Die vergangene Saison verlief zufriedenstellend, in der Spielzeit 2015/2016 will Bayer Leverkusen diesen Eindruck bestätigen. Das Grundgerüst des Kaders ist dasselbe, die Abgänge wurden namhaft ersetzt. Der langfristige Ausfall eines Schlüsselspielers bereitet jedoch Probleme.
Die Situation: Mit spektakulärem Hochgeschwindigkeitsfußball gestartet, dann den Fokus auf die Defensive gelegt und im Saisonendspurt eine Balance aus den taktischen Ausrichtungen gefunden. Die Saison von Bayer Leverkusen verlief zwar ein wenig im Zickzack-Kurs, das Resultat am Saisonende war jedoch zufriedenstellend: Die Qualifikation zur Champions League ist erneut möglich, die Werkself gehört zum Kreis der Bayern-Verfolger.
In dieser Saison soll dieses Ergebnis nun zumindest erneut erreicht werden, im Optimalfall kann Bayer sogar den nächsten Schritt in seiner Entwicklung machen. Die Mannschaft ist jung und talentiert, mit Hakan Calhanoglu, Heung-Min Son, Bernd Leno und Wendell sind zahlreiche Leistungsträger noch keine 24 Jahre alt. Nach den Abgängen von Gonzalo Castro und Emir Spahic, sowie dem Karriereende von Simon Rolfes ist Stefan Kießling der einzige Spieler mit Startelf-Ambitionen, der älter als 26 Jahre ist. Das Potenzial, um in dieser Spielzeit noch besser zu werden, hat Leverkusen somit allemal. Das junge Durchschnittsalter könnte in schwierigen Phasen aber auch zum Problem werden.
Im Tor der Werkself ist Leno natürlich weiter gesetzt. Der 23-Jährige gehört seit seinem Wechsel aus Stuttgart nach Nordrhein-Westfalen zu den verlässlichsten Torhütern der Bundesliga und wurde in der jüngeren Vergangenheit unter anderem bei Manchester United und Tottenham Hotspur gehandelt. In der vergangenen Spielzeit reichte es bei Comunio zwar nur zu einem durchschnittlichen neunten Platz, dennoch dürfte jeder Manager mit Leno im Team ruhig schlafen können. Ersatzkeeper Dario Kresic wäre selbst in einer Krise des Stammtorhüters keine echte Alternative.
Die Viererkette der Leverkusener scheint durch die schwere Verletzung von Abwehrchef Toprak ziemlich durcheinander geweribelt zu werden. Der türkische Nationalspieler zog sich einen Sehnenriss im Oberschenkel zu und könnte im worst case sogar die gesamte Hinrunde ausfallen. Da Spahic nach seiner Vertragsauflösung mittlerweile in Hamburg kickt, werden Leverkusener Fans wohl eine ganz neue Innenverteidigung zu Gesicht bekommen.
Tah sofort in die Startaufstellung?
Die besten Karten haben derzeit Kyriakos Papadopoulos und Jonathan Tah. Der Grieche verteidigte bereits 2014/2015 neben Toprak, Tah kam im Sommer aus Hamburg. Die dritte Alternative wäre Tin Jedvaj, der allerdings durch eine Einblutung im Oberschenkelt noch rund einen Monat pausieren muss. Solange der Kroate verletzt ausfällt, dürfte Roberto Hilbert rechts hinten gesetzt sein. Seinen Platz als linker Verteidiger hat Wendell sicher.
Im defensiven Mittelfeld hat Sportdirektor Rudi Völler auf die Abgänge von Stefan Reinartz, Castro und Rolfes reagiert und mit Christoph Kramer und Andre Ramalho zwei Neuzugänge präsentiert. Während Kramer aktuell neben Neu-Kapitän Lars Bender gesetzt zu sein scheint, bleibt Ramalho wohl vorerst nur die Rolle des Reservisten. Diese Konstellation wird sich höchstwahrscheinlich aber weiter verändern: Charles Aranguiz soll noch kommen – für rund 12 Millionen Euro. In diesem Fall könnte Kramer die Bank drohen. Ebenfalls eine Überlegung: Bender rückt nach hinten in die Innenverteidigung und Tah muss häufiger zugucken.
