Aytac Sulu (r.) trifft in der Schlussminute für die Lilien

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Als einer der größten Underdogs der Bundesligageschichte startete der SV Darmstadt 98 in die vergangene Saison. Bis zum 6. Spieltag schlugen sich die Lilien mehr als wacker und holten tatsächlich neun Punkte aus den ersten sechs Partien. Aber mit dem Schlusspfiff in der Partie beim BVB wusste jeder in Darmstadt: „Wir können das Wunder tatsächlich schaffen!“

Am 7. Spieltag der Saison 2015/16 stand für den SV Darmstadt 98 das Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund an. Sonntagabend im Signal-Iduna-Park. 80.000 Zuschauer, eine vollgepackte Südtribüne. Auch für bundesligaerfahrene Profis ein Spiel, das besondere Emotionen weckt.

Natürlich war der BVB klarer Favorit, zeigten die Schwarz-Gelben unter dem neuen Coach Thomas Tuchel doch ansprechenden Offensivfußball und hatte bis dahin bis auf Ausnahme von einem Spiel alles weggebügelt.

„Wir wollen auch den einen oder anderen Nadelstich setzen“, hatte Lilien-Coach Dirk Schuster im Vorfeld betont und damit gezeigt, dass Darmstadt sich nach dem ebenfalls glänzenden Saisonstart in Dortmund nicht verstecken wollten. Immerhin hatten seine Jungs aus den ersten sechs Spielen fast schon sensationelle neun Punkte geholt – so mancher Experte rechnete mit dieser Punktzahl der Südhessen erst zum Ende der Spielzeit.

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Mit Selbstvertrauen und ureigenen Mitteln traten die Lilien also auch völlig unerschrocken beim Tabellenzweiten an. Klar war, dass man den Ball dem BVB überlassen werde und erst ab der Mittellinie angreifen werde, um dann bei Ballverlust schnell umzuschalten.

Rausch – Gondorf – Heller – Tor! 

Als hätten die Darmstädter ihrem Trainer eine Blaupause in die Hand geben wollen, erzielte Marcel Heller in der 17. Minute genau aus so einem Konter über Konstantin Rausch und Jerome Gondorf die völlig überraschende Führung für den Underdog. Der BVB agierte wütend, fand aber in der 1. Hälfte keine Lücke im Darmstädter Defensivverbund.

In Durchgang zwei, hielten die Lilien dem Dauerdruck des BVB dann allerdings nicht mehr stand. Pierre-Emerick Aubameyang war es, der mit seinem Doppelschlag die Partie zu Gunsten der Dortmunder gedreht zu haben schien (63., 71.) – es war bereits das 9. Saisontor des Gabuners zu diesem Zeitpunkt. Mehr als 70 Prozent Ballbesitz trugen nun also endlich Früchte und der BVB befand sich auch der Siegerstraße.

Borussia Dortmund - Darmstadt 98

Quelle: Comstats

„Wir haben schon öfter gegen tiefstehende Gegner gespielt und bisher 21 Tore geschossen. Wir finden also Lösungen. Unsere beiden Tore waren herausragend. Ich war beeindruckt über das Tempo in der zweiten Halbzeit“, sagte Tuchel damals nach dem Spiel und zeigte sich von seinen Mannen zumindest von deren Spielweise bis zur 90. Minute beeindruckt.

Denn die Lilien gaben sich gegen einen schier übermächtigen Gegner nicht auf und suchte bis zur letzten Sekunde alles, um vielleicht doch noch einen Punkt zu klauen. Und so gab es Sekunden vor dem Schlusspfiff eine Standardsituation für die Gäste.

Nach der Freistoßflanke wird Florian Jungwirth zwar zunächst abgeblockt, der Ball prallt aber von seinem Fuß zu Aytac Sulu, der aus elf Metern flach und trocken ins linke untere Eck zum vielumjubelten 2:2 einnetzt (90.).

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„Das kann man nicht in Worte fassen. Die Einstellung beim letzten Freistoß gegen uns ärgert mich enorm. Der Spieler schießt ungedeckt aus 13, 14 Metern volley in unser Tor – das ist doch keine Verteidigung. Beim 2:2 hat man nicht gesehen, dass wir unbedingt den Sieg gewollt haben“, reagierte Mats Hummels nach dem Spiel angefressen.

„Mentalität schlägt Qualität – diesen Leitsatz leben wir brutal“

Auch Tuchel war bedient: „Dass wir so bestraft werden, ist bitter. In den letzten Minuten hatten wir unnötige Ballverluste. Wir sind sehr enttäuscht. Es fühlt sich wie zwei verlorene Punkte an.“

Ganz anders war natürlich die Reaktion bei den Lilien. Schuster war „sehr stolz“ auf seine Mannschaft, Routinier Peter Niemeyer erklärte: „Mentalität schlägt Qualität – diesen Leitsatz leben wir brutal. Man sieht, was wir damit erreichen können.“

Dieser Punktgewinn zeigte dem SV Darmstadt 98, dass man als kleinster aller Davids im Land der übermächtigen Goliaths durchaus bestehen kann. Sulus Treffer war so etwas wie der Startschuss zum abermaligen Wunder, das letztlich am 33. Spieltag mit dem vorzeitigen Klassenerhalt gipfelte.

Dass diese Partie eine besondere Bedeutung hatte, wusste Torschütze Heller umgehend nach dem Spiel: „Ich werde mein Trikot heute nicht tauschen. Ich nehme es mit nach Hause und gebe es meiner Familie. Heute waren mein Bruder und meine Freundin mit im Stadion, es war ein ganz besonderes Spiel von uns.“

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