Schaffen die Isländer es erstmals, sich für eine Weltmeisterschaft zu qualifizieren? Die Chancen gegen Kroatien sind gering – aber vorhanden. Vor allem im Hinspiel setzt man auf das nordische Wetter.

„Es ist November. Und wir spielen auf Island. Da ist selbst für uns das Wetter immer eine spannende Angelegenheit“, sagte Eidur Gudjohnsen, ehemaliger Star vom FC Barcelona, mit einem süffisanten Lächeln. Das Wetter. Das könnte einer großen Faktoren werden, wenn die isländische Fußball-Nationalmannschaft am heutigen Abend Kroatien zum Hinspiel der Play-offs in Reykjavik begrüßt. Denn eine Fußball-Nationalmannschaft aus Island konnte sich bisher noch nie für eine Weltmeisterschaft qualifizieren.

Natürlich ist das Stadion ausverkauft. Auf der 320.000-Einwohner-Insel waren die Tickets in nur wenigen Stunden vergriffen. Nicht nur, dass Island seine WM-Premiere feiern würde. Es würde auch Trinidad und Tobago als bisher kleinstes Teilnehmerland ablösen. Schon jetzt herrscht der totale Ausnahmezustand auf der kleinen nordischen Insel. Die nationalen Radio- und Fernsehsender berichten stündlich über Neuigkeiten aus der Mannschaft des schwedischen Trainers Lars Lagerbäck.

Acht-Tore-Wahnsinn gegen die Schweiz

Die Isländer, die nicht gerade für ihre überschwängliche Euphorie oder Fußballbegeisterung bekannt sind, unterstützen ihr Team gerade wo sie nur können. Jeder will dabei sein, wenn Historisches geschafft werden kann. Dass man für die Erfüllung des Traumes aber nicht nur eine starke Leistung im Hin- sondern auch im Rückspiel gegen einen schier übermächtigen Gegner leisten muss, das scheinen derzeit viele im großen Emotionstrubel zu vergessen.

Aber mit einem Blick auf das letzte Spiel in der WM-Qualifikation gegen die Schweiz kann das auch schonmal passieren. Mit 1:4 lag man schon zurück. Doch dann drehte Island auf und sorgte mit einem spektakulären 4:4-Remis für Jubelstürme auf und neben dem Platz. Dabei muss man Island inzwischen sogar als Fußballzwerg durchaus ernst nehmen. Nur noch zwei Spieler verdienen ihr Geld in Island.

Einige Spieler haben ihre internationale Klasse bereits unter Beweis gestellt. Gylfi Sigurdsson, ehemals für 1899 Hoffenheim unterwegs, zeigt in der Premier League bei Tottenham Hotspur, das er ein internationaler Topspieler ist. Und auch Eidur Gudjohnsen hat noch immer einige Klasse – trotz seiner 35 Jahre. Für ihn, der 2009 mit dem FC Barcelona die Champions League gewinnen konnte, wir das Spiel in seiner Heimatstadt Reykjavik etwas ganz besonderes. Es könnte die Krönung einer tollen Karriere sein für den Spieler, der inzwischen beim FC Brügge sein Geld verdient.

WM-Playoffs: Kampf um die letzten Startplätze

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Wetter als Vorteil für die Gastgeber

Dabei soll vor allem das kalte Wetter eine entscheidende Rolle im Kampf um das WM-Ticket spielen. „Die Kroaten müssen sich warm anziehen. Es wird richtig kalt. Das Dach ist halb offen, es zieht mächtig“, sagt Eyjolfur Sverrisson, der beim VfB Stuttgart aktiv gespielt hat und inzwischen die U 21 der Isländer trainiert. Der Wind könnte tatsächlich einen großen Faktor spielen. Denn spielerisch sind die Kroaten mit Bundesliga-Legionären wie Mandzukic, Perisic, Olic oder Badelj wesentlich besser besetzt.

Island wird seine mannschaftliche Geschlossenheit dagegen setzen. Allen voran Kolbeinn Sigthorsson, der in den letzten vier Spielen bereits vier Treffer erzielen konnte, soll dabei neben dem Wetter eine wichtige Rolle spielen. Der Ajax-Angreifer sagt selber: „Es ist unglaublich, zu der Mannschaft zu gehören, wenn es so gut läuft. Die Leute sind von uns begeistert. Es geht mit dem isländischen Fußball wieder aufwärts.“

Nach den tollen vergangenen Auftritten in der WM-Quali herrscht die Zuversicht bei Island. Trainer Lagerbäck meint: „Wir treffen zwar auf einen erfahrenen Gegner, haben aber eine realistische Chance, wenn wir unser Tor sauber halten und das Spiel kontrollieren.“ Was trotz aller Underdog-Statements dennoch nicht zu missachten ist. Auch für Island steht viel auf dem Spiel. Denn: „Wenn es in diesem Jahr nichts wird, dann glaube ich nicht, dass es in den nächsten zehn oder 20 Jahren klappt“, gibt der Ex-Bayern-Spieler Asgeir Sigurvinsson zu. Aber Verteidiger Ragnar Sigurdsson hat die passende Antwort für alle Island-Fans auf den Lippen: „Wir haben gute Chancen. Fußball ist unvorhersehbar.“ Und das isländische Wetter definitiv auch.