Nach dem bitteren Abstieg will der 1. FC Nürnberg direkt zurück ins Oberhaus. Doch so gut wie alle Stammkräfte sind fort und es wurde kaum Geld reinvestiert. Ist das Ziel Wiederaufstieg realistisch?

Mit Blick auf den Kader ist der Club kaum mehr zu erkennen. Zehn von elf Stammspielern sind nicht mehr da! Lediglich Torwart und Kapitän Raphael Schäfer ist geblieben – ebenso wie die Vereinsikone Javier Pinola.

Die Aufzählung der Abgänge mutet fast komisch an. Als noch alle Spieler fit waren, standen folgende Akteure auf dem Feld: Chandler, Nilsson, Pogatetz, Plattenhardt, Frantz, Hasebe, Kiyotake, Hlousek, Drmic und Ginczek. Eingewechselt: Feulner und Mak. Alle weg.

16 Abgänge: Verlust oder Chance?

Nicht nur aufgrund des verpassten Klassenerhalts war die Stimmung bei den Club-Fans in den letzten Monaten im Keller. Nach dem Abstieg wurden einige Ausstiegsklausen offenbart, die die Anhänger des FCN erzürnten. „Bader raus“ wurde schon nach dem Rauswurf von Trainer Gertjan Verbeek laut gerufen. Nun das „Verscherbeln“ von wichtigen Spielern.

Hasebe, ein Jahr zuvor für 1,5 Millionen verpflichtet – ablösefrei. Plattenhardt, Nürnbergs größtes Talent – 500.000 Euro. Eine Million für Chandler, 2,5 für Ginczek und nicht zuletzt der einzige Star der vergangenen Saison, Josip Drmic, für den man im Falle des Klasssenerhalts deutlich mehr als knapp sieben Millionen Euro bekommen hätte.

Der zwangsweise vollzogene radikale Schritt hat zunächst einen großen Verlust an Qualität zur Folge. Wenigstens mit Hasebe, Frantz und Ginczek wollte der Club in die neue Saison gehen. Andere Abgänge waren jedoch notwendig und richtig für den Neuanfang. Nur muss dieser nun, anders als geplant, ohne ein Gerüst der besseren Spieler aus dem Vorjahr funktionieren.

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Reinvestition der Transfereinnahmen? Leere Worte!

Stattdessen wurde ein neues Gerüst gebaut. Neben Schäfer und Pinola ist Rückkehrer und Routinier Jan Polak eine wichtige Stütze, während Zweitliga-Torschützenkönig Jakub Sylvestr für eine Vielzahl von Toren sorgen soll. Diese beiden Neuzugänge sind jedoch die einzigen, von denen man sicher sein kann, dass sie sofort weiterhelfen werden.

Zu Beginn der Transferperiode wurde noch davon gesprochen, dass die Transfereinnahmen sofort in den Kader reinvestiert werden sollten. Auch ein Kracher für eine höhere Ablösesumme wurde versprochen. In neun Tagen hat der FCN sein erstes Saisonspiel und beide Versprechen wurden nicht eingehalten. 18 Millionen wurden durch Spielerverkäufe eingenommen, nur vier (!) reinvestiert.

Stattdessen hat man sich einmal mehr für den Weg mit jungen Talenten entschieden. Alessandro Schöpf ist einer der Hoffnungsträger für die neue Saison, kam von der zweiten Mannschaft des FC Bayern und soll im Mittelfeld für Kreativität und tödliche Pässe sorgen. Insgesamt wurden sieben Spieler im Alter von 19 bis 23 Jahren verpflichtet – bis auf Polak ist kein Neuer älter als 25.

Passend dazu hat der 1. FC Nürnberg auch für die Trainerfrage eine junge, frische und hungrige Lösung gefunden. Valerien Ismael ist 38 Jahre alt, scheiterte zuletzt mit der zweiten Mannschaft des VfL Wolfsburg knapp am Aufstieg in die 3. Liga und soll den Club nun ins Oberhaus führen.

Ismaels neue Mannschaft – reicht die Qualität aus?

Für die Realisierung dieses Ziels strebt der Franzose einen Systemwechsel an. Von Verbeeks 4-1-4-1 über Schmidts 4-2-3-1 kehrt Ismael zur Doppelspitze in einem 4-4-2 zurück. Neben Sylvestr soll der junge Antonio-Mirko Colak auf Torejagd gehen – nach einem Doppelpack im Test gegen Valencia einer der Gewinner der Vorbereitung. Mlapa und Pekhart sind Alternativen.

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Die Schaltzentrale werden wohl Jan Polak und Alessandro Schöpf bilden – ein Kreativer neben einem Abräumer. Den Außen fehlt es jedoch an Qualität. Robert Koch kommt von Absteiger Dresden, Timo Gebhart ist ständig verletzt, Niclas Füllkrug spielte keine berauschende Saison in Fürth und Danny Blum fehlt mit einem Knorpelschaden auf unbestimmte Zeit. Gerade für die Außenbahn fordern die Fans noch immer den versprochenen Kracher.

Die Innenverteidigung ist dagegen ordentlich besetzt. Deutschlands U19-Kapitän Niklas Stark dürfte gesetzt sein, Neuzugang Dave Bulthuis hat auf der halblinken Seite die Nase vorn. Mit Ondrej Petrak steht ein für die 2. Liga hochwertiger Ersatz bereit und Linksverteidiger Javier Pinola kann ebenfalls innen spielen. Ein weiterer Neuer, der Norweger Even Hovland, muss noch knapp zwei Monate lang pausieren.

Alles in allem könnte die Qualität der Spieler zum Wiederaufstieg ausreichen, doch dazu müssen viele Faktoren passen. Dem Trainer muss es gelingen, aus den Einzelspielern ein harmonierendes System mit gutem Teamgeist zu bilden, das hinten sicher steht und gleichzeitig durchschlagskräftig ist. Viel Zeit hat Ismael dafür nicht – am zweiten Spieltag ruft das Derby in Fürth und einen Fehlstart sollte sich der Club nicht erlauben. Denn sonst wird wieder einmal alles infrage gestellt.

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