Peter Neururer übernahm den VfL Bochum in der letzten Spielzeit in einer prekären Situation – und führte den Klub mit einer wahnsinnigen Serie zum Klassenerhalt. Doch nach elf Spieltagen in der neuen Saison scheint es so, als wäre der Neururer-Effekt verpufft.

Im Mai dieses Jahres wurde Peter Neururer als Zauberer gefeiert. Einem völlig enttäuschendem VfL Bochum hauchte Neururer, der wenige Monate zuvor dem Tod nach einem Herzinfarkt noch von der Schippe springen konnte, neues Leben ein. Mit vier Siegen am Stück sicherte er dem Revierklub den Klassenerhalt. Nach dieser fulminanten Siegesserie versuchte Neururer im „Spiegel“ sein Erfolgsrezept zu beschreiben: „Dann hast du natürlich auch den Effekt bei der Mannschaft. Wie die Trainingsprogramme ablaufen oder auch nicht, das spielt überhaupt keine Rolle. Denn all das, was der Alte sagt, tritt plötzlich ein.“

Alles schien irgendwie von selbst zu laufen. Und genau dieser Punkt könnte jetzt zum Knackpunkt werden. Denn in der neuen Spielzeit scheint dieser magische Neururer-Effekt verpufft zu sein. Denn nach elf gespielten Spielen steckt Bochum wieder mitten im Abstiesgakampf. Elf Punkte bedeuten Platz 17 in der Tabelle. Die Formkurve zeigt nach fünf Niederlagen in Folge nach unten. Vor allem die Pleiten gegen direkte Konkurrenten wie den VfR Aalen, SV Sandhausen und FC Ingolstadt zeigten eklatante Schwächen im Spiel der Ruhrpott-Elf.

Der Druck nimmt zu

Nach einer solchen Niederlagen-Serie wird natürlich immer als erstes der Trainer in Frage gestellt. Das ist auch in Bochum nicht anders. Aber noch hat Neururer die Rückendeckung der Fans. Auf der vergangenen Jahreshauptversammlung am Montag gab es von den anwesenden Fans Applaus für den 58-jährigen Trainer. Auch vom VfL-Aufsichtsrats-Boss Hans-Peter Villis gibt es Rückendeckung: „Neururer ist und bleibt der richtige Mann für uns!“ Aber Einmal in einen Negativstrudel geraten, ist es schwer, aus selbigem herauszukommen. Das sah man zuletzt beim Absteiger aus Aachen, der inzwischen in der Versenkung der Regionalliga West angekommen ist.

Natürlich weiß auch Neururer, dass es langsam für ihn eng wird. Aber: „Gedanken an die nächste mögliche Niederlage dürfen erst gar nicht aufkommen. Je mehr man davon redet, umso schneller setzen sich solche miesen Gedanken fest“, so der Fußballtrainer. Er wolle gemeinsam mit den VfL-Fans im Rücken „die Angst besiegen“. Die nächste Chance dazu gibt es heute Abend im Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Ein wahrlich schwieriges Unterfangen, denn die roten Teufel sind unter dem neuen Trainer Kosta Runjaic richtig in Schwung gekommen.

Und weil auch der FC Ingolstadt langsam unter Ralph Hasenhüttl heiß läuft und Dynamo Dresden am Wochenende knapp gewinnen konnte, wird es eng für den VfL Bochum. Immerhin konnte Bochum seinen letzten Sieg ausgerechnet gegen den bis dahin ungeschlagenen Spitzenreiter von der SpVgg Greuther Fürth feiern. Diesen Überraschungssieg wollen Neururer und Co. gegen Kaiserslautern wiederholen.

Ingolstadt: Ein potentieller Absteiger?

Der FC Ingolstadt war mit Marco Kurz als Trainer und Königstransfers wie Almog Cohen und Tamas Hajnal als Aufstiegsfavorit in die Saison gestartet - und ist jetzt Abstiegskandidat Nummer eins.

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Psychologe Neururer ist gefragt

Dass der VfL Bochum vom Spielermateriel her die Klasse halten kann, steht nicht zur Debatte. Mit Spielern wie Andreas Luthe, Ken Ilsö oder Christian Tiffert hat der VfL erfahrene Spieler in seinen Reihen, die eine Mannschaft führen können. Aber man muss sich auch in Bochum eingestehen, dass es zu mehr als einem Platz im Mittelfeld nicht reichen wird. Dafür fehlt es in der Spitze und Breite an der nötigen Qualität. Deswegen ist vor allem der Psychologe Neururer gefragt – wie schon zum Ende der letzten Spielzeit. „Wir haben gezeigt, dass wir es besser können. Das Wissen muss sich wieder in unseren Köpfen festsetzen“, so der VfL-Coach.

Und als Motivator und Psychologe ist Neururer so gut wie kaum ein anderer. Vor dem wichtigen Heimspiel gegen Kaiserslautern nimmt er seine Mannschaft in Schutz und will den Druck von ihr und auf sich nehmen: „Wenn sie das tun, beziehe ich die Pfiffe nur auf mich. Nicht auf das Team. Aber wir werden uns auf alle Fälle stellen.“ Und so leicht, wie die Siegesserie in der vergangenen Spielzeit begann, so schwer ist es jetzt, aus dem Strudel herauszukommen.

Neururers Erklärungsansatz klingt leicht: „Die blanke Angst war bei den Spielern spürbar. Nur Siege geben uns verlorene Sicherheit zurück. Wir müssen jetzt weiter ganz hart arbeiten.“ Und weiter sagt der Coach: „Wir sind nicht am Ende mit unserem Latein, sondern erst am Anfang.“ Aber ist das nicht alles ein wenig zu einfach? Wenn heute Abend die sechste Niederlage am Stück folgen sollte, kann man nicht nur immer darüber sprechen und darstellen, dass man alles im Griff hat. Denn inzwischen punktet die Konkurrenz. Und wenn der VfL Bochum nicht schnellstmöglich das Ruder umreißen kann, dann muss man auch den Zauberer Peter Neururer in Frage stellen.