Mit der Bekanntgabe des DFB, dass Profi-Mannschaften nicht mehr zwingend eine U-23-Mannschaft haben müssen, starteten die Diskussionen über die Vor- und Nachteile der Zweitvertretungen. Comunioblog-Autorin Helge Winter (Pro) und Comunioblog-Autor Tim Habicht (Contra) wägen ab.

Warum die Zweitvertretungen nicht abgeschafft werden sollten:

Natürlich ist die Ausbildung der U23-Spieler kostenintensiv, aber wo wäre zum Beispiel Borussia Dortmund ohne die Spieler aus der eigenen Jugend? Spieler wie Linksverteidiger Marcel Schmelzer sind dort geformt worden, aktuell zählen außerdem Jonas Hofmann, Marvin Ducksch, Marian Sarr und Erik Durm zu den Spielern, die für beide Teams auflaufen und die Profis schon das ein oder andere Mal in der Verletztenkrise unterstützt haben. Ohne die Zweitvertretung wäre der BVB in dieser Saison schlichtweg aufgeschmissen gewesen. „Wir sehen in der zweiten Mannschaft einen sehr großen Sinn. Es ist eine sehr gute Plattform für die Nachwuchsspieler, Spielpraxis und Wettkampferfahrung zu sammeln“, bestätigt auch BVB-Manager Zorc in den „Ruhrnachrichten“.

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Dass die erfolgreichsten der Profis schon in viel jüngeren Jahren in die Bundesliga vorstoßen, mag sein, ist aber oft auch nur die Ausnahme. Es gibt genügend Talente, die es dennoch zu fördern gilt – und sei es eben (vorerst) nur in der zweiten Mannschaft.

Dass diese Teams ohnehin mehr sind als nur ein Auffangbecken für Spieler, die zu „schlecht“ sind für die erste Mannschaft, beweisen derzeit der BVB II und der VfB Stuttgart II: Beide Teams spielen erfolgreich in der dritten Liga.

Auch haben diese Teams ihre eigene Fanszene. Wer schon einmal bei einem Spiel der „Amateure“ war, weiß, dass diese Atmosphäre einzigartig ist. Und wo hat man schon die Möglichkeit für so eine top ausgebildete Mannschaft ohne Vorverkaufsstress und für nur wenige Euro einen Steher zu bekommen? Wenn der Ligaverband schließlich noch auf die Parallelansetzung der Spiele mit den Profis verzichten würde, wäre doch alles paletti.

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Und was würde passieren, wenn sämtliche U-23-Teams gestrichen werden würden? 24 Reserveteams spielen in den Regionalligen, 28 weitere U-23-Mannschaften in den Oberligen. Die Auswirkungen des Wegfalls all dieser Mannschaften wären wohl ziemlich chaotisch und eigentlich kaum auszudenken.

Auch bei Comunio würde sich wohl einiges verändern. 160.000 Euro-Schnäppchen würden selten, die Spielerauswahl würde sich enorm einschränken – nur noch die Profis der 1. Liga wären auf dem Transfermarkt zu finden – und Ersatzmänner aus der zweiten Mannschaft? Fehlanzeige.

Warum die Zweitvertretungen abgeschafft werden sollten:

Natürlich, die Ausbildung von jungen Spielern ist wichtig. Sehr wichtig sogar. Aber ein Blick auf viele U-23-Mannschaften zeigt, dass die Spieler, die dort zum Einsatz kommen, zum großen Teil von kleineren, traditionsreichen Klubs gekauft werden. Sie sehen bei den Zweitvertretungen der großen Mannschaften natürlich einen besseren Weg beziehungsweise bessere Zukunftsaussichten als bei einem finanziell angeschlagenen Traditionsklub. Die richtige Ausbildung der Talente fängt natürlich viel früher an. Bei den zweiten Mannschaften geht es dagegen eher darum, dass die Spieler – in einer möglichst hohen Liga – Spielpraxis sammeln und sich entwickeln.

