Die Euphorie ist groß, die Mannschaft in Form, die Kaderplanung auf Touren: Comunioblog hat das Trainingslager des SV Darmstadt 98 im Schwarzwald besucht und einige Erkenntnisse gesammelt, die für Comunio-Manager wertvoll werden können.
„Lilien im Murgtal“ – was nach einem eintönigen Rosamunde-Pilcher-Film klingt, bezeichnet die letzten sechs Tage des SV Darmstadt 98 treffend. In Klosterreichenbach, einem idyllischen Dorf mit kaum 2000 Einwohnern mitten im Nordschwarzwald, schlug der Überraschungs-Aufsteiger sein Trainingslager auf – und fand perfekte Bedingungen vor.
„Wir fühlen uns brutal wohl“, sagte Trainer Dirk Schuster im Rahmen des Testspiels gegen den Kehler FV (10:0) am Samstagnachmittag; man bekomme „fast immer jeden Wunsch von den Augen abgelesen“. In seine erste Bundesliga-Saison seit 33 Jahren geht der Überraschungs-Aufsteiger mit einer ordentlichen Portion Demut: „Wir sind angehalten, daran zu denken, wo wir hergekommen sind.“
Vor zwei Jahren waren die Lilien sportlich aus der 3. Liga abgestiegen, hielten nur aufgrund der nicht gegebenen Lizenz für die Kickers Offenbach die Klasse. Danach folgte der Durchmarsch in die Bundesliga. „Die Mannschaft hat große Fortschritte gemacht“, resümiert Schuster. Auch qualitativ hat sich der SV98 stark verbessert.
Nicht durch attraktiven Offensivfußball, sondern durch mannschaftliche Geschlossenheit, defensive Kompaktheit und simples, klar strukturiertes Spiel nach vorne hat sich Darmstadt für die Bundesliga qualifiziert. Diese Marschroute wird im Oberhaus beibehalten – und strahlte auch bei den beiden Testspielen durch, die ohne Gegentor beendet wurden.
Rausch im Mittelfeld eingeplant – Sailer als Edeljoker?
Die ganze Mannschaft des SV Darmstadt kostet bei Comunio in etwa so viel wie Bayerns Top-Neuzugang Douglas Costa. Umso interessanter wird die eine oder andere Anlage im Managerspiel. Das Trainingslager gibt in vielen Punkten Aufschluss darüber, wie die Mannschaft zum Saisonstart aussehen wird.
Neuzugang Konstantin Rausch spielte am Samstag wie bereits vier Tage zuvor im linken Mittelfeld und harmonierte stark mit Linksverteidiger Holland sowie den zentralen Offensivspielern. Zudem übernimmt der Ex-Hannoveraner bei Standards Verantwortung, wird als wichtige Stütze in die Saison gehen. Trainer Schuster betonte die „enorme“ Wichtigkeit der Bundesliga-Erfahrung in Kader und Umfeld, die den Spielern helfen soll.
Auch Mario Vrancic verfügt über diese Erfahrung, ist im zentralen Mittelfeld gesetzt – ebenso wie Marcel Heller rechts im Mittelfeld. Im Test gegen Kehl trumpften vor allem die Stürmer Dominik Stroh-Engel (zwei Tore) und Marco Sailer (drei Tore) auf – Letzterer kämpfte sich immer wieder durchs Zentrum, präsentierte sich wendig und ballsicher und traf zweimal per Kopf. Der Kult-Bart (Comunio-Marktwert: 830.000 Euro) kann auch im Oberhaus zu einer starken Waffe werden.
_________________________________________________
SV Darmstadt 98 – Kehler FV 10:0 (4:0)
Aufstellung Darmstadt: Platins – Jungwirth, Sulu (66. Montalvo), Gorka, Holland (46. Stegmayer) – Gondorf (46. Stark), Vrancic (66. Ech-Chad) – Heller (46. Winter/Testspieler), Kempe (46. Rosenthal), Rausch (46. Ivana) – Stroh-Engel (46. Sailer)
Tore: 1:0 Sulu (6.), 2:0 Stroh-Engel (8.), 3:0 Rausch (15.), 4:0 Stroh-Engel (21), 5:0 Stegmayer (59./FE), 6:0 Sailer (68.), 7:0 Winter (70.), 8:0 Sailer (73.), 9:0 Sailer (89.), 10:0 Stark (90.)
