Braunschweiger Zusammenhalt Derby Wolfsburg Lieberknecht Bellarabi

Obwohl die Braunschweiger – noch vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg – den schlechtesten Saisonstart eines Bundesligisten hingelegt hatten, hielten Mannschaft, Trainer, Verantwortliche und allen voran die Fans zusammen und demonstrierten bemerkenswert einheitliche Geschlossenheit.

Mit einem Punkt aus sieben Spieltagen legte das Team von Eintracht Braunschweig Coach Torsten Lieberknecht, den schlechtesten Saisonstart hin, den es bis dato jemals für einen Bundesligisten gab. Lediglich gegen den 1. FC Nürnberg konnte Mitte September ein Punkt zu Hause mitgenommen werden. Besonders die Art und Weise wie die Eintracht unter die Räder kam war erschreckend. Es hagelte Klatschen wie am Fließband. Der Hamburger SV, Borussia Mönchengladbach und zuletzt der VfB Stuttgart schenkten den Braunschweigern jeweils vier Gegentore ein. Bis vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg hatte der BTSV magere drei Tore auf dem Konto, gleichzeitig aber 18 Treffer zugelassen. Scheinbar gerechtfertigt wurde von so einigen Experten an der Bundesligatauglichkeit der Löwen gezweifelt. Selbst Eintracht-Idol Ronny Worm spricht gegenüber “NDR.de“ der Mannschaft noch vor dem ersten Spieltag die Bundesligatauglichkeit ab: “Ich freue mich sehr über den Aufstieg, dass der Verein wieder auf die Beine gekommen ist, doch der Kader ist nicht bundesligareif.“

Eintracht Braunschweig demonstriert Zusammenhalt – allen voran die Fans

Nach dem Debakel gegen den VfB Stuttgart wirkte selbst der sonst so gesetzte Torsten Lieberknecht ratlos und niedergeschlagen. Aussagen wie: “Ich bin keiner der weglaufen möchte, aber trotzdem komme ich ins Grübeln“, heizten Spekulationen über den ersten Rücktritt in der noch jungen Spielzeit an. Bis dato mussten schon Bruno Labbadia beim VfB Stuttgart sowie Thorsten Fink vom Hamburger SV wegen schlechter Leistungen ihren Hut nehmen und von dannen ziehen. Kurz darauf folgte noch die Entlassung von Nürnberg-Coach Michael Wiesinger.

Wiesinger-Aus: Übernimmt jetzt Gross?

Doch anders als Hamburger, Stuttgarter oder Nürnberger Fans stellte sich die Braunschweiger Fangemeinde nicht gegen ihren Trainer, sondern reagierten mit einer beispielslosen Solidaritätsaktion auf Lieberknechts Worte. Rund 500 Anhänger kamen vor dem Derby gegen Wolfsburg zum Training und bejubelten lautstark Mannschaft und Trainer. Sie präsentierten eindrucksvoll, was Zusammenhalt in Braunschweig bedeutet und selbst Wölfe-Coach Dieter Hecking musste nach der Niederlage eingestehen: “Das war eine optimale Motivation für unseren Gegner.“
Die Löwen fuhren durch die Tore von Karim Bellarabi und Domi Kumbela den ersten Dreier in der Bundesliga ein und viele Fans feierten noch lange nach Schlusspfiff ihre Mannschaft – insbesondere ihren Held: Torsten Lieberknecht, der nicht drum herum kam, aus der Kabine nochmal in die Kurve zu gehen.

Inwieweit Lieberknechts Kader dem Druck der Bundesliga tatsächlich gewachsen ist, wird sich jedoch ohnehin erst im Mai des nächsten Jahres zeigen. Nach dem Derby-Sieg gegen den VfL steht jedoch fest: Braunschweigs Moral und der Zusammenhalt innerhalb des gesamten Vereins sowie der Fans ist mehr als bundesligareif! So sah es auch Lieberknecht selbst und entgegnete nach dem Spiel seinen Widersachern: “ Die Mannschaft hat gesehen, dass sie durchaus eine Berechtigung hat, dass wir in der Bundesliga sind.“

Bellarabi wirbelt (wieder) für die Löwen und zieht sein Team mit

Ein wesentlicher Anteil  an Braunschweigs Lebenszeichen geht auf das Konto von Karim Bellarabi. Mit seinem Führungstreffer im Derby gegen Wolfsburg brachte er sein Team auf die Gewinnerstraße und auch schon am sechsten Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach war er, trotz der 4:1 Niederlage, einer der besten auf dem Platz. Durch seine Spielfreude und Laufstärke wirkt er extrem präsent auf dem Rasen. Sein Spielwitz ist aber nur eins unter mehreren Talenten, dass nicht nur Torsten Lieberknecht schon als A-Jugend Trainer erkannte und den jungen Karim aus der Jugend des FC Oberneuland  nach Braunschweig lotste. Auch die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen erkannten das enorme Potential Bellarabis und verpflichteten ihn 2011. Bei der Konkurrenz, gerade in Leverkusens Offensive, hatte der gebürtige Berliner jedoch einen extrem schweren Stand und so kam es, dass er 2013 zu Lieberknecht und seinen fußballerischen Wurzeln auf Leihbasis zurückkam.

Wie wertvoll Bellarabi für Braunschweig ist, verrät ein Blick auf die Marktwerte des Kaders. Mit derzeit ca. 3,4 Millionen ist Bellarabi nicht nur mit Abstand der teuerste Spieler seines Teams, sondern bindet auch mehr als ein Viertel des gesamten Kadermarktwertes (knapp 12 Millionen Euro) an seine Person. Auch punktetechnisch lässt sich seine Dominanz im Kader klar ablesen. Mit 23 Punkten hat er fast soviele Punkte auf dem Konto, wie die hinter ihm stehenden Spieler Mirko Boland, Norman Theuerkauf und Ermin Bicakcic zusammen (jeweils acht Punkte).

Auch wenn Braunschweigs kommendes Programm mit Schalke, Mainz und Leverkusen alles andere als einfach ist, ist bei der derzeitigen Form und vor allem dem starken Zusammenhalt von Trainer, Mannschaft und Fans keineswegs eindeutig gesagt, dass es bei den bisher erreichten vier Punkten nach den nächsten drei Spielen bleiben muss. Der Derbysieg hat dem ganzen Gebilde Eintracht Braunschweig – sowie der Region – Aufwind gegeben und so beteuerte auch Bellarabi nach dem Spiel gegen die Wölfe: “Das ist ein besonderer Tag für den Verein.“