Das ist zweifelsfrei durch die zweiten Mannschaften gewährleistet. Nur wenige schaffen direkt den Sprung von der A-Jugend in den Profi-Fußball. Da ist die Zwischenstation Regionalliga oder 3. Liga durchaus sinnvoll. „Die U 23 ist für uns als höchste Ausbildungsstufe sehr wichtig“, gibt auch Gladbach-Sportdirektor Max Eberl zu. Vor allem, weil man sich für den Kader der Bundesliga- oder Zweitliga-Mannschaft empfehlen kann. Borussia Mönchengladbach hält seine Zweitvertretung für „unverzichtbar“ (O-Ton Roland Virkus, Borussias Direktor Jugend und Amateure). Der Ausbildungsfaktor ist enorm wichtig für die Spieler und die Profi-Mannschaften, das ist nicht zu bestreiten. Aber auf Kosten von wem werden die Spieler ausgebildet?

Denn wie bereits gesagt, müssen viele traditionsreiche, aber eben nicht finanzstarke Klubs ihre besten Spieler abgeben. In der Regionalliga West war das beispielsweise Robert Leipertz, der von Alemannia Aachen zum FC Schalke 04 II gewechselt ist und dort nun 18 Buden auf dem Konto hat, oder auch Marius Laux (1. FC Saarbrücken) und Leon Binder (Sportfreunde Siegen), die beide zum 1. FC Köln II gewechselt sind. Der SV Babelsberg musste mit Moritz Göttel auch einen vielversprechenden Angreifer zum VfL Bochum II abgeben.

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So wird es für viele Klubs noch schwerer, sich in der Liga zu halten oder sogar aufzusteigen. Denn sportlich gesehen sind U-23-Mannschaften ebenfalls unangenehme Gegner. Man weiß nie, gegen wen man wirklich spielt. Spieler aus der Profi-Mannschaft, die Spielpraxis nach einer Verletzung sammeln, stehen plötzlich auf dem Rasen. Und dann kann aus einem vom Abstieg bedrohten Regionalligisten plötzlich ein richtig starker Gegner werden, der einem Punkte im Kampf um den schweren Aufstieg klaut. Das grenzt stellenweise schon an Wettbewerbsverzerrung. Auch wenn es natürlich völlig legitim und auch sinnvoll für die Profi-Teams ist.

Ein weiterer Minuspunkt für U-23-Mannschaften ist einfach die fehlende Attraktivität. Natürlich, die Verbände legen die Spiele der ersten und zweiten Mannschaft parallel. Aber selbst, wenn diese Termine anders koordiniert wären, viele Zuschauer werden die U-23-Teams in der Regel nicht begleiten. Derzeit haben die Zweitvertretungen in der Regionalliga West (die Zuschauer-technisch noch sehr stark besucht ist) im Schnitt um die 300 Zuschauer pro Spiel. Wenn man dann im Heimspiel handgezählte fünf Auswärtsfans beziehungsweise wohl eher interessierte Zuschauer hat, ist das schon irgendwie enttäuschend.

Es gibt natürlich auch positive Beispiel, wie bereits angesprochen die Drittliga-Mannschaft von Borussia Dortmund, deren Fans die U-23-Truppe auch gerne bei Auswärtsspielen begleiten. Das verdient höchsten Respekt. Den Respekt, den die jungen, hungrigen Spieler verdient haben. Aber dass die Zweitvertretung nicht bei allen Teams als unabdingbar und unverzichtbar gesehen wird, zeigt das Beispiel Bayer 04 Leverkusen.

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Eigentlich ein Klub, der für eine gute Jugendarbeit bekannt ist. Aber bereits vor der Bekanntgabe, dass die Profi-Teams keine U-23-Mannschaft mehr stellen müssen, stellte Bayer 04 die Sinnfrage und dachte laut darüber nach, seine Zweitvertretung aus der Regionalliga abzumelden.

Denn entweder müsse man investieren und in die 3. Liga aufsteigen, oder man betreibe die Regionalliga-Mannschaft weiterhin mit einem finanziellen Minimalaufwand (derzeit im niedrigen siebenstelligen Bereich). Bei Leverkusen sind aus der zweiten Mannschaft kaum Spieler im Blickfeld der Profi-Mannschaft.

Am Rhein wird sich einfach die Frage gestellt: Lohnt sich das noch? Eine Frage, die durchaus berechtigt ist. Auf eine vollständige Abschaffung der Zweitvertretungen sollte man zwar verzichten. Allerdings kann man sich durchaus fragen, ob man die Zweitvertretungen nicht aus dem normalen Spielbetrieb ausgliedern kann.

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