Wenn am Abend die deutsche Nationalmannschaft im Londoner Wembley-Stadion auf die Three Lions trifft, geht es um mehr als nur eine Standortbestimmung. Nämlich um enorm viel Prestige. Bundestrainer Joachim Löw gibt neben einigen jungen Spielern auch Roman Weidenfeller eine Chance, sich zu beweisen. Er wird der älteste Torwart-Debütant im Nationaltrikot.

Der 7. Oktober 2000 ärgert englische Fußball-Fans noch immer. Gegen Deutschland fand das letzte Spiel im ehwürdigen Wembley-Stadion statt. Man wollte mit dem großen Klassiker einer Fußballstätte ihren würdigen Abschied bereiten. Doch dann kam alles anders: Dietmar Hamann hämmerte aus großer Distanz einen Freistoß in die Maschen. Es sollte das einzige Tor an diesem regnerischen Oktober-Abend bleiben. Deutschland gewann knapp gegen England. Es sollten die letzten 90 Minuten im alten Wembley-Stadion sein.

Knappe 13 Jahre später treffen die Three Lions erneut auf die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Erneut im, wenn auch neuen, Wembley-Stadion. Doch diesmal stehen die Zeichen anders. Deutschland hat sich extrem verbessert. Damals standen noch Spieler wie Marco Bode, Carsten Ramelow oder Thomas Linke für Deutschland auf dem Platz. Es wurde mit einer Dreierkette gespielt. Inzwischen gehört die deutsche Nationalmannschaft zum Besten, was es auf der Welt gibt. England dagegen hat nicht nur auf der Torhüterposition wieder Probleme. Das Team von Roy Hodgson befindet sich am Scheideweg.

Deutschland hat sich „enorm weiterentwickelt und ist immer stärker geworden“

Die große Diskrepanz auf Leistungsebene zwischen den beiden Mannschaften sieht auch der englische Trainer: „Die deutsche Nationalmannschaft ist derzeit die Nummer zwei und liegt in der FIFA-Weltrangliste direkt hinter Spanien. In den vergangenen acht Jahren hat sich die Mannschaft enorm weiterentwickelt und ist immer stärker geworden. Wir kennen die Klasse ihrer Spieler und wissen, wie gut sie sind. Die Mannschaft ist eingespielt.“

Auf der Insel gestehen sich auch die härtesten Fans der Three Lions ein, dass Deutschland derzeit eine Nummer besser ist als England. Vor allem der ausgeglichene Kader beeindruckt die Engländer. „Fast alle Spieler von ihnen treten in der Champions League an. Sie haben für jede Position mindestens zwei starke Spieler“, schwärmt England-Skipper Steven Gerrard. Das kann man von der englischen Nationalmannschaft derzeit nicht gerade behaupten. Neben den arrivierten Spielern klafft eine kleine Lücke. Der Nachwuchs kommt nur schwer in die Gänge. Außer den Hoffnungsträgern Daniel Sturridge und Andros Townsend fehlt es an Optionen.

Der Test gegen Deutschland soll nun aus englischer Sicht zeigen, wie gut die jungen Engländer wirklich sind. „Wir sind überzeugt, dass es genau der richtige Gegner ist und uns dieser Test sehr viel nutzen wird. Schließlich bereiten wir uns darauf vor, bei der WM gegen die Besten der Welt anzutreten. Und um sich auf diese Aufgabe vorzubereiten, muss man sich bereits im Vorfeld mit den Besten der Welt messen“, beschreibt Hodgson.

Die Three Lions am Wendepunkt

Für das Mutterland des Fußballs geht es am Dienstagabend um die direkte WM-Qualifikation. Ein Sieg gegen Polen muss her, sonst könnte es in die Play-Offs gehen. Trotz einiger vielversprechender Spieler hapert es derzeit bei den Three Lions.

