Er dominiert die 2. Liga und sammelte schon Erfahrung in der Champions League, doch in der Bundesliga blieb Ronny einen Beweis seiner Klasse noch schuldig. Gelingt die zweite Chance?  

Bis zur 85. Minute hat es an diesem 30. Spieltag der 2. Bundesliga gedauert, dass Pierre-Michel Lasogga die Hertha mit einem schlichten Abstaubertor gegen den SV Sandhausen zum Aufstieg schoss und damit den einjährigen Betriebsunfall Zweitklassigkeit wieder korrigierte. Nach dem Abstieg blieb der große Ausverkauf im letzten Sommer aus. Die Prügelknaben der vergangenen Saison, die Kobiashvilis, Lustenbergers und der frühere Eigentorspezialist Roman Hubnik, haben sich mit einer souveränen Saison rehabilitiert.

Doch wohl keinem gelang das so eindrucksvoll wie Mittelfeldspieler Ronny. In der Bundesliga kam der Brasilianer auf zehn Einsätze, in denen er nie mehr als Statist war. An keinem einzigen Tor der Herthaner war Ronny in Deutschlands höchster Spielklasse beteiligt. Umso beeindruckender lesen sich die Zahlen dieser Saison: Mit 27 Punkten (16 Tore, 11 Vorlagen) führt Ronny die Scorerliste der 2. Liga noch vor Top-Torjäger Domi Kumbela an. Bei Comunio kommt er mit 211 Punkten auf einen satten Marktwert von über neun Millionen Euro.

„Kein Torwart bereitet mir Angst“

Besonders bei Standardsituationen ist Ronny eine Klasse für sich: Fünf direkt verwandelte Freistöße gelangen dem 26-Jährigen in der bisherigen Saison. Mit seiner unbändigen Schussgewalt im linken Fuß sind vor allem Freistöße von der Strafraumgrenze für Ronny ein gefundenes Fressen. „Kein Torwart bereitet mir Angst. Wenn man einen Freistoß perfekt schießt, kann sich kein Torwart der Welt wehren“, kommentierte der Mittelfeldspieler selbstbewusst seine gefährlichste Waffe gegenüber der „Bild“.

Für seinen Ex-Klub Sporting Lissabon, mit dem Ronny bereits sechsmal in der Champions League auflief, soll er in einem Ligaspiel den Ball mit knapp 211 Kilometern pro Stunde in die Maschen gejagt haben, noch einmal bedeutend schneller als sein Landsmann Roberto Carlos. Laut Ronnys Vater Caetano de Araujo liegt das Geheimnis darin, dass sein Sohn den Ball mit exakt drei Zehen des linken Fußes treffe, sodass die Kugel weder flattert, noch rotiert.

Auf diese Weise hatte Ronny das Spiel gegen den härtesten Verfolger Eintracht Braunschweig mit zwei Freistoßtoren quasi im Alleingang entschieden und damit die Weichen auf Aufstieg gestellt. Der war für die Hertha die Voraussetzung dafür, dass der Mann mit dem schütteren Haar beim Verein bleibt.

Neuer Vertrag und große Ziele

Nach langem Hin und Her und kolportiertem Interesse von Klubs aus der Bundesliga und von der Arabischen Halbinsel verlängerte Ronny seinen Vertrag schließlich bis 2017. „Einige Top-Clubs haben sich sehr um mich bemüht. Es hätte sogar für mich mit der Champions League klappen können, dem Traum aller Spieler. Am Ende habe ich auf mein Herz gehört“, sagte der Bruder von Schalkes Raffael dazu.

Der große Bruder hat mit den Knappen in dieser Saison Champions League gespielt, und schon als der Aufstieg der Berliner noch nicht einmal feststand, kündigte Ronny an, es ihm gleichzutun: „Hertha hat das Potenzial, um in den kommenden Jahren auch im Europapokal erfolgreich zu spielen. Ich will helfen, diese Ziele zu erreichen.“

Vom Mitläufer zum Gestalter

Der Techniker hat sich bei der Hertha zum Hoffnungsträger und Antreiber entwickelt. Dabei hatte er nach seinem Wechsel in die Hauptstadt 2010 eher den Status des netten, etwas pummeligen Anhängsels, das seinen Bruder bei Laune halten sollte. Nur sporadisch kam Ronny zu Einsätzen. Als ihm Michael Skibbe schließlich in der Abstiegssaison 2011/2012 das Vertrauen als Spielmacher schenkte, wirkte Ronny auf dem Platz überfordert.

Nun bekommt Ronny eine zweite Chance in der Bundesliga. Der frühere Spaßmacher wirkt nun fokussierter. Selbst eine Nominierung für die WM 2014 im eigenen Land will er nicht ausschließen. Das Jahr in der 2. Liga hat Ronny gut getan, nun könnte die Zeit reif sein, die Rolle des ewigen kleinen Bruders abzustreifen.

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