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Viele haben es längst vergessen, doch es gab eine Zeit, in der Tim Wiese zu den besten Torhütern der Liga gehörte. Der kantige Keeper steht in der ewigen Comunio-Tabelle sogar nur knapp hinter Oliver Kahn. Comunio-History!
Wäre er nicht nach Hoffenheim gewechselt, hätte Tim Wiese den Titan noch übertroffen, ohne eine einzige Hantel zu stemmen. Der Nationalkeeper war auf einem sehr guten Weg, die Marke von 1000 Comunio-Punkten in seiner Karriere zu knacken. Im Sommer 2012 fehlten ihm noch 53 Zähler.
Nach der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine suchte der damals 30-Jährige ein neues Abenteuer. 287 Comunio-Punkte für den 1. FC Kaiserslautern, 660 für Werder Bremen – wie viele es wohl für 1899 Hoffenheim werden würden?
Ende und Anfang einer Karriere
Im Kraichgau wurde Wiese von den Verantwortlichen wie ein Star begrüßt. Sein Gehalt fürstlich, seine Ansprüche hoch. „Ziel ist es, irgendwann Champions League zu spielen“, sagte er zum Start seines Engagements für die TSG. Trainer Markus Babbel übertrug ihm die Kapitänsbinde.
Beinahe in Vergessenheit geraten ist die Tatsache, dass Wieses Verpflichtung unter den Hoffenheim-Fans zunächst für Proteste sorgte. Zugunsten des Nationalspielers wurde Publikumsliebling Tom Starke aussortiert, ohne dass dieser sich Fehler geleistet hatte. Was die Anhänger betraf, stand der Transfer unter keinem guten Stern.
Wieses Start war fürchterlich. Hoffenheim ging in der ersten Pokalrunde beim Berliner AK mit 4:0 unter. In der Liga gingen die ersten drei Spiele verloren: 1:2 in Mönchengladbach, 0:4 gegen Frankfurt, 3:5 in Freiburg. Nach dem Spiel gegen den SC, in dem Wiese mehrfach patzte, verletzte sich die Nummer eins. Auch die Kapitänsbinde wurde Wiese wieder entzogen.
Vom 8. bis zum 12. Spieltag kehrte er noch einmal ins Hoffenheimer Tor zurück, der Erfolg blieb aus. Hoffenheim rutschte in den Abstiegskampf, wechselte zweimal den Trainer und noch häufiger den Torwart. Sein letztes Bundesliga-Spiel absolvierte Wiese Anfang 2013, sein Vertrag lief noch bis Sommer 2016.
Im Interview mit „Bild“ resümierte Wiese vor einigen Wochen seine Zeit bei der TSG mit interessanten Worten. „Der Hoffenheim-Vertrag war der beste Deal meines Lebens. Elf Spiele und drei Jahre bezahlten Urlaub. Wer wünscht sich so eine Zeit nicht? Das ist wie ein Lotto-Jackpot.“
Den „bezahlten Urlaub“ hat Wiese genutzt. Wenn er nicht gerade im Fitnessstudio anzutreffen war, befand er sich beim Metzger oder am heimischen Grill. Bald beginnt seine neue Karriere – als Wrestler für die WWE. Nach einer Ausbildung in Orlando will er schon im November aktiv kämpfen.
Die Hochphase in Bremen
Der letzte Abschnitt einer Karriere bleibt häufig besser in Erinnerung als die Hochphase. Fakt ist jedoch, dass Werder Bremen mit Tim Wiese als Nummer eins eine sehr erfolgreiche Zeit hatte. Zwischen 2005 und 2010 erreichten die Grün-Weißen viermal die Champions League.
Wiese war zu dieser Zeit einer der besten deutschen Keeper. Die WM 2010 und die EM 2012 erlebte er als zweiter Torhüter hinter Manuel Neuer. Fünfmal in seiner Karriere knackte Wiese die 100-Punkte-Marke bei Comunio. Mit insgesamt 957 Zählern steht er in der ewigen Tabelle nur knapp hinter Oliver Kahn.
Für seine Mentalität spricht auch die Art und Weise, wie er sich nach einem Kreuzbandriss direkt nach seinem Wechsel zu Werder zurückkämpfte. Auch Skandale wie sein Kung-Fu-Tritt gegen Ivica Olic und seine Beinschere gegen Thomas Müller bleiben in Erinnerung – ebenso wie seine Phase als Elfmeterkiller, als er im Februar 2008 drei Strafstöße in drei Spielen parierte. Was gäben Werder-Fans jetzt für einen Tim Wiese am Karrierehöhepunkt.