Soll hinten dicht machen: Leon Balogun

Foto: © imago /Newspix
Leon Balogun ist der einzige Bundesligaspieler in Nigerias Nationalteam, unter Trainer Gernot Rohr ist der Verteidiger des 1.FSV Mainz 05 als wichtige Stütze mit Erfahrung in der Abwehr gesetzt. In einer letzten Presserunde für seinen alten Arbeitgeber – nach der WM wechselt der 29-Jährige in die Premier League – gab Balogun noch einmal Auskunft über „seine“ Nationalmannschaft, Hoffnungen und Ziele.

Leon Balogun über…

seine Identifikation mit Nigeria (Leon Balogun wurde in Berlin geboren und ist in Deutschland aufgewachsen):

„Auch wenn man hier groß geworden ist, wird man nie hundertprozentig als Deutscher wahrgenommen. Man sieht mir ja an, dass ich kein typischer, klassischer Deutscher bin. Dementsprechend ist da schon eine hohe Identifikation mit Nigeria da, obwohl mich mit Deutschland natürlich noch mehr verbindet. Ich habe auch eher die Werte und die Mentalität eines Deutschen, aber mit meiner Lebenseinstellung fühle ich mch dort schon sehr wohl. Ich genieße es extrem, wenn ich in Nigeria bin, das Essen, diese etwas entspanntere Mentalität, wo nicht alles Schlag auf Schlag getaktet sein muss. Die Menschen dort sind mit sehr wenig glücklich zu machen. Das imponiert mir auf der einen Seite, erdet mich aber auf der anderen auch. In meiner Brust schlagen definitiv zwei Herzen – eines für Deutschland, eines für Nigeria und beide sehr, sehr laut.“

Nigerias Nationaltrainer Gernot Rohr:

„Zum einen bringt Gernot Rohr eine riesen Erfahrung mit, was den afrikanischen Fußball angeht. Er kennt die Mentalität, die Kultur. Er hat unheimlich viel Disziplin rein gebracht, die deutsche Komponente. (schmunzelt) Wir haben eine sehr, sehr lockere Grundstimmung (im Team), was grundsätzlich nichts Schlechtes ist, aber auf dem Platz darf sich das natürlich nicht bemerkbar machen. Und da hat er es sehr, sehr gut verstanden, uns eine gewisse Struktur zu geben. Dementsprechend sieht man auch seine Handschrift, wir waren sehr diszipliniert in unseren Auftritten, wir haben Mannschaften wie Argentinien geschlagen, Polen oder Afrikameister Kamerun.“

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die Qualität der „Super Eagles“:

„Was das Gesamtpaket anbelangt, wie wir als Kollektiv funktionieren, sind wir die stärkste afrikanische Mannschaft. Wir haben Stars in der Mannschaft, wenn auch nicht auf dem Niveau eines Mo Salah aus Ägypten. Aber ein Alex Iwobi ist ein sehr junger Spieler, der aber schon sehr weit ist oder auch ein Victor Moses vom FC Chelsea. Natürlich John Obi Mikel, der jahrelang einen Riesenruf genossen hat. Aber das Team steht trotzdem über allem und ich glaube, dass wir das den anderen afrikanischen Mannschaften voraus haben. Das war auch der Grund, warum wir uns so klar qualifiziert haben.“

seine Rolle in der Nationalmannschaft Nigerias:

„Ich bin ja jetzt schon ein bisschen bei der Nationalmannschaft dabei, habe unter Gernot Rohr auch immer gespielt und dabei von ihm immer wieder das Gefühl bekommen, wie wichtig ich für ihn bin. Und mit diesem Gefühl reise ich definitiv an. Es müsste wohl schon einiges passieren, dass er sich in dieser Hinsicht komplett umentscheidet. Das sorgt natürlich schon für Vorfreude und entsprechend kann ich mit sehr viel Euphorie an die Sache rangehen, im Wissen, dass ich schon meine Spiele machen werde. Dass ich in Mainz zuletzt öfter nicht gespielt habe, hat an der Meinung des Trainers zu mir nicht großartig etwas geändert. Er war auch bei zwei, drei Spielen von uns, da habe ich immer gespielt und er war auch immer ziemlich zufrieden. Er sieht in mir, dass ich viel Erfahrung mitbringe und die auch einbringen kann. Er sagt „Du bist alt genug, du bist erfahren genug, du bist professionell genug, um trotzdem deine Leistung abzurufen.“ Er hat einen guten Umgang damit gefunden und auch für mich war es gut. Wenn ich hier eine Phase hatte, in der ich weniger gespielt habe, bin ich dort hin und habe auch auf den Punkt funktioniert. Eben weil er mir sehr großes Vertrauen ausspricht und ich das auch spüre.“

das Verhältnis zu seinen Mannschaftskollegen:

„Man merkt schon, dass es für manche so nach dem Motto läuft „Ach, der schon wieder“. (lacht) Aber ich habe es halt so drin mit der Disziplin, so kenne ich es. Es ist ja eine Frage des „Wie“. Wenn du zu hart bist in deiner Gangart, können sie sich teilweise schon auf den Schlips getreten fühlen und nehmen es nicht so gut an, das muss ich auch lernen. In Deutschland ist es halt so gelernt, gerade aus der Verteidigung heraus, dass du auch mal lauter werden musst, zum Beispiel wenn es eine Lücke gibt. Da ist es anders. Es ist eher so, dass du den Kollegen in einem ruhigeren Moment zur Seite nimmst, du gehst ein bisschen mehr auf die Situation ein und versuchst, eine positivere Wortwahl zu finden. Am Ende aber wissen sie, dass es meine Art ist Fußball zu spielen, dass ich es so gelernt habe. Und mittlerweile passt das ganz gut.“

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die Chancen Nigerias in einer Gruppe mit Argentinien, Island und Kroatien.

„Ich sage, dass wir die schwierigste Gruppe erwischt haben. Island ist eine Kampftruppe, die aber trotzdem auch über eine gewisse individuelle Qualität verfügt, zum Beispiel mit Alfred Finnbogasson, ein Superstürmer in meinen Augen. Eine sehr physische Truppe, die alles reinhauen wird. Da musst du deren Willen brechen. Über Kroatien müssen wir auch nicht sprechen, die können an einem Sahnetag auch alles auseinander spielen. Es heißt immer „Argentinien, Argentinien“, aber die anderen Spiele werden auch nicht weniger herausfordernd. Gleichzeitig sind wir bei vielen nicht so auf dem Schirm, weil der Fokus nicht so auf dem afrikanischen Fußball liegt. Aber wenn man sich anschaut, wo unsere Spieler so verteilt sind, haben wir auch einiges auf dem Schläger. Ich hoffe, dass wir gerade durch unsere Physis, unsere Athletik, aber auch durch die individuelle Qualität gerade in der Offensive den einen oder anderen Gegner vor große Probleme stellen.“

die Ziele der „Super Eagles“:

„Wir wollen natürlich die Gruppenphase überstehen, am besten als Erster. Ob wir das schaffen, ist natürlich die Frage. (schmunzelt) Und dann ist es in den K.O.-Spielen immer ein bisschen tagesformabhängig. Ich habe es schon einmal in einem anderen Interview gesagt: Wir sollten jedes Spiel als ein Endspiel ansehen, damit würden wir glaube ich ganz gut fahren. Das primäre Ziel ist es, die Gruppenphase zu überstehen.“

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