Eine Woche nach der Bundesliga steigt auch die Premier League wieder in den Spielbetrieb ein, und eigentlich weiß niemand, wie stark die Top-Teams wirklich sind. Drei Trainerwechsel machen es möglich.
Verkehrte Welt in England: Während Manchester City seine Transferschäfchen längst geräuschlos ins Trockene gebracht hat, ähneln die Bemühungen von Manchester United und dem FC Arsenal um Neuzugänge Lothar Matthäus‘ Anstrengungen, einen Job als Bundesligatrainer zu ergattern: Immer wieder bringen sich die englischen Schwergewichte bei Kandidaten ins Gespräch, aber am Ende passiert doch nichts.
Vor allem Meister Manchester United machte bislang einen bemitleidenswerten Eindruck: Thiago Alcantara? Ging lieber zu Bayern. Cesc Fabregas? Bleibt bei Barcelona. Nun soll Evertons Marouane Fellaini auf der Wunschliste stehen, trotz der vorherigen Ankündigung von Ex-Toffees- und Neu-United-Coach David Moyes, nicht bei seinem alten Verein zu wildern.
Moyes schon unter Druck
Überhaupt machte Moyes bei dem Himmelfahrtskommando, Sir Alex Ferguson zu beerben, schon in der Vorbereitung einen besorgniserregend unglücklichen Eindruck: Auf der Asien-Tour seines Teams setzte es peinliche Niederlagen gegen örtliche Teams, und Wayne Rooney hat es sich zum Lebensinhalt gemacht, den Verein und seinen ungeliebten Ex-Coach, mit dem ihm schon bei Everton ein angespanntes Verhältnis nachgesagt wurde, auf möglichst unwürdige Art und Weise zu verlassen, inklusive engagiertem Turbo-Training für England trotz „Verletzung“ bei United.
Immerhin den Community Shield hat Moyes dank Robin van Persie, der in dieser Saison Ryan Giggs als grausten United-Spieler ablösen könnte, gegen Zweitligist Wigan gewinnen können. In der Liga tritt United am ersten Spieltag bei Swansea an. Schon da muss ein Sieg her, denn mit Manchester City, dem FC Liverpool und dem FC Chelsea warten schon bis zum 5. Spieltag harte Brocken zum Saisonauftakt. Für den Schotten Moyes, der als Trainer noch nie einen Titel gewann, wird so bereits der Saisonauftakt zur Zerreißprobe.
Arsenal bleibt sich treu
Beim FC Arsenal muss sich Arsene Wenger hingegen wie in einer Zeitschleife gefangen vorkommen – nur dass es diesmal noch viel schlimmer ist als sonst: Wieder einmal kündigte der Franzose namhafte Verstärkung an, doch bisher ist außer Yaya Sanogo aus der zweiten französischen Liga noch kein Neuzugang an Bord. Real Madrids Gonzalo Higuain war Wenger zu teuer, Liverpools Luis Suarez wollte Arsenal mit einem an Frechheit kaum zu überbietenden 40.000.001-Pfund-Angebot loseisen, und der Liverpool-Stürmer gilt weiterhin als heißestes Eisen der Gunners-Transferaktivitäten. Helfen könnte der Uruguayer den Londonern, die bereits acht Jahre auf einen Titelgewinn warten, jedoch wegen einer Sperre ohnehin bis Oktober nicht.
Besser lief es da bei Manchester City und dem FC Chelsea: Ohne große Nebengeräusche haben sich die Citizens mit den international erfahrenen Offensivkräften Jesus Navas, Alvaro Negredo (beide FC Sevilla) sowie dem Brasilianer Fernandinho (Schachtjor Donezk) verstärkt. Dazu kommt der neue Trainer Manuel Pellegrini, der bedeutend mehr Souveränität ausstrahlt als sein Vorgänger Roberto Mancini. In Chelsea freut man sich derweil über die Rückkehr des verlorenen Sohnes Jose Mourinho. Schon in der letzten Saison in jedem Heimspiel von den Fans vehement gefordert, soll der „Special One“ die Blues wieder zurück ins Titelrennen bringen. Mit Andre Schürrle und Rückkehrer Kevin De Bruyne stehen zudem zwei neue Kräfte für die ohnehin schon starke Offensive bereit. Bereits in der letzten Saison begann unter Rafael Benitez der Umbruch. Das offensive Mittelfeld ist mit Spielern wie Eden Hazard, Juan Mata, Oscar und den beiden Neuen hochkarätig besetzt. Lediglich im Sturm drückt derzeit noch der Schuh. Dennoch, mit Mou auf der Bank ist Chelsea wieder ein Kandidat für den Titel, vor allem dank der Trainerwechsel bei der direkten Konkurrenz.
Aufsteiger auf Identitätssuche
Und sonst so? Die Spurs haben sich mal eben für 58 Millionen Euro verstärkt, unter anderem Roberto Soldado und Paulinho geholt. Dafür zieht sich die Causa Gareth Bale durch den Sommer wie Kaugummi. Zum Saisonstart gegen Aufsteiger Crystal Palace verzichtet Coach Andre Villas-Boas auf den Waliser.
Stichwort Aufsteiger: Neben den Eagles aus London, deren prominentester Neuzugang wohl Marouane Chamakh vom FC Arsenal ist, schafften auch Hull City und Cardiff City den Sprung in die Premier League. Vom Namen her krasse Außenseiter, sind beide Vereine doch Vertreter der zweifelhaften Entwicklung von Vereinen als Spielzeug von Mäzenen. Während Cardiff City Wappen und Vereinsfarben geändert hat, wurde Hull City inzwischen gar in „Hull City Tigers Ltd.“ umbenannt. Ein neues Logo ist für kommendes Jahr in Planung.
Neue Trainer, neue Wappen – ein Jahr des Wandels also in England. Nur beim FC Arsenal ist irgendwie alles wie immer.