Rotation als Folge der Qual der Wahl
In der Offensive hat Roger Schmidt weiterhin die Qual der Wahl. Karim Bellarabi hat eine überragende Saison hinter sich und zeigte, dass er auch auf absolutem Top-Niveau mithalten kann. Calhanoglu zählt darüber hinaus zu den besten Spielmachern der Liga, um den dritten Platz kämpfen mit Son, Julian Brandt und Admir Mehmedi drei weitere namhafte Kandidaten, sodass dort kräftig rotiert werden könnte.
Im Angriff scheint Kießling weiter erste Wahl zu sein, hinter dem ehemaligen Nürnberger liegt jedoch auch seine schwächste Comunio-Saison seit vier Jahren. Der laufintensive Stil von Schmidt forderte seinen Tribut, in der Rückrunde kam auch Josip Drmic mehrfach in der Sturmspitze zum Einsatz. Im Pokal durften sowohl Mehmedi als auch Kießling ran, je nach Form und Gegner könnte Kießling aber auch auf der Bank sitzen und Mehmedi als alleinige Spitze beginnen.
Comunios Player to watch: Wendell. Der Brasilianer feierte eine starke Debüt-Saison in Leverkusen. Nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten kämpfte sich der Youngster in die erste Elf und ist dort mittlerweile kaum noch wegzudenken. In der vergangenen Spielzeit gehörte der 22-Jährige zu den 25 besten Verteidigern der Liga nach Comunio-Pnkten – und das, obwohl er nur 26 Spiele machte.
In der neuen Saison wird Wendell als linker Verteidiger gesetzt sein, durch den Ausfall von Toprak könnte zudem weitere Verantwortung auf ihn übertragen werden. Dass er offensivstark ist, stellte die Nummer 18 im Pokal unter Beweis, sollte er sich defensiv weiter steigern, könnte die 100-Punkte-Marke in dieser Saison schon fallen.
Youngster to watch: Julian Brandt. Geheimtipp ist anders, klar. Dennoch muss hier der 19-Jährige Angreifer stehen. Brandts Potenzial scheint nahezu grenzenlos, in Wolfsburg dürfte man dem Junioren-Nationalspieler mehr als nur eine Träne hinterher geweint haben. In der vergangenen Saison kam Brandt auf 60 Comunio-Zähler. Nichts überragendes, allerdings wurde er auch nur in 19 Einsätzen bewertet.
Das Talent um sich einen festen Platz in der Startaufstellung der Leverkusener zu erarbeiten, hat Brandt – Son, Mehmedi und Co. hin oder her. Im Pokal kam die Nummer 19 zunächst noch von der Bank. Sollte in diesem Jahr aber die Leistungsexplosion folgen, die einige Experten bei ihm für möglich halten, könnte er 2015/2016 das sein, das Bellarabi 2014/2015 war.
Prognose: Der Toprak-Ausfall trifft Bayer hart. Einen gleichwertigen Ersatz hat man nicht wirklich in der Hinterhand. Zumindest zu Saisonbeginn könnten somit einige Unsicherheiten in der Defensive auftreten. Trotzdem verfügt die Werkself über genug (offensive) Klasse, um auch diesen Ausfall zu kompensieren. Das Talent in der Truppe reicht in jedem Fall aus, um die Erfolge der Vorsaison zu wiederholen. Schmidt scheint obendrein der richtige Trainer für diese Aufgabe zu sein.
Dass Leverkusen auch mit Doppelbelastung bestehen kann wurde im letzten Jahr gezeigt, die Mannschaft ist auf den meisten Positionen tief genug besetzt. Sollte Leverkusen von (noch) größerem Verletzungspech verschont bleiben, wird die Champions-League-Qualifikation erneut möglich sein. Im besten Fall könnte es sogar (mal wieder) Platz zwei werden.
Transferaktivitäten:
Zugänge: Admir Mehmedi (SC Freiburg), Jonathan Tah (Hamburger SV), Kyriakos Papadopoulos (Schalke 04), Andre Ramalho (RB Salzburg), Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach, Leih-Ende), Seung-Woo Ryu (Eintracht Braunschweig, Leih-Ende)
Abgänge: Gonzalo Castro (Borussia Dortmund), Josip Drmic (Borussia Mönchengladbach), Stefan Reinartz (Eintracht Frankfurt), Simon Rolfes (Karriere-Ende)