Die Paderborner sind der größte Underdog der neuen Bundesliga-Saison. Der Coach gibt sich dennoch selbstbewusst: Seine Mannschaft ist gespickt mit talentierten Spielern. Die Saisonvorschau.
Die Situation: Wenn Paderborns Trainer Andre Breitenreiter über das Abenteuer Bundesliga spricht, kommt die Öffentlichkeit nicht umhin, ihm seine von Demut bestimmten Antworten abzukaufen.
Das mag in erster Linie daran liegen, dass der SC Paderborn die womöglich größte Aufstiegssensation der letzten Jahrzehnte darstellt. Viel wichtiger erscheint in diesem Zusammenhang aber seine eigene Geschichte als Profi-Fußballer.
Wie einst in Unterhaching
1999 wechselte er zur SpVgg Unterhaching, die zuvor sensationell in das deutsche Oberhaus aufgestiegen war. Eine kleine Stadt im Süden von München, nicht mehr als 22.000 Einwohner und einem Stadion mit rund 15.000 Zuschauern Fassungsvermögen.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der 40-Jährige nun in Paderborn mit vergleichsweise ähnlichen Mitteln einen Kader anführt, der als Abstiegskandidat Nummer eins in die neue Saison startet.
Für Breitenreiter kein Problem.
„Wir haben die Berechtigung, in der Bundesliga zu spielen“, sagte er der „Welt“, „und diese Chance wollen wir nutzen, indem wir uns sehr konzentriert vorbereiten, den Enthusiasmus von der Vorsaison mitnehmen und nicht blauäugig sind.“
Philosophie beibehalten
Dabei soll den Paderbornern nicht der Fehler unterlaufen, den schon viele überraschende Aufstiegsmannschaften spüren mussten. Fehlende Sachlichkeit und unorganisches Wachstum haben schon so manchen Klub in die Bedeutungslosigkeit verschwinden lassen.
Die vorgegebene Philosophie, möglichst mit entwicklungsfähigen Spielern zu arbeiten, war auch vor der ersten Bundesligasaison oberste Prämisse der Transferaktivitäten.
So sicherten sich die Paderborner beispielsweise die Dienste des Dortmunders Marvin Ducksch, der für ein Jahr ausgeliehen wurde und nun mehr Spielpraxis sammeln könnte als beim Vize-Meister aus dem Ruhrpott. Auch die Neuverpflichtungen Lukas Rupp oder Elias Kachunga fallen in diese Kategorie.
„Wir haben die Spieler, die die Situation annehmen und nicht klagen, die die Plattform Paderborn nutzen, um auf sich persönlich aufmerksam zu machen, aber auch im Team gut funktionieren“, sagte Breitenreiter.
Comunios Player to wach: Mario Vrancic. Der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler ist das Herz des Paderborner Spiels. Schon in der Aufstiegssaison überzeugte Vrancic mit Übersicht, Führungsqualität und Zug zum Tor.
Die Stats: Zehn Treffer legte er auf, fünfmal netzte er selber ein. Seine guten Leistungen brachten ihn sogar in die Situation, bei einem eventuell verpatzten Aufstieg trotzdem in Liga eins zu wechseln. Doch kurz nach dem Überraschungscoup verlängerte er seinen Vertrag in Paderborn um zwei Jahre bis 2016.
Eigentlich alles Dinge, die Comunio-Manager ein Stück weit aufhorchen lassen sollten: Immerhin kickte Vrancic schon beim BVB und ist Mitglied der U-19-Europameister-Mannschaft von 2008. Momentan kostet der Mittelfeldakteur läppische 770.000 Euro. Ein vergleichsweise geringes Risiko, bedenkt man, wie preisintensiv Spieler im Zentrum sein können.
Prognose: Ähnlich wie Braunschweig vor einem Jahr wissen die Paderborner um ihre Situation. Aufgrund der vorhandenen finanziellen Mittel und der Infrastruktur wäre jedes weitere Jahr Bundesliga wie ein Gewinn der Meisterschaft.
Doch gerade der offene und ehrliche Umgang mit sich selbst könnte ein dicker Pluspunkt für die kommende Spielzeit werden. Keiner wird dem SC Paderborn nach Niederlagen den Kopf abreißen – auch das Umfeld samt Medien und Anhängerschaft weiß, mit der besonderen Situation umzugehen. Zudem kennt sich Coach Andre Breitenreiter mit Underdogs ziemlich gut aus.
Schon zu Beginn des Jahrtausends hielt er mit der SpVgg Unterhaching unter vergleichbaren Voraussetzungen die Liga. Und wer weiß: Vielleicht verkommt Paderborn ja zu der Überraschung der 52. Bundesliga-Saison.
Transferaktivitäten (03.08.2014):
Zugänge: Moritz Stoppelkamp (1860 München), Marvin Ducksch (Borussia Dortmund, Leihe), Lukas Rupp (Borussia Mönchengladbach), Marvin Bakalorz (Eintracht Frankfurt, war bereits ausgeliehen), Fabian Scheffer ( FC Carl Zeiss Jena, Leihe beendet), Idir Ouali (Dynamo Dresden), Elias Kachunga (Borussia Mönchengladbach, war bereits ausgeliehen), Stefan Kutschke (VfL Wolfsburg), Viktor Maier (SV Lippstadt 08)
Abgänge: Fabian Scheffer (1. FC Kaiserslautern II), Rick ten Voorde (FC Dordrecht, Leihe), Saliou Sane (Holstein Kiel, Leihe), Manuel Zeitz (Energie Cottbus), Sebastian Schonlau (SC Verl, Leihe), Markus Krösche (Karriereende), Johannes Wurtz (Werder Bremen, Leihe beendet)