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Kevin Großkreutz ist erst seit einem halben Jahr beim VfB Stuttgart, der drohende Abstieg geht ihm trotzdem spürbar nah. Nach der Niederlage gegen Mainz weinte er, über Instagram kündigte er an, beim Wiederaufbau helfen zu wollen – auch in der 2. Bundesliga.
Fußballfans verlangen Typen. Kevin Großkreutz ist so ein Typ, einer der letzten seiner Art. Er bewarf einen Mann mit seinem Döner, er pinkelte und pöbelte in einer Hotel-Lobby, er wurde während der Meisterfeier des BVB von Security-Personal in ein Dixiklo geschleppt – vermutlich, um zu kotzen. Aber weil der Profifußball keinen Platz für Typen lässt, wurde Großkreutz immer häufiger zur Lachnummer.
Das wurde nicht besser, als seine Dienste bei Borussia Dortmund immer weniger gefragt waren. 2011 und 2012 wurde er mit dem BVB als Leistungsträger Deutscher Meister, 2012 war er Teil der Mannschaft, die das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal gewann. Die Saison 2014/15 verpasste er dann zur Hälfte wegen einer Verletzung und einer Knie-OP. In der Folge fand er nicht mehr zurück in die Mannschaft, wurde in der BVB-Reserve eingesetzt und wechselte schließlich im August 2015 zu Galatasaray Istanbul.
Weil Unterlagen zu spät eingereicht wurden, erhielt er für die Süper Lig jedoch keine Spielberechtigung und machte deshalb kein einziges Spiel für Galatasaray. Zudem soll er sich so unwohl gefühlt haben, dass er beinahe jeden freien Tag dazu nutzte, um in die Heimat zu fliegen. In der Winterpause dieser Saison holte der VfB Stuttgart Kevin Großkreutz schließlich zurück in die Bundesliga.
Auf Anhieb Stammspieler beim VfB Stuttgart
Da war er nun: der Ur-Dortmunder im Trikot eines anderen Bundesliga-Klubs. Aber es funktionierte, Großkreutz wurde zum Stammspieler auf der Position des Rechtsverteidigers. Zwischen den Spieltagen 18 und 26 ging er neun Mal über die vollen 90 Minuten. Wegen eines Muskelbündelrisses musste er zwischen Ende März und Anfang Mai pausieren, am vergangenen Spieltag gab er schließlich sein Comeback.
Mit ihm in der Mannschaft verlor der VfB Stuttgart mit 1:3 gegen den FSV Mainz 05. Ein Desaster für den Verein, denn einen Spieltag vor dem Saisonende stehen die Schwaben auf dem vorletzten Tabellenplatz und haben den Klassenerhalt jetzt nicht mehr selbst in der Hand. Es droht der Abstieg in die 2. Bundesliga – ein Tiefpunkt für den Deutschen Meister von 2007.
Von der Tribüne in Istanbul in den Bundesliga-Abstiegskampf
Bei Comunio war Kevin Großkreutz seit seinem Wechsel zum VfB nicht gerade das, was man einen Punktelieferanten nennen würde. Zehn bewertete Einsätze gehen aktuell auf sein Konto, gerade mal vier Punkte hat er dabei erspielt. Häufig zählte er jedoch zu den Stuttgartern, die sich am meisten gegen den drohenden Abstieg stemmten. Vier Mal ging er mit Comunio-Punkten im Gepäck vom Platz, jeweils drei Mal blieb er ohne Punkte oder erhielt Punktabzug.
Seine Situation war aber auch alles andere als leicht: Nachdem er bereits schwierige Monate hinter sich hatte, kam er zu einem Verein, der schon in der Winterpause massiv vom Abstieg bedroht war. Vom Türkei-Auswanderer ohne Spielberechtigung zu einer wichtigen Figur im Bundesliga-Abstiegskampf – das muss man erst mal wegstecken.
Großkreutz würde auch bei Abstieg in Stuttgart bleiben
Die nervliche Belastung brach aus ihm heraus, als er sich nach der Niederlage gegen Mainz einem TV-Interview stellte. Der drohende Abstieg mache ihn sprachlos, er und die Mannschaft seien dafür verantwortlich. Großkreutz kämpfte sichtbar mit den Tränen und sagte: „Alle haben mich super aufgenommen, ich habe dem Verein viel zu verdanken. Es tut mir leid – auch heute. Ich habe auch Fehler gemacht. Es liegt an jedem einzelnen der Mannschaft und an keinem anderen.“ Auch an solchen Emotionen erkennt man Typen.
Dass er es damit ernst meint, sieht man an einem Instagram-Post, den Kevin Großkreutz verfasste. Darin schrieb er: „Reicht es nicht, würde ich niemals so den Verein verlassen, sondern es wieder ausbügeln.“ Er sei zu stolz, um den VfB nach dem möglichen Abstieg einfach links liegen zu lassen. Sollte es dazu kommen, würden sicher viele Comduo-Manager ihren Einkaufszettel für die nächste Saison um den Namen Kevin Großkreutz ergänzen.