Am Ende herrscht Erleichterung in Mainz.

Foto: © imago images / Rene Schulz
Beim FSV Mainz ist man mit einem Dauerschrecken davon gekommen: Die eigentlich begabte, auch teure Mannschaft verschliss einen Trainer und blieb beinahe ein Jahr lang unter den Erwartungen. Potenzial ist da.

Spieler der Saison

Robin Quaison war zwei Drittel der Saison auf einem richtig guten Weg, aus einem insgesamt enttäuschenden Mainzer Kader positiv herauszuragen: Bis zum 24. Spieltag hatte der Schwede schon zwölfmal getroffen. 104 Zähler in 23 Spielen sind eine saustarke Bilanz. Danach kam von dem Angreifer allerdings nicht mehr viel: Erst am 33. Spieltag traf er wieder.

Auch Robin Zentner hat sich wenig vorzuwerfen: In 21 1/2 Spielen sammelte der Torwart 58 Punkte. Im letzten Spiel vor der Coronapause verletzte er sich und kehrte danach nicht mehr ins Tor zurück.

Enttäuschung der Saison

Jean-Philippe Mateta hatte sich in der Vorsaison für ganz große Hoffnungen empfohlen: 150 Zähler hatte der junge Franzose auf Anhieb gesammelt, 14 Treffer sind für Mainzer Verhältnisse beinahe historisch. Entsprechend optimistisch war man, dass Mateta es auf seiner Abschiedstour – es schien sicher, dass der 23-Jährige spätestens nach dem Ende der gerade abgeschlossenen Saison den berühmten „nächsten Schritt“ machen wird – nochmal richtig krachen lassen würde.

Aber Mateta verletzte sich vor Saisonbeginn schwer, fiel nahezu die komplette Hinserie aus – und riss auch danach nicht mehr viel. Drei Treffer, eine saudumme Gelb-Rote-Karte und 31 Punkte in 18 Spielen sind die Bilanz. Ein Arbeitsnachweis, der den eigentlich so torgefährlichen Mann doch noch eine Ehrenrunde im Rheinhessischen drehen lässt. 

Die Comunio-Elf der Bundesliga-Saison 2019/20

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Mittelfeld: Filip Kostic (Eintracht Frankfurt) - 174 Punkte | Bildquelle: imago images / HMB-Media

Größte Baustelle

Das Problem am Mainzer Kader: Es gibt keine richtige Baustelle, der Kader an sich ist die Baustelle. Die Mannschaft sei zu oft keine Mannschaft gewesen, monierte Kapitän Danny Latza erst intern, später wurde die Analyse auch noch öffentlich – und bestätigt damit den Eindruck, den Beobachter über eine ganze Saison gewinnen mussten. Qualitativ darf man mit dieser Truppe niemals in Abstiegssorgen geraten, überall gibt es Könner, die mehr können. 

Mögliche Probleme

In diesen Tagen geht die – nunja – Enthüllung durch die heimische Presse, dass Co-Kapitän Daniel Brosinski von Trainer Achim Beierlorzer in einer Mannschaftssitzung für die letzten Spiele eine klare taktische Marschroute eingefordert hat. Daraus lässt sich Zweierlei ableiten: 1.: Die Mannschaft braucht Führung, um nicht hilflos ins Spiel zu gehen. Gesehen beim offensiv harmlosen 1:1 gegen Aufsteiger Union Berlin, wo Mainz über 45 Minuten in Überzahl spielte und keinerlei Gefahr heraufbeschwören konnte. 2.: Trainer Beierlorzer hat seine Mannschaft zu lange nicht dort abholen können, wo sie steht.

Gelingt das wieder nicht, droht erneut eine schwere Saison. Denn der Kader dürfte weitestgehend unangetastet bleiben. Kämpfen Brosinski und andere Führungspersönlichkeiten wie Stefan Bell und Danny Latza mit Verletzungen oder sich selbst, fehlen Emotionen und Antrieb. Der Rest ist Abwärtsspirale …

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Mögliche Überraschung

Dass sich nahezu alle Mainzer verbessern werden, darf demnächst niemanden überraschen. Dafür lag zu viel Potenzial brach. Einer, der es abgerufen hat, wurde schon im Endspurt wieder wichtig – und das wiederum war angesichts des großen personellen Angebots im Mainzer Mittelfeld etwas überraschend: Kapitän Danny Latza sorgte hinter den Kulissen und auf dem Platz dafür, dass wenigstens die kleinstmögliche Hürde übersprungen wurde. Eine Bank mit Potenzial.

Bis zum 18. Spieltag hat Jean-Paul Boetius abgeliefert wie ein Großer: Immer in der Startelf, vier Tore, 70 Punkte. Danach ist irgendwas passiert und der letztjährige 100-Punkte-Mann fand nicht mehr so recht in die Spur – bis zum 33. Spieltag. Tor, zwölf Punkte, Klassenerhalt, Party. In der kommenden Runde wird die kreative Offensivkraft einen neuen Anlauf nehmen, den ganz großen Durchbruch zu schaffen. Möglich ist das allemal.

Youngster to watch

Wenn ihr die Gelegenheit bekommt: Holt euch mal Jonathan Burkardt ins Team. Der Junge kratzt schon seit letztem Jahr daran, endlich regelmäßig Teil des Spieltagskaders zu werden. Aber weder unter Sandro Schwarz, noch unter Nachfolger Achim Beierlorzer wollte das bisher gelingen. Im Saisonendspurt hat nun die totale Verunsicherung im Kader den jungen Angreifer ins Team gespült – und gegen den BVB ist dem 19-Jährigen das vielleicht wichtigste 05-Tor der Saison gelungen: Das 1:0 war der Dosenöffner zum Klassenerhalt. „Jonny“ wird näher ans Team rücken. Dringend im Auge behalten.

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Gerüchteküche

Ausgerechnet Pierre Kunde, einer der auch wegen wichtiger Tore in der Rückrunde noch etwas positiver wahrgenommenen Mainzer, sagte schon unmittelbar nach dem Klassenerhalt ungewohnt offen, dass er bei einem besseren Angebot nicht zögern würde, zu wechseln. Der Abgang des Kameruners, der 2016 von Atlético Madrid gekommen war, wäre eine Schwächung.

Auch aufgrund der anhaltenden Auswirkungen der Corona-Krise ist Sportchef Rouven Schröder daran gelegen, den Kader zu verkleinern. Es ist gut möglich, dass es am Rhein in Sachen Transfers eher ruhig zugehen wird, „weil wir ja wissen, wie diese Mannschaft funktioniert und wir ja auch gesehen haben, was in dieser Truppe steckt. Ich gehe davon aus, dass wir mit diesem Kader planen, weil wir aktuell auch keine Angebote haben für unsere Spieler.“ Sollte sich doch noch ein potenter Abnehmer für Mateta finden, könnte Philip Hofmann spannend werden. Zumindest wollen die „Badischen Neuesten Nachrichten“ den Stürmer vom Karlsruher SC bereits im Fokus des Bundesligisten wissen. Ansonsten gilt: Wenig Geld im Markt, eine schwache Saison der Wechselkandidaten, da fehlt vielerorts die Phantasie für allzu wilde Transferstrategien.

Zugänge: Dimitri Lavalée (Standard Lüttich, Abwehr), Alexandru Maxim (Mittelfeld, Leihende), Ahmet Gürleyen (Abwehr, Leihende), Aaron Seydel (Sturm, Leihende), Marin Sverko (Abwehr, Leihende)

Abgänge: Jeffrey Bruma (VfL Wolfsburg, Abwehr, Leihende)

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