Vorletzter in der Tabelle und bisher ohne Sieg in der Liga – der SC Freiburg kämpft gegen den Abstieg. Die Europa League könnte zur lästigen Pflicht werden.
Christian Streich hat es immer gesagt. Als halb Freiburg sich noch in den Armen lag und den Einzug des Sportclubs in die Europa League feierte, mahnte Streich bereits, dass man es in Zukunft schwer haben werde. In der kommenden Saison, so prophezeite es der Trainer, werde es sicher nicht darum gehen, die Vorjahresleistung, an deren Ende Platz fünf und der Einzug ins internationale Geschäft standen, zu wiederholen. Sondern vor allem darum, mit allen Mitteln die Liga zu halten. Wie Recht er doch hatte.
Der Saisonstart der Freiburger ist gründlich missraten: Mit mageren drei Punkten steht der Klub derzeit auf dem vorletzten Tabellenplatz, schlechter ist nur Aufsteiger Eintracht Braunschweig – die haben nur einen Punkt. In drei verlorenen Spielen und drei Remis kamen die Freiburger auf eine Tordifferenz von 8:12. Interessant dabei: Der FSV Mainz 05 hat ein Torverhältnis von 9:12, also nur ein Tor mehr geschossen. Nur stehen die Mainzer mit neun Punkten auf Platz sieben in der Tabelle. Soviel zur Aussagekraft der Statistik. Freiburgs 2:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart in der zweiten DFB-Pokalrunde dürfte da auch nur kurzweilig für Erheiterung sorgen.
Schwere Verluste vor der Saison
Wollte man dem SC Freiburg etwas vorwerfen, dann dass die Abgänge vor der Saison nicht ausreichend kompensiert wurden. Fünf Stammspieler aus der letzten Spielzeit haben den SC verlassen: Max Kruse (Borussia Mönchengladbach), Jan Rosenthal (Eintracht Frankfurt), Daniel Caligiuri (VfL Wolfsburg), Cédric Makiadi (Werder Bremen) und Johannes Flum, den es wie Jan Rosenthal zu Eintracht Frankfurt zog.
Allein Max Kruse war mit elf Toren und acht Vorlagen maßgeblich am Erfolg des SC Freiburg beteiligt; zusammen mit Jonathan Schmid sorgte er häufig für Unruhe im gegnerischen Strafraum. Jedoch: Seine Leistungen überzeugten nicht nur Christian Streich und Bundestrainer Joachim Löw, der Kruse kurzerhand mit zur USA-Reise der Nationalmannschaft nahm. Auch andere Vereine wurden auf Kruse aufmerksam, weshalb es kam, wie es in finanzschwachen Vereinen nun mal kommen muss: Kruse ging.
Neuzugänge brauchen noch Zeit
Die Breisgauer ergaben sich aber keineswegs in ihr Schicksal. Der Verein nahm Geld in die Hand – im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten – und holte neue Spieler an die Dreisam. Mike Hanke kam ablösefrei von Borussia Mönchengladbach, ebenso ablösefrei wurde der 20-jährige Franzose Christopher Jullien von AJ Auxerre geholt.
400.000 Euro überwies Freiburg für Gelson Fernandes an Sporting Lissabon, gut eine Million Euro erhielt die SpVgg Greuther Fürth für Felix Kaus. Als Königstransfer und mit rund vier Millionen Euro bisher teuerster Einkauf der Freiburger Vereinsgeschichte wurde außerdem der tschechische Nationalspieler Vladimir Darida von Viktoria Pilsen geholt. Als Leihspieler kamen zudem Vaclav Pilar, Francis Coquelin und Adimir Mehmedi zur Mannschaft.
Sinnvolle Einkäufe, die freilich noch Zeit brauchen, um sich mit dem System von Trainer Christian Streich vertraut zu machen. Immerhin hat der SC Freiburg in der vergangenen Saison vor allem als engmaschiges Kollektiv funktioniert – das frühe Pressing bei Ballbesitz des Gegners und die einstudierten Offensiv-Kombinationen werden nicht jedem Spieler in die Wiege gelegt. Und mit den Abgängen vor der Saison hat der SC einige Schaltstellen dieser Kombinationen verloren.
Erst Dortmund, dann Sevilla
Individuell konnten die Neuzugänge ihre Klasse bisher höchstens kurz aufblitzen lassen. Adimir Mehmedi hat in fünf Spielen zwar zwei Tore geschossen, war aber wegen einer roten Karte gegen Bayern München gesperrt. Beim 2:2 gegen Slovan Liberec in der Europa League gelang ihm wiederum ein Tor. Gelson Fernandes gelang in 540 Bundesliga-Minuten eine direkte Torvorlage; Stürmer Mike Hanke hat bisher nur ein Tor in der Bundesliga geschossen, dazu kommt ein Treffer gegen Stuttgart im DFB-Pokal. Königstransfer Darida ist mit einer Überdehnung des Syndesmosebandes bis voraussichtlich Anfang Oktober verletzt – es könnte aber auch noch länger dauern. Für den SC Freiburg hat er bisher keine einzige Spielminute absolviert.
In der Bundesliga wartet am kommenden Spieltag mit Borussia Dortmund ein harter Brocken auf den SC Freiburg (Samstag, 15.30 Uhr), am Donnerstag darauf geht es in der Europa League auswärts gegen den FC Sevilla, derzeit mit fünf Punkten Fünfzehnter in der spanischen Primera Division. Auf Christian Streich und seine Mannschaft kommen also strapaziöse Tage zu. Manch einer könnte vermuten, dass dem SC Freiburg das Abenteuer Europa League wegen der Doppelbelastung zur lästigen Pflicht wird – immerhin gilt es nun vor allen Dingen, in der Bundesliga Punkte zu holen. Denn wie Christian Streich schon sagte: Das Ziel kann nur sein, mit allen Mitteln die Liga zu halten.