_________________________________________________
Für den verletzten Sandro Sirigu spielte der gelernte Mittelfeldspieler Florian Jungwirth rechts in der Viererkette, in der Kapitän Aytac Sulu (zuletzt 156 Comduo-Punkte) seinen Platz am sichersten hat. Sein Treffer zum 1:0 gegen Kehl erfolgte nach einer Standardsituation und demonstriert die Torgefährlichkeit des Verteidigers, die bei Comunio ein Trumpf sein kann.
Eine wirkliche Schwachstelle offenbarte Darmstadt am Samstag trotz zahlreicher Engpässe im Kader nicht. Die Mannschaft harmonierte, ließ defensiv überhaupt nichts anbrennen und kam im Angriffsspiel immer wieder zum Zug. Die von Schuster angesprochenen Fortschritte werden anhand des Ergebnisses deutlich, das im Vergleich zum Vorjahr um acht Tore höher ausfiel.
Neuzugänge? „Der Trainer wird nicht unruhig“ – Noveski kommt nicht
Trotz allem sind natürlich einige weitere Neuverpflichtungen von Nöten – mit 18 Mann im Profi-Kader kann man kaum in die Saison gehen. Zwar demonstrierten die Angreifer im Testspiel Stärke, doch ein echter Mittelstürmer steht nach wie vor auf der Agenda. Marco Sailer kann auch eine Reihe tiefer zum Einsatz kommen.
Die wichtigste Baustelle ist nach wie vor die Innenverteidigung, wo Sulu und Gorka aktuell die einzigen etablierten Spieler im SV98-Kader sind. Eine Verpflichtung von Routinier Nikolce Noveski hat sich inzwischen zerschlagen, Werders Luca Caldirola steht dagegen noch auf dem Zettel. Auch einen Rechtsverteidiger könnte der Aufsteiger noch gebrauchen.
Testspieler Adrian Winter, der zuletzt beim FC Luzern unter Vertrag stand, wird dagegen nicht bleiben. Obwohl sich der Schweizer am Samstag gut präsentierte, an einigen Angriffen beteiligt war und ein Tor erzielte, entschieden sich die Verantwortlichen gegen eine Verpflichtung. Auch ein Außenspieler wird somit noch gesucht.
Dass der Kader immer noch alles andere als prall gefüllt ist, bereitet Dirk Schuster jedoch keine schlaflosen Nächte. „Der Trainer wird gar nicht unruhig“, stellte der 47-Jährige klar, obwohl sich die Verhandlungen hinziehen. Der Kader wird erst voll sein, wenn das Transferfenster geschlossen ist. „Wir können mit den anderen Bundesligisten nicht mitbieten“, meint Schuster. „Wenn wir unseren Hut in den Ring geworfen haben und ein anderer wird auf den Spieler aufmerksam, können wir ihn wieder rausziehen.“
Auswirkungen auf die Euphorie in Darmstadt hat dieser Umstand jedoch keineswegs. „Wir werden jedes Spiel ausverkauft sein“, verkündet Präsident Klaus Rüdiger Fritsch. Bereits in den ersten Verkaufstagen gingen alle verfügbaren Dauerkarten an den Mann.
Auch in puncto Personalstruktur bleibt man sich treu und setzt auf eine geringe Anzahl von Mitarbeitern. „Wir haben hier keine Lust auf Eskapaden.“, meint Fritsch. „Wir brauchen hier einfach Leute, die die Lilie im Herzen tragen. Bei uns machen zwei Leute die Arbeit von fünf, das spiegelt sich auch in der Authentizität wider.“ In Darmstadt arbeitet man hart, effektiv und mit Herz – diese Fußballromantik der Lilien war auch im Murgtal deutlich zu spüren.