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Der SV Darmstadt 98 startet abermals als ganz großer Underdog in seine zweite Spielzeit im Oberhaus. Allerdings stehen die Vorzeichen bei den Lilien dieses Mal deutlich schlechter als in der vergangenen Saison. Die Saisonvorschau.
Die Situation: Drei Wunder in drei Jahren. Beim SV Darmstadt lief in der jüngsten Vergangenheit mit zwei Aufstiegen und dem sensationellen Klassenerhalt in der Bundesliga vieles, wenn nicht sogar alles perfekt. Doch in diesem Jahr sieht es ganz anders aus, hat der sportliche Erfolg doch die negativen Seiten des Geschäfts offengelegt: die Akteure der Lilien waren und sind inzwischen begehrt. Das Problem an der Sache ist, dass man in Darmstadt finanziell noch immer nicht einmal im Ansatz mit der Konkurrenz mithalten kann und wichtige Stützen den Verein verließen. So kehrten neben Trainer Dirk Schuster auch Leistungsträger wie Konstantin Rausch und Sandro Wagner den Darmstädter den Rücken und erlagen den lukrativen Anfragen der Konkurrenz. Als Schuster-Nachfolger holte man Norbert Meier aus Bielefeld, eine Wahl die im Darmstädter Umfeld nicht zwingend Freudenstürme auslöste.
Dass der SVD seinen Kader zudem noch dringend verstärken muss, sieht auch Peter Niemeyer so: „Wenn wir mit so einem Kader antreten, wie er jetzt ist, können wir die weiße Fahne hissen“, sagte der 32-Jährige in der Bild. In den letzten Jahren lebte Darmstadt immer vom Zusammenhalt und der Stimmung im Team, in diesem Jahr scheint diese allerdings nicht besonders gut zu sein. So baten Slobodan Rajkovic und Marcel Heller während des Trainingslagers um ihre Freigabe. Aktionen, die es unter Schuster wohl nicht gegeben hätte und die nicht unbedingt für einen geschlossenen Zusammenhalt stehen.
Noch fehlen den Lilien mindestens drei gestandene Bundesligaakteure. Mit Artem Fedetsky und Denys Oliynyk hat man zumindest schon einmal international erfahrene Spieler ans Böllenfalltor holen können. Allerdings muss abgewartet werden, ob die Neuzugänge, die allesamt noch nicht in der Bundesliga spielten, mit den Ansprüchen im Oberhaus zurechtkommen. Immerhin konnten Kapitän Aytac Sulu und Mittelfeldmotor Jerome Gondorf gehalten werden.
Comunios Player to watch: Jerome Gondorf. Der 28-Jährige fliegt immer etwas unter dem Radar, dabei absolvierte er in der vergangenen Saison 33 Spiele (nur gegen den FC Bayern fehlte er gelbgesperrt) und erzielte dabei drei Treffer und legte vier Tore auf. Besonders zum Ende der vergangenen Saison blühte Gondorf richtig auf und war mit seinen Treffern ein Garant dafür, dass die Lilien am Ende ohne großes Zittern die Klasse halten konnten. Auch unter Meier wird Gondorf seinen Platz sicher haben und als wichtiger Akteur im Mittelfeldzentrum die Fäden ziehen.
Youngster to watch: Einen wirklichen Youngster, den man im Auge haben muss, haben die Lilien eigentlich nicht. Felix Platte wäre ein Kandidat gewesen, doch der Stürmer fällt für längere Zeit wegen eine Hüft-OP aus. Mit Antonio Colak haben die Darmstädter eine Wundertüte verpflichtet. Am Ball kann der 22-jährige Kroate eigentlich alles, doch bislang konnte er seine Klasse nicht konstant unter Beweis stellen.
Prognose: Wie schon im vergangenen Jahr ist der SV Darmstadt Abstiegskandidat Nummer 1 in der Liga. Der Unterschied zum letzten Jahr ist, dass die Lilien zum großen Teil noch von der Aufstiegseuphorie aus den Jahren zuvor getragen wurden. Der Begeisterung ist nun verflogen, zu groß ist der personelle Aderlass im Sommer gewesen. Zwar hofft man in Darmstadt noch ähnlich wie im letzten Jahr, dass sich zum Ende der Transferperiode noch die eine oder andere Personalie ergibt, aber nach derzeitigem Stand, wird der SV Darmstadt 98 in dieser Spielzeit sein blaues Wunder erleben und wohl sang- und klanglos absteigen.
Bisherige Transferaktivitäten:
Zugänge: Immanuel Höhn (SC Freiburg, 0,75 Mio.), Denys Oliynyk (Vitesse Arnheim, ablösefrei), Artem Fedetsky (Dnipro, ablösefrei), Victor Obinna (MSV Duisburg, ablösefrei), Daniel Heuer Fernandes (SC Paderborn, ablösefrei), Michael Esser (Sturm Granz, ablösefrei), Antonio Colak (1899 Hoffenheim, ablösefrei)
Abgänge: Sandro Wagner (1899 Hoffenheim, 2,8 Mio.), Slobodan Rajkovic (US Palermo, 1,8 Mio.), Christian Mathenia (Hamburger SV, 0,8 Mio.), Konstantin Rausch (1. FC Köln, ablösefrei), Marco Sailer (Wacker Nordhausen, ablösefrei), Lukasz Zaluska (Wisla Krakau, ablösefrei), Tobias Kempe (1. FC Nürnberg, ablösefrei), Milan Ivana (SV Elversberg, ablösefrei), Yannick Stark (FSV Frankfurt, Leihe), Luca Caldirola (Werder Bremen, Leihe beendet), Patrick Platins, Michael Stegmeyer (beide Karriereende)