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Löw wehrt sich gegen Kader-Diskussion

Dass gegen England aus deutscher Sicht allerdings nicht die besten Spieler auf dem Platz stehen werden, hat sich in den letzten Tagen kristallisiert. Sami Khedira fällt natürlich verletzt aus. Aber auch Kapitän Philipp Lahm, Mesut Özil und Manuel Neuer sind bereits abgereist. Es wurden bereits Stimmen in England laut, dass Nationaltrainer Joachim Löw nicht das nötige Fingerspitzengefühl habe und sich respektlos gegenüber dem englischen Fußball zeigen würde.

Gegen diese Vorwürfe wehrt sich Löw: „Ich habe nicht das Gefühl, dass wir eine B-Mannschaft aufstellen.“ Wenn man sich die voraussichtliche Aufstellung Deutschlands anschaut, sieht man in der Tat, dass zwar nicht die vermeintliche Stammformation aufläuft. Aber mit Torwart-Debütant Roman Weidenfeller, einem der beiden Bender-Zwillinge im defensiven Mittelfeld oder einem Sidney Sam und Julian Draxler in der Offensive stehen durchaus adäquate Lösungen parat. „Löws Team wird kaum schwächer. Deutschland hat sehr viele Optionen und viele aufregende junge Spieler“, gesteht auch Gerrard.

Der Kader von Borussia Dortmund in der Übersicht

Aber nicht nur aus England wurde Kritik am Bundestrainer geäußert. Die Entscheidung, einige Bayern-Spieler frühzeitig nach Hause zu schicken und gegen England vor allem auf einen großen Dortmund-Block zu setzen, stieß bei einigen Fans und Experten negativ auf. Denn am kommenden Samstag kommt es zum großen Gipfeltreffen zwischen dem BVB und Bayern München. Löw wehrt auch diese Kritik von sich: „Ich als Nationaltrainer sehe diese beiden Spiele als wichtige Testspiele an. Ich schaue auf die Nationalmannschaft. Dortmund gegen Bayern, das ist schonmal gar nicht mein Thema. Mein Thema ist England.“


„Eine ganz besondere Paarung“

Für Torwart Roman Weidenfeller wird derzeit auch wohl eher das England-Spiel im Kopf sein als die wichtige Partie in der Bundesliga. Denn der 33-jährige Torwart steht vor seinem Debüt im Nationalmannschaftstrikot. Er wird damit der älteste Torwart-Debütant im Trikot mit dem Adler auf der Brust. Das erste Fazit von Bundestrainer Löw über seinen Neuling fällt positiv aus: „Roman Weidenfeller hat sich die Nominierung auf Grund hervorragender Leistungen in der Liga und in der Champions League absolut verdient. Im Training hat einen fantastischen Eindruck gemacht, er war absolut präsent und hat uns überzeugt. Roman ist eine gereifte Persönlichkeit, mit einer guten Ausstrahlung und einem guten Einfluss auf seine Vorderleute.“

Roman Weidenfeller bei Comunio

Seine Vorderleute, das werden gegen England Marcel Schmelzer auf links, Benedikt Höwedes auf rechts und Per Mertesacker in der Zentrale sein. „Wer an seiner Seite beginnt, ist aber noch nicht klar“, sagt Löw. Aber egal wer in London auflaufen wird: „Alle Spieler freuen sich auf das Spiel. England gegen Deutschland, das ist ganz eine ganz besondere Paarung. Wir spielen in London, im Wembleystadion. Es wird sicherlich ein intensives und interessantes Spiel. Es ist die Gelegenheit, den einen oder anderen Spieler auf Schlüsselpositionen zu testen und auch vor einer solchen Kulisse über 90 Minuten spielen zu lassen“, beschreibt Joachim Löw.

Es wird definitiv mehr als nur ein Testspiel. Es geht um Prestige, um die Ehre. Den Gegner unterschätzen wird Löw nicht. Er sagt: „England gehört nach wie vor zu den stärksten Fußballnationen der Welt.“ Wie stark die Three Lions derzeit wirklich sind und wie sich die jungen deutschen Nationalspieler im ausverkauften Wembley-Stadion präsentieren, wird sich zeigen. Aber eins ist klar: Seit 1975 ging jedes Spiel der Engländer gegen Deutschland im Wembley verloren.

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