Leverkusen in der Krise

Die Hinrunde beendete Bayer 04 Leverkusen noch ziemlich gefestigt auf Platz zwei. Doch schon die letzten beiden Hinrundenspiele deuteten an, was gegenwärtig Gewissheit ist: Bayer 04 befindet sich in einer fußballerischen Krise! Und die Champions League Teilnahme in der nächsten Saison scheint ernsthaft gefährdet. 

Das 0:1 zu Hause gegen den FSV Mainz 05 war die fünfte Pflichtspielniederlage in Folge. Acht der letzten zehn Partien verlor das Team von Trainer Sami Hyypiä. Darunter auch das 0:4 Debakel gegen Paris Saint Germain sowie die wohl noch schmerzhafter Niederlage im DFB-Pokal gegen den Zweitligavertreter aus Kaiserslautern. Die Spielfreude und der Offensivdrang, der die Werkself noch zu Beginn der Saison ausmachte, scheinen derweil komplett verflogen und keiner scheint so richtig zu wissen warum. Comunioblog macht sich auf die Suche nach Gründen.

Die über Jahre aufgebaute Wahrnehmung vom “Ewigen Zweiten“ scheint überholt

“Leverkusen hat in den vergangenen Jahren sehr seriös gearbeitet und ist zum Beispiel nie dadurch aufgefallen, die Preise auf dem Markt in die Höhe zu treiben. Über Jahre hat man sich durch gutes Management in der Spitze des deutschen Fußballs etabliert.“ Derartig lobende Worte findet beispielsweise BVB-Präsident Hans-Joachim Watzke, wenn er sich über die Arbeit von Bayer Leverkusen äußert. Aussagen die Sportchef Rudi Völler sicherlich gerne hört, wovon er sich jedoch – in der gegenwärtigen Phase – auch nichts kaufen kann.

Bayer Leverkusen: Der ewige Zweite ist Bayern-Jäger Nummer eins
leverkusen ist bayern jaeger nummer eins

Man bemüht sich um Ruhe und strukturiertes Arbeiten in Leverkusen. Es wurden keine Superstars verpflichtet, sondern in die eigene Zukunft investiert.

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Zahlreiche zweite Plätze in den vergangenen 15 Jahren brachten Leverkusen den Spottbegriff “Vizekusen“ ein. Auch wenn die vielen zweiten Plätze in den meisten Fällen sicherlich äußerst ärgerlich waren, so muss hinzugefügt werden, dass die Platzierungen dennoch einen großen sportlichen Erfolg dargestellt haben. Mit den dauerhaft positiven Ergebnissen wuchs jedoch auch eine gewisse Wahrnehmung des Clubs. “Ewiger Zweiter“ zu sein heißt eben auch, ständig besser zu sein, als die Konkurrenz aus Dortmund, Schalke und aktuell auch Wolfsburg.

Lange Zeit ging es gut, dass man in Leverkusen wesentlich weniger investierte als die direkte Konkurrenz (Kleines Zahlenbeispiel: Bayer 04 investierte in den letzten sechs Jahren 82 Millionen Euro in Neuzugänge. Schalke hingegen im gleichen Zeitraum 109 Millionen und der VfL Wolfsburg stolze 237 Millionen). Aktuell scheint sich die Mannschaft jedoch den tatsächlichen Stellenwert auf dem Markt anzupassen. Und in diesem Bild rangiert nicht mehr allein Leverkusen hinter den konkurrenzlosen Bayern, sondern die weitaus finanzstärkeren Clubs aus Dortmund, Schalke und Wolfsburg haben da ein wichtiges Wörtchen mitzureden.

Die Krise der Werkself, ist eine Krise der Führungsspieler

Zweite Auffälligkeit: Wenn auch nicht finanziell, so konnte die Mannschaft von Trainer Sami Hyypiä doch immer spielerisch mit den Spitzenteams mithalten. Selbst Bayern München bot man stets Paroli. Letzte Saison besiegte man den Triplegewinner sogar zu Hause mit 1:2. Und auch in der diesjährigen Hinrunde, trotzte man den Bayern ein 1:1 ab. Doch auch diese spielerische Ebenwürdigkeit scheint der Mannschaft derweil abhandenkommen zu sein.

Ein Hauptproblem meint Sportchef Rudi Völler bei seinen Führungsspielern ausgemacht zu haben: “Die Verunsicherung ist sehr groß, das muss man einfach so sagen – vor allem bei den älteren Spielern, und das ist das, was Sorgen macht.“ Profis wie Lars Bender, Simon Rolfes, Stefan Kießling oder Sidney Sam rennen ihrer Form meilenweit hinterher. Kießling beispielsweise hat in den letzten neun Partien einmal getroffen. Lediglich 17 Punkte spielte er zwischen dem 15. und dem 23. Spieltag ein. Eine Punktzahl, die der gebürtige Oberfranke sonst gerne an einem Spieltag sammelt. Auch Nationalspieler Sam – der bis zum 9. Spieltag bereits 77 Punkte gesammelt hatte – ist aktuell lediglich ein Schatten seines Selbst.

Stefan Kießling – Standby wider Willen

Hyypiä muss ein Zeichen setzen!

Gegenüber dem “Bonner General-Anzeiger“ bestätigte Geschäftsführer Michale Schade das Fehlen eines Leaders im Team: “Es fehlt einer, der die anderen mitreißt, der sie motiviert, der sie vielleicht auch mal in den Hintern tritt.“ Doch wer den Part übernehmen soll ist schwer zu sagen. Vor allem ist jetzt wichtig, dass Sami Hyypiä seine erste richtige Krise als Trainer von Bayer 04 richtig einschätzt und die notwendige Reaktion der Mannschaft einleitet. Kurzatmige Durchhalteparolen werden in der bevorstehenden heißen Phase, um die internationalen Plätze nichts nützen. Viel wichtiger ist ein klares Erkennen der brenzligen Situation, wie es beispielsweise Kapitän Simon Rolfes tut: “Dass es mal eine schwächere Phase gibt, ist normal. Aber das ist extrem!“

Hyypiä muss ein Zeichen setzen. Spieler wie Sidney Sam, der vielleicht mit seinen Gedanken schon beim FC Schalke 04 ist, außen vor lassen und öfter jungen, hungrigen Talenten wie Seung-Woo Ryu und Julian Brandt das Vertrauen schenken. Doch ohne verlängerten Arm auf dem Platz, wird auch das nicht reichen, die Teilnahme an der CL 2014/2015 zu sichern. In Leverkusen muss man sich auf den alten Teamspirit besinnen, der einen in der Vergangenheit stark und konkurrenzfähig gemacht hat.