Unter Pep Guardiola erlebt Rafinha seinen zweiten Frühling. Und das, obwohl er unter Jupp Heynckes ein schwieriges letztes Jahr erlebt hat. Nur selten kam er zum Einsatz. Bayern München holte auch so das historische Triple. Nichtsdestotrotz stellte Guardiola die Mannschaft in einigen zentralen Stellen um. Die unumstrittene Personalie Philipp Lahm beispielsweise zog er auf die Sechs und stellte Rafinha auf die frei gewordene Rechtsverteidigerposition. Wie kam es zum Umdenken bei der Personalie Rafinha? Comunioblog wirft einen Blick darauf.
Es stand wohl zu keinem Zeitpunkt außer Frage, dass Rafinha ein Wunschspieler der Münchener Führung ist. Andernfalls hätten die Bayern auch keine 8,5 Millionen überwiesen, um ihn 2011 vom FC Genua an die Isar zu holen. Man glaubte an den wendigen und flinken Brasilianer. Es ist ein Typ, der ins Münchener Geflecht passt. Jedoch war von diesem Vertrauen in der Saison 2012/2013 unter Jupp Heynckes nicht mehr allzu viel zu spüren.
Lediglich sechsmal durfte Rafinha von Anfang an auflaufen. Ein Zustand, der einen Vollblutsprofi wie ihn selbstverständlich nicht glücklich stimmte: “ Es war manchmal wirklich schwer, sich zu motivieren. Auf der Bank habe ich immer versucht, gut drauf zu sein – aber wenn ich danach nach Hause gefahren bin, war ich oft sauer und hatte schlechte Laune.“ Im Sommer darauf mehrten sich die Gerüchte, er würde die Bayern in Richtung Schalke 04, seinem ehemaligen Arbeitgeber, verlassen. Aber es kam alles anders.
Flut an Sechser-Ausfällen zwangen Pep zu handeln und das spielte Rafinha in die Karten
Seit Pep Guardiola die Fäden an der Säbener Straße zieht, blüht der gebürtige Brasilianer regelrecht auf. Seine angriffslustigen und quirligen Tempoläufe an der Außenlinie erinnern an seine glorreichen Jahre bei Schalke. Rafinha verlebt derzeit seinen zweiten Frühling und hat sich still und heimlich zu einer der tragenden Stützen der ersten Elf entwickelt. Jedoch muss man der Vollständigkeit halber erwähnen, dass Rafinhas Rolle nur aufgrund einer Verletzungsmisere zu Beginn der Saison neu überdacht werden musste.
Da Guardiola durch die Verletzungen von Javi Martínez, Thiago und Bastian Schweinsteiger auf der Sechser-Position in Not war, hatte er Kapitän Lahm ins defensive Mittelfeld beordert. Rafinha, der stets als Backup für Lahm bereit stand und auch schon bei Schalke auf den Außen überzeugte, übernahm dessen Rolle rechts hinten in der Viererkette und überzeugte.
Inzwischen lichtet sich das Anfangslazarett etwas. Bastian Schweinsteiger steht schon länger wieder voll im Training, Javi Martínez trainiert nach erfolgreicher Leistenoperation ebenfalls wieder mit der Mannschaft und Thiago Alcantara startet die kommenden Tage mit leichten Laufeinheiten. Bei solchen Namen stellt sich fast zwangsläufig die Frage, wann Guardiola Lahm wieder auf die Rechtsverteidigerposition zieht, um Platz für einen oder zwei der ursprünglich angedachten Sechser zu schaffen? Die Sache ist nur: Rafinha und auch Lahm spielen auf ihren aktuellen Positionen überragend.
Erst kürzlich adelte er Bayerns Kapitän gegenüber dem “Bayern-Magazin“ mit den Worten: “Philipp ist für mich einer der intelligentesten Spieler der Welt und ich bin zu 100 Prozent sicher, er würde nach einer kurzen Eingewöhnung auf jeder Position zu den Besten gehören.“ Und auch für Rafinha gab es bisher nur lobende Worte vom Trainer: “Ich bin sehr glücklich, dass wir ihn haben. Er war einer der wichtigsten Spieler der vergangenen Wochen.“
Rafinha – kein Weltstar, dafür aber ein absoluter Teamplayer
Der komplette Verein Bayern München ist ein Star-Ensemble und gehört zweifelsohne zu den am besten geführten Vereinen der Welt. Von der Vereinsführung, über die Mannschaft, den Trainerstab bis hin zur Jugendförderung und der medizinischen Abteilung. Keiner wird hier vom Erfolg des Clubs ausgenommen. Den Status absolute Weltstars tragen bei den Bayern jedoch auch nur einige wenige.
Dazu gehört ganz klar der Trainer des FCB Pep Guardiola, der mit seinem vorherigem Arbeitgeber, dem FC Barcelona, in nur vier Jahren 14 Titel gewann. Auch Philipp Lahm, Franck Ribery und ein Bastian Schweinsteiger gehören ohne jeden Zweifel in die Kategorie. Ein Rafinha hingegen erreicht das Prädikat Weltstar sicherlich nicht. Dennoch gehört er zu den heimlichen Stützen des Vereins und aktuell auch zur ersten Elf. Sein Verhalten und Auftreten innerhalb der Mannschaft ist stets im höchsten Maße vorbildlich und so nennt ihn auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß einen Top-Profi, der auch als Ersatzmann nie klage. Eine Eigenschaft, die Guardiola mit großer Wahrscheinlichkeit imponiert hat und Rafinha geholfen hat das Vertrauen des Trainers gewinnen.
Auch wenn Guardiola bereits angekündigt hat, dass Philipp Lahm “normalerweise“ wieder als Rechtsverteidiger zum Einsatz kommen wird, sobald die gelernten Sechser Martínez und Thiago wieder vollständig fit sind, wird Rafinha seine Spiele bekommen. Mit seinen tollen Leistungen, einem geduldigen und vorbildlichen Verhalten – auch als Reservist – sowie seiner Intelligenz, Guardiolas Art Fußball zu spielen zu verinnerlichen, hat Rafinha Eindruck hinterlassen.
Und auch in Sachen Weltmeisterschaft ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. Brasiliens Nationaltrainer, Felipe Scolari, wird nicht entgangen sein, dass Rafinha sich derzeit in Höchstform befindet. Auch er selbst schreibt die WM-Teilnahme für sich nicht gänzlich ab: „Erster Rechtsverteidiger bei Brasilien ist Dani Alves von Barcelona. Aber wer als zweiter Rechtsverteidiger zur WM fährt, ist noch nicht klar. Wer weiß: wenn ich so weiter mache, kann es sein, dass ich doch noch darf.“