulierte im Vorfeld des Turniers hohe Ansprüche: „Das sportliche Ziel ist es, alle Spiele und den EM-Titel zu gewinnen – aber die Ausbildung steht im Vordergrund.“

Ohne Stars nach Israel

Lernen konnte das DFB-Team dann auch einiges beim 2:3 gegen die Niederlande und dem 0:1 gegen Spanien in der Gruppenphase. Beide Niederlagen waren – trotz einer guten zweiten Halbzeit gegen die Niederlande – verdient. Und beide verdeutlichten, dass dem Team mehr fehlte, als das potenzielle Traummittelfeld aus Götze, Gündogan, Draxler und Schürrle, das inzwischen längst in der A-Nationalmannschaft angekommen ist.

Die Probleme begannen bereits dort, wo sich Deutschland von jeher, selbst in finstersten Ribbeck-Jahren, noch immer als Weltklasse ansah: Im Tor. Der hochgelobte Bernd Leno, der mit Leverkusen auch schon Champions League gespielt hat, sah in beiden Spielen bei insgesamt drei Gegentoren schlecht aus.

Nicht viel besser agierte die Abwehr: Adrion stellte Oliver Sorg und Tony Jantschke entgegen ihrer Rolle in ihren Bundesliga seitenverkehrt auf. Positive Auswirkungen waren dabei jedoch nicht zu sehen. Im Gegenteil: Durch das frühe Anlaufen der Außenverteidiger bei Ballbesitz durch die Spanier waren die beiden auf ihren ungewohnten Flügeln nicht selten auf verlorenem Posten.

Wechselhaft in der Offensive

Im Mittelfeld ging das Elend weiter. Ja, die besten Spieler sind nicht mit zum Turnier gereist. Ein Zustand, den auch Englands U-21-Coach Stuart Pearce bei seinem Team, katastrophaler Gruppenletzter in der leichteren Gruppe A, bemängelte. Aber dennoch standen dort vier Spieler, die in der Bundesliga oder im Fall Lewis Holtby gar in der Premier League regelmäßig spielen.

Das Resultat auch da: Wenig bis nichts. Sebastian Rudy konnte zumindest teilweise überzeugen. Holtby hatte seinen Glanzmoment bei seinem Ausgleichstor gegen die Niederlande. Erwähnenswert war zudem der Einsatz des erst 19-Jährigen Emre Can vom FC Bayern. Aber auch da bewies Adrion nicht das beste Händchen: Lange wartete er mit einer Nominierung des gebürtigen Frankfurters, der vor dem Spanien-Spiel ebenso wie Sead Kolasinac noch nie für die U 21 aufgelaufen ist – auch nicht in der Vorbereitungsphase auf das Turnier.

Im Sturm ging das Positionenrücken weiter: Volland, der für Hoffenheim eine starke Saison gespielt hat, saß gegen die Niederlande zunächst nur auf der Bank, dafür stürmte der zuvor lange verletzte Lasogga. Gegen Spanien begann er ungewohnt als Rechtsaußen.

Die Konkurrenz macht es besser

All das summierte sich zu einem Auftreten auf dem Platz, das trotz der vielen Talente, die die deutsche Jugendarbeit inzwischen zweifelsohne hervorbringt, beunruhigt. Der U 21 fehlt genau das, was Joachim Löw mit der A-Mannschaft vorlebt: Eine stringente Spielphilosophie. Lange haben es die Niederlande vorgemacht, wie ein einheitliches System von den Juniorenteams bis zur Elftal fertige Spieler hervorbrachte, die höchsten Ansprüchen genügten.

Die Spanier setzten wie auch die Seleccion unter Vicente del Bosque auf Ballbesitz und Kurzpassspiel, das die Junioren gegen Deutshcland auf beängstigende Art und Weise zur Schau stellten. Das Team von Rainer Adrion ließ jedoch eine Handschrift vermissen. Das Offensivspiel blieb Stückwerk, den einzelnen Mannschaftsteilen fehlte nicht selten die Bindung zueinander.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat seine Entscheidung über den Trainer bereits gefällt: Adrion soll bleiben, einen Rücktritt schließt der ebenso aus. Die Besetzung des vakanten Sportdirektorpostens ist noch offen. Matthias Sammer hat den DFB bereits ans Herz gelegt, Dutts Nachfolger mehr Vertrauen und Kompetenzen zu schenken, als es ihm selbst widerfahren ist. „Einen guten Idioten werden sie sonst nicht mehr finden“, so Sammer, der damals gegen Adrion als Trainer war, dann aber von Löw überstimmt wurde. Dass sich der DFB an Sammers Worte erinnern sollte und einen kompetenten Mann mit weitreichenden Kompetenzen finden muss, ist spätestens seit dieser verkorksten EM gewiss.

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