Im Jahr 2003/04 gewann Werder Bremen das Double, Ailton war Torschützenkönig und bester Comunio-Spieler. Wir blicken auf die starke SVW-Saison zurück – und auf den einzigartigen Ailton!
Ausgerechnet im Münchener Olympiastadion machte Werder Bremen die Meisterschaft 2003/04 perfekt. Am 8. Mai 2004 kam es zum Gipfeltreffen zwischen dem FC Bayern und den Gästen in grün-weiß, die mit einem Sieg den Titel bereits nach 32 Spieltagen perfekt machen konnten. Eine Woche zuvor hatte Werder im Nordderby den Hamburger SV mit 6:0 abgeschlachtet – beste Voraussetzungen, um den letzten Schritt zu vollziehen.
Die erste Halbzeit lief wie gemalt: Nach dem 1:0 durch Ailtons Sturmpartner Ivan Klasnic nach bösem Fehler von Oliver Kahn verwertete Spielmacher Johan Micoud die Vorlage von Fabian Ernst, ehe Ailton in der 35. Minute zum entscheidenden 3:0 einnetzte – der Anschlusstreffer von Vize-Torschützenkönig Roy Makaay war lediglich Ergsbniskosmetik. Meisterschaft perfekt! Danach folgte Ailtons legendäres Interview: „Musse heute alles, alles, Mannschaft sehr sehr gut Spiel, sehr gut Saison, lasse gratuliere Werder Breme diese Jahr, diese Saison musse deutsche Meister.“
Nicht nur Ailton mit meisterlicher Saison
Die überragende Spielzeit des SVW auf die 28 Tore des „Kugelblitz“ zu beschränken, wäre natürlich ungerecht. Neben dem Stürmer, der mit 188 Punkten der beste Spieler der Saison war, waren noch viele andere am Titel beteiligt – zuerst natürlich Thomas Schaaf und Klaus Allofs, die damals noch gemeinsam die Geschicke des Vereins lenkten. Der Trainer ließ in seiner legendären Mittelfeldraute ein tolles Kombinationsspiel zelebrieren, das wesentlich zur Meisterschaft beitrug – ebenso wie die Viererkette um Abwehrchef Valerien Ismael.
Drei Werder-Spieler der Saison 2003/04 stehen in den Top 100 der Comunio-Punkterekorde
Für Ismael war es die erste Saison in der Bundesliga, und er avancierte gleich zum besten Verteidiger der Liga! 164 Comunio-Punkte verbuchte er – nur acht weniger als Mittelfeldmann Fabian Ernst, dem zehn Torvorlagen gelangen. Auch Johan Micoud (143), Frank Baumann (136), Mladen Krstajic (130), Ivan Klasnic (127) und Keeper Andreas Reinke (112) knackten die 100-Punkte-Marke. Es war also eine tolle Teamleistung, die am Ende den Unterschied machte.
Der Wechsel zu Schalke – Ailtons größter Fehler
„Ailton kann kein Mensch halten“, sagte Jürgen Röber, damals Trainer des VfL Wolfsburg, im Oktober 2003 über den Brasilianer, der gegen den VfL einen Doppelpack geschnürt hatte. Zwei Tage später bekam dieser Begriff eine andere Bedeutung: Ailtons ablösefreier Wechsel zu Schalke 04 im Sommer ’04 wurde verkündet – nach Verteidiger Mladen Krstajic der zweite Bremer, den S04-Manager Rudi Assauer für die Folgesaison verpflichtet hatte. Entscheidend war die Finanzkraft des Revierclubs.
Nach der Meisterfeier weinte Ailton auf dem Platz; es war zu sehen, dass er den Wechsel schon damals bereute. Statt Champions League mit Bremen spielte er UI-Cup mit Schalke. Von da an ging es bergab: Ailtons Liga-Debüt in königsblau wurde mit 0:1 gegen seinen Ex-Club Bremen verloren, im dritten Spiel sah der Mittelstürmer wegen einer Tätlichkeit die rote Karte und wurde für vier Spiele gesperrt. Trotz 14 Saisontoren – jedoch nur 46 Comunio-Punkten – verließ er die Bundesliga ein Jahr später und unterschrieb bei Besiktas Istanbul.
Inzwischen ist bekannt, dass Ailton selbst die Entscheidung, Bremen zu verlassen, als großen Fehler ansieht. „Ich habe viel geweint in den Monaten bis zum Saisonende. Zu Hause, allein in der Kabine, auf der Toilette – und immer wieder habe ich mich gefragt: Warum nach Schalke? Warum nach Schalke?“, sagte er im Interview mit niedersächsischen Kreiszeitung im Herbst 2013. Heute würde er auf Assauers Anfrage sagen: „Fahr’ wieder nach Hause!“
Zwei gescheiterte Bundesliga-Comebacks
Auch bei Besiktas Istanbul wurde der damals 32-jährige nicht glücklich, woraufhin er bereits im Januar 2006 nach Deutschland zurückkehrte – per Leihe zum Hamburger SV. Nach nur 3 Toren in 13 Spielen (21 Comunio-Punkte) entschied sich der damalige HSV-Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer gegen eine feste Verpflichtung des Brasilianers, sodass es Ailton nach Serbien und später in die Schweiz zog. Für Roter Stern Belgrad spielte Ailton nur einmal, bei den Grasshoppers Zürich traf er jedoch 10 Mal in 15 Spielen.
Daraufhin wagte Ailton eine erneute Rückkehr in die Bundesliga: Aufsteiger MSV Duisburg bezahlte 100.000 Euro für den Kult-Angreifer, dessen Comeback in Deutschland für Vorfreude sorgte. „Die Bundesliga – Sabbadu – mit Ailton!“, rief er in die Sportschau-Kameras, doch der Neuzugang blieb wieder hinter den Erwartungen zurück. Seinen einzigen Treffer erzielte er ausgerechnet gegen Ex-Club Werder Bremen, woraufhin er von den Werder-Fans gefeiert wurde und sich für das Tor sogar entschuldigte.
Zum Trainingsauftakt nach der Winterpause fehlte Ailton und wurde suspendiert; im Februar folgte der Wechsel zu Metalurg Donezk. -7 Punkte holte er in seiner letzten Comunio-Saison. Auf Donezk folgten Altach, Campinese Clube, Chongqing Lifan, der KFC Uerdingen, Oberneuland und Rio Branco, ehe er bei Hassia Bingen seine Karriere ausklingen ließ. Nach 19 Toren in 21 Spielen beendete er seine Laufbahn im Januar 2014.
Abschiedsspiel für Bremen im September
Erst vor wenigen Tagen wurde vermeldet, dass Ailton von Werder Bremen ein Abschiedsspiel erhalten wird. „Heute viel Emotion. Ist schwer, aber auch schön“, sagte der Brasilianer dazu in seiner einmaligen Art. Am 6. September werden ehemalige Bremen-Spieler wie Tim Borowski, Fabian Ernst und Frank Baumann gegen eine Südamerika-Elf spielen und die Karriere des inzwischen 40-jährigen Ailton würdigen.
106 Tore in 219 Bundesliga-Spielen und mit 504 Punkten Platz 70 in der ewigen Comunio-Tabelle – gemeinsam mit Jan Koller Platz 13 der Stürmer: trotz der ganzen Teamwechsel nach seinem Abschied aus Bremen ist und bleibt Ailtons Karriere eine sehr erfolgreiche und der Kugelblitz ist einer der Akteure, an die man sich noch sehr lange erinnern wird.