Nach fünf Jahren in Moskau kehrt Kevin Kuranyi voraussichtlich in die Bundesliga zurück. Angebote liegen ihm wohl schon vor, er muss sich nur noch entscheiden. Wohin es ihn auch zieht: Seine Rückkehr dürfte ähnlich viel Staub aufwirbeln wie sein Abschied.
Er hatte sich die Sache gut überlegt. Als Kevin Kuranyi bekanntgab, dass er den FC Schalke 04 verlassen und sich Dynamo Moskau anschließen werde, versprach er, dass er das „nach sorgfältigem Abwägen aller Argumente und vielen Gesprächen“ tue.
Das ist jetzt fünf Jahre her.
In Wirklichkeit dürfte sein Wechsel aber auch eine Flucht gewesen sein. Denn in Deutschland hatte sein Ruf in den Monaten vor dem Transfer sehr gelitten: Im Jahr 2008 war er in der Halbzeitpause des Länderspiels Deutschland gegen Russland kurzerhand abgehauen, weil er nur von der Tribüne aus zusehen durfte. Daraufhin verbannte Bundestrainer Joachim Löw ihn auf Nimmerwiedersehen aus der Nationalmannschaft – „Wer mich kennt, der weiß, dass meine Entscheidungen endgültig sind. Es gibt für Kevin kein Zurück mehr, das ist definitiv!“
Persönliche Bestleistung zum Abschied
Der Knall einer derartigen Ohrfeige ist auch außerhalb des Magnetfelds der Nationalmannschaft gut hörbar. Kuranyi wurde in der Bundesliga nicht mehr von allen so ernst genommen, wie seine Leistungen es verlangten. Zur Erinnerung: In der Saison vor seinem Wechsel erzielte Kuranyi für den FC Schalke 18 Tore und bereitete acht weitere vor.
Bei Comunio ergab das schlanke 160 Punkte. Es war seine beste Saison in neun Jahren Bundesliga mit dem VfB Stuttgart und dem FC Schalke 04; insgesamt 803 Zähler erspielte er in dieser Zeit, im Schnitt 89 Punkte pro Jahr!
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Die Tatsache, dass ein ehemaliger deutscher Nationalspieler nach einer so starken Saison ablösefrei ins fußballerische Vakuum wechselte, wirbelte noch einmal kräftig Staub auf. Doch als der sich gelegt hatte, wurde es still um Kevin Kuranyi. Nur vereinzelt – mal hier, mal da – tauchte sein Name in der deutschen Sportpresse auf.
In Russland bestritt Kuranyi in fünf Jahren 151 Ligaspiele, dabei gelangen ihm 56 Tore und 24 Vorlagen. Die Champions League, die ihm von den Moskauer Verantwortlichen angeblich versprochen wurde, blieb ein Traum.
Nur nichts überstürzen
Und heute? Kevin Kuranyi ist jetzt 33 Jahre alt. Vor ein paar Wochen hat er der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er sein Abenteuer in Russland beenden und mit seiner Familie zurück nach Deutschland ziehen wird. Vorerst will er sich wieder in Stuttgart niederlassen, dort kennt er sich aus.
Aber es ist wahrscheinlich, dass in Kürze schon der nächste Umzug auf dem Programm steht. Denn Kuranyi will in der Bundesliga auf Abschiedstournee gehen: Offenbar liegen ihm schon konkrete Angebote von Vereinen vor. Durch die Medien geistert hartnäckig das Gerücht, der FC Augsburg und Hannover 96 seien an ihm interessiert – Kuranyi ließ das bisher unkommentiert.
Der „DPA“ sagte er nur: „Ich hoffe, dass in den nächsten zwei, drei Wochen eine Entscheidung fällt. Das Wichtigste ist, am Ende die richtige zu treffen.“ Seine Flucht vor fünf Jahren hatte er sich gut überlegt, er hatte Argumente abgewägt und Gespräche geführt. Da ist es nur konsequent, dass er auf seine Rückkehr genauso gut vorbereitet sein will.