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Es hätte so schön sein können: Ein bisschen durch Europa jetten, „daheim“ eine solide Runde spielen und sich ansonsten im schönen Breisgau im Schatten des ganz großen Zirkus betulich weiter entwickeln. So, wie man es eben immer macht im Schwarzwald. Doch es kam ganz anders.
Dass man zahlreiche Leistungsträger nach einer starken Saison gleich wieder abgeben muss, daran hat man sich in Freiburg längst gewöhnt, das ist das Geschäftsmodell, das Bundesligafußball an der Dreisam ermöglicht. Dass man aber schon im Juli, also bevor die Saison eigentlich begonnen hatte, nach zwei wenig glamourösen Spielen gegen Domzale die Europa-Reisepläne wieder einmotten musste, war ein herber Schlag fürs Gemüt.
Bunte Abwehr
Und ist erstmal der Wurm drin, frisst er sich immer tiefer ins Gebälk. Und so muss Trainer Christian Streich vor allem in seiner defensiven Dreierreihe immer wieder basteln: Die etatmäßigen Innenverteidiger Niedermeier und Gulde waren seit Saisonbeginn verletzt, Marc Oliver Kempf und Philipp Lienhart mussten sich im Verlaufe der Saison auch schon verletzungsbedingt abmelden und Caglar Söyüncü holte sich schon früh in der Hinrunde eine Rote Karte ab. Die einzige Konstante in Streichs Hintermannschaft ist Kapitän und Routinier Julian Schuster, der in 13 Einsätzen von Beginn an schon viermal ein Minus eingefahren hat, eigentlich aber eine solide Runde spielt. Philipp Lienhart ist mit 20 Punkten aus immerhin schon neun Einsätzen ist punktbester Defensivakteur und könnte nach Verletzung am Wochenende gegen den HSV wieder in die Startelf rücken. 1.330.000 sind übrigens aktuell ein Kurs, der für Manager interessant sein könnte, die noch einen Abwehrspieler auf dem Einkaufszettel haben.
Problemzone Mittelfeld
Immer wieder wechselnde Formationen, wenig Konstanz und keiner, der sich als Leader empfiehlt: Das Mittelfeld ist die Problemzone Nummer 1 der Freiburger. und das schlägt sich auf auf die Comunio-Punkte nieder. So steht bei fünf etatmäßigen Mittelfeldspielern ein Minus, einzig Neuzugang Kapustka hat mit 14 eine nennenswerte Anzahl Punkte auf dem Konto. Um die Schwierigkeiten zu illustrieren, mit denen man in Freiburg seit Beginn der Saison zu kämpfen hat, reicht ein Blick auf die Bilanz von Mike Frantz: Der Sechser sammelte in der vergangenen Saison 54 Punkte und sorgte mit dafür, dass der Freiburger Höhenflug bis kurz vor Europa führte. In dieser Runde steht der robuste Kämpfer bei minus vier – und aufgrund eines Innenbandabrisses im Knie wird sich an dieser Bilanz kurzfristig nicht mehr viel ändern.
Das Problem: Der Kader gibt hier nicht besonders viel her, schon gar nicht auf einem Niveau, das eine ruhigere Rückrunde erhoffen lassen könnte. Gut möglich, dass im Winter nachgebessert wird, denn in der Hinterhand hat Christian Streich mit Blick auf seine Trainingsgruppe niemanden mehr.
Der Joker muss ran
In vorderster Front lastet die Verantwortung fürs Toreschießen jetzt nahezu alleine auf den Schultern vom besten Joker der Ligageschichte: Nils Petersen „muss“ in ungewohnter Rolle wohl bis auf weiteres von Beginn an ran, anstatt wie erfolgreich geübt, von der Bank zu kommen. Denn der etatmäßige Mittelstürmer Florian Niederlechner fällt mit einer schweren Verletzung für den Rest der Saison aus, Neuzugang Ryn Kent konnte seinen schmalen Einsatzzeiten bisher nicht nutzen, um nachhaltig Werbung in eigener Sache zu machen. Tim Kleindienst, der in den ersten vier Spielen dreimal von Beginn an ran durfte, ist völlig außen vor, genauso wie Karim Guédé.
Gewinner Terrazzino
Der große Gewinner der Freiburger Hinrunde heißt Marco Terrazzino. Der Deutsch-Italiener hatte in der Vorsaison bei der TSG Hoffenheim praktisch keine Einsatzzeiten und auch in diesem Jahr gab es für den Stürmer angesichts der erdrückenden Konkurrenz nahezu null Aussicht auf Spielzeit. So griff man in Freiburg kurz vor Saisonstart zu und dürfte diese Entscheidung noch nicht bereut haben. Zwar hat Terrazzino, der in der Regel etwas zurück versetzt agiert, noch kein Tor auf dem Konto, dafür aber immerhin 26 Punkte – und ist damit punktbester Freiburger. Und wer ihm seit Saisonbeginn die Treue gehalten hat, hat davon auch finanziell profitiert: Von 280.000 (Juni 2017) kletterte der Marktwert des ehemaligen Tribünenkandidaten zwischenzeitlich auf 2.570.000 (September 2017).
Endspielwochen
Zugegeben, „Endspielwochen“ stehen noch nicht an, aber mit dem Dreier Mainz, HSV, Köln geht es gegen drei Konkurrenten, gegen die reichlich Punkte drin sein müssen, will man nicht vor der Winterpause den Anschluss an sorgenfreiere Tabellenregionen verlieren. Und es geht doch: Gegen Mainz wurde der erste Dreier nach zuvor fünf sieglosen Spielen (ein Punkt) eingefahren – mit einer zwar nicht starken, aber soliden und kompakten Leistung. Heute Abend kommt der HSV und wir werden sehen, welche Truppe Christian Streich ins Rennen schicken wird. Klar ist nur, dass Marc Oliver Kempf – zuletzt zweimal über 90 Minuten in der Innenverteidigung – verletzungsbedingt nicht dabei sein wird, Aber das kennt man ja schon im Breisgau.