Bei Werder Bremen herrscht nach einer guten Vorbereitung Optimismus. Der nächste Schritt nach vorne soll gemacht werden, aber ist Werder schon so weit oder geht es erneut gegen den Abstieg? Zumindest ein Neuzugang überzeugt bereits.
Die Situation: Unterschiedlicher könnten die Wahrnehmungen kaum sein. Während außerhalb von Bremen eigentlich jeder Werder erneut zu den Abstiegskandidaten zählt, versprüht man rund um das Weserstadion Optimismus. Platz 9 wurde als Ziel herausgegeben. „Wir haben viele überzeugende Testspiele gehabt, das letzte gegen Hannover mal ausgenommen. Aber davor gegen Bilbao und Chelsea haben wir gegen starke Gegner stark gespielt“, berichtete beispielsweise Luca Caldirola der „Kreiszeitung“.
Schaut man auf die Ergebnisse war es in der Tat die beste Vorbereitung seit Jahren. Davon will Trainer Robin Dutt allerdings nichts wissen. „Ich habe schon nach dem Sieg gegen Chelsea gesagt, dass das Ergebnis für mich nicht relevant ist, Und so ist das jetzt auch“, erklärte der Coach, der sich auch an ein neues System heranwagte.
Künftig wird Werder phasenweise im 3-5-2 agieren, die altbewährte Raute bleibt aber weiterhin die Grundformation. Gewohnt vorsichtig agierten die Bremer auf dem Transfermarkt. Mit Fin Bartels, Alejandro Galvez, Izet Hajrovic und Raif Husic kamen nur vier Neue ins Team – die ersten Drei ablösefrei.
Der vielseitige Bartels erhöht dabei die Flexibilität im Mittelfeld. Zur Stammkraft reicht es allerdings nicht. Das sieht bei Galvez schon ganz anders aus. Der Spanier, der eigentlich als Innenverteidiger verpflichtet wurde, überzeugte mit Passsicherheit und gutem Aufbauspiel im defensiven Mittelfeld. „Seine Stärke ist, auch unter Druck ruhig zu bleiben. Manchmal zittere ich, weil es ganz knapp ist – aber dann hat er doch immer eine Lösung“, sagt Dutt über seinen Neuzugang. Galvez ist für den Start gesetzt.
Hajrovic erst mal Joker?
Hajrovic sucht dagegen noch seinen Platz im Team. Der Hunt-Nachfolger spielte in der Vorbereitung im Sturm, aber ohne Durchschlagskraft. Der Bosnier hat noch Rückstand und wird daher anfangs nicht über die Jokerrolle hinauskommen. Im Angriff werden wohl weiterhin Eljero Elia (hängend) und Franco di Santo spielen. Letzterer plagt sich allerdings mit einer Innenbanddehnung herum. Mit Nils Petersen steht adäquater Ersatz bereit. U-19-Europameister Davie Selke wird langsam herangeführt.
In der Raute gibt Zlatko Junuzovic offensiv den Ton an. Der Österreicher darf nun endlich in der Zentrale ran. Auf den Halbpositionen werden wohl Cedrick Makiadi (links) und Theodor Gebre Selassie (rechts) die Nase vorn haben. Ludovic Obraniak ist die offensive Alternative zu Makiadi. Als Sechser agiert – wie bereits erwähnt – Galvez. Felix Kroos sitzt ihm aber im Nacken.
Auch in der Abwehr gibt es kaum Fragezeichen. Clemens Fritz und Santiago Garcia bekleiden die Außenpositionen, innen sind Sebastian Prödl und Luca Caldirola eigentlich gesetzt. Prödl laboriert allerdings an einem Muskelfaserriss und könnte den Bundesligastart verpassen. Sollte das so sein, wird wohl Galvez in die Kette rücken. Ansonsten steht Assani Lukimya bereit.
Die Backups für Fritz heißen Luca-Milan Zander und Marnon Busch. Beide sind talentiert, aber auch noch blutjung. Einen Ersatz für Garcia sucht man dagegen vergeblich. Wie in der Vorsaison wird bei Bedarf Caldirola nach außen rücken. Raphael Wolf ist die unumstrittene Nummer 1 und trägt diese jetzt auch auf dem Rücken. Neuzugang Husic ist zweite Ersatzkeeper hinter Richard Strebinger. Der Test bei Leicester City am Samstag wird weiteren Aufschluss geben.
Comunio Player to watch: Theodor Gebre Selassie. Der Tscheche durfte bereits im zweiten Teil der Rückrunde rechts in der Raute agieren und machte das hervorragend. 34 Punkte in den letzten 8 bewerteten Partien sprechen eine eindeutige Sprache. Im Mittelfeld fallen seine defensiven Unzulänglichkeiten nicht so ins Gewicht. Mit seiner Schnelligkeit kann er zudem immer wieder Lücken reißen. Mit aktuell 430.000 Marktwert ist Gebre Selassie zudem ein echtes Schnäppchen.
Prognose: Bei aller Bremer Zuversicht wird auch diese Saison keine leichte sein. Der Abgang von Aaron Hunt dürfte im Laufe der Saison noch schwerer wiegen als aktuell. Zudem ist das Startprogramm mal wieder happig. Nach einem Auswärtsspiel in Berlin wartet zuhause Hoffenheim und dann Leverkusen in der BayArena. Es folgt die nächste Auswärtsreise nach Augsburg, ein Heimspiel gegen Schalke und das Wiedersehen mit Hunt in Wolfsburg. Einfach geht anders.
Bei einem optimalen Saisonverlauf kann das Saisonziel „einstelliger Tabellenplatz“ dennoch erreicht werden. Coach Dutt konnte seine Spielphilosophie weiter einpflanzen. Caldirola, Garcia und di Santo dürften im zweiten Jahr den nächsten Schritt machen. Es sollte aber keinen Werder-Fan wundern, wenn Bremen erneut phasenweise in Abstiegsgefahr schwebt. Am Ende wird es aber andere Teams erwischen.
Transferaktivitäten:
Zugänge: Alejandro Galvez ( Rayo Vallecano), Fin Bartels ( FC St. Pauli), Izet Hajrovic (Galatasaray), Raif Husic (Bayern München U 19), Luca-Milan Zander, Oliver Hüsing, Marnon Busch, Julian von Haacke (alle eigener Nachwuchs)
Abgänge: Aaron Hunt (VfL Wolfsburg), Niclas Füllkrug (1. FC Nürnberg), Johannes Wurtz (Greuther Fürth), Mateo Pavlovic (Ferencvaros), Lukas Schmitz (Fortuna Düsseldorf), Sebastian Mielitz (SC Freiburg), Aleksandar Ignjovski (Eintracht Frankfurt)