Der Unfalltod von Junior Malanda reißt eine große Lücke in die Mitte des VfL Wolfsburg. Trotz aller Trauer müssen die Wölfe den Blick nach vorne richten – in eine psychologisch schwere Rückrunde.
Die Situation: „Wir sind alle zutiefst bestürzt und können unsere Fassungslosigkeit kaum in Worte fassen. Wir alle haben ihn geliebt. Er war der gute Geist unserer Mannschaft und ein lebenslustiger Mensch.“ Die Worte, die Klaus Allofs nach dem Tod von Junior Malanda fand, gingen so manchem Fußball-Fan unter die Haut.
In was für ein Loch eine Mannschaft fallen kann, wenn ein Spieler aus ihrer Mitte gerissen wird, zeigt das Beispiel Hannover 96 nach dem Freitod von Robert Enke vor fünf Jahren. Damals stiegen die Niedersachsen am Ende beinahe ab. Daher wollen die Wölfe bei aller Trauer auch den Blick nach vorne nicht gänzlich verlieren, sondern „im Sinne von Malanda handeln“.
„Auf dem Platz sind wir bemüht, konzentriert zu arbeiten und damit professionell umzugehen. Aber die Momente, in denen du Zeit zum Nachdenken hast und dich die Gefühle einholen, sind nicht leicht“, sagte Torhüter Diego Benaglio. Dieter Hecking hätte sich vor dem Rückrundenstart noch eine Woche Zeit gewünscht.
Der komplette Kader des VfL Wolfsburg im Überblick
In der Hinrunde lief sportlich alles gut. Der VfL hat sich hinter den Bayern auf Platz zwei abgesetzt, stellt im Managerspiel die punktbeste Innenverteidigung und hat in Kevin de Bruyne einen der absoluten Top-Stars der Liga in den eigenen Reihen. Auch in der Europa League reichte es für die nächste Runde, wo am 19. Februar Sporting Lissabon wartet.
Und so schwer es angesichts der Umstände ist: Das Ziel muss jetzt heißen, die Platzierung zu halten. Der Einzug in die Champions League wäre ein nächster großer Schritt für den ambitionierten Verein und auch in der Europa League kann es weit gehen. Gleich im ersten Spiel gegen die Bayern Wunderdinge zu erwarten, wäre allerdings zu viel verlangt.
Das sagten wir vor der Saison:
Wir schätzten die Wölfe als stark genug ein, um Bayern-Verfolger Nummer eins zu werden – mehr ist für 17 Bundesliga-Vereine einfach nicht möglich. Zumindest auf einen Champions-League-Platz legten wir uns vorzeitig fest. Durch die unerwartet schwache Hinrunde von Borussia Dortmund ist der VfL bereits jetzt so etwas wie die neue zweite Kraft in der Liga. Sechs Punkte trennt Wolfsburg vom Drittplatzierten aus Leverkusen. Diesen Vorsprung gilt es jetzt zu halten.
Mit der Aussage, die Sturmspitze könne eine Art Schwachstelle werden, behielten wir halbwegs Recht. Ivica Olic spielte eine solide Hinrunde mit fünf Saisontoren, für einen Champions-League-Aspiranten ist das jedoch nicht gerade der überragende Wert in der Sturmspitze. Daher sehen Klaus Allofs & Co. auf dieser Position weiterhin Optimierungsbedarf.
Comunio-Player to watch: Ivan Perisic
Aufgrund einer Schulterverletzung verpasste der Kroate die ersten Saisonspiele, mit ihm erzielte der VfL daraufhin deutlich bessere Ergebnisse als noch im Spätsommer. Ivan Perisic hat bereits in der vergangenen Rückrunde eindrucksvoll gezeigt, dass er zu den besten Außenspielern der Liga gehört, und an diesen Leistungen zuletzt trotz der Verletzungspause nahtlos angeknüpft.
62 Punkte hat Perisic nach 13 Einsätzen auf dem Konto, fast fünf Zähler sammelt er im Schnitt pro Partie. Im November gehörte er zu den drei besten Spielern und gerade in Puncto Torgefahr hat der Ex-Dortmunder seinen Zenit längst noch nicht erreicht. Insofern können Comunio-Manager davon ausgehen, dass sich die Ausbeute des 5,2-Millionen-Mannes in der zweiten Halbserie der Saison eher noch verbessern als verschlechtern wird.
Prognose: Die Mannschaft hat ein enormes Potenzial und wird im Normalfall Platz zwei festigen. Die Abwehrkette steht, der Verbund zwischen Defensive und Offensive ist organisiert, die Einzelspieler in der Dreierreihe hinter dem Mittelstürmer können stets Spiele entscheiden. Was Qualität und Harmonie betrifft, ist Wolfsburg über jeden Zweifel erhaben.
Gleichzeitig dürfen die Auswirkungen eines derart einschneidenden Ereignisses wie dem Tod von Junior Malanda auf keinen Fall unterschätzt werden. Es wäre absolut menschlich, wenn es der VfL nicht schaffen würde, das Niveau zu halten.
Der Spagat zwischen Bundesliga und Europa League wurde erfolgreich gemeistert. Nun folgt eine viel schwierigere Aufgabe: Der Spagat zwischen Trauer und Fokus.