„Eine bitterböse Komödie über das knallharte Fußballgeschäft“, so beschreibt Nicolas Palme sein preisgekröntes Film-Projekt „€rste Liga“. Im Interview spricht er über seine Recherche in der Welt der Spielerberater, George Best und das Leben nach dem Profisport.  

Comunioblog: Nicolas, der Film war deine Abschlussarbeit und außerdem sehr erfolgreich, hat sogar den Caligari Förderpreis 2012 gewonnen. Was ist seither passiert und wie sieht es aus mit einer TV-Ausstrahlung im WM-Jahr 2014?

Nicolas Palme: Wir haben danach sogar noch die sogenannten Highlights an der Filmakademie Baden-Württemberg gewonnen, was uns besonders gefreut hat, weil dort das Publikum abstimmt. Auch die Leute bei der Filmschau Baden-Württemberg waren froh, mal kein deutsches Sterbedrama zeigen zu müssen. Wir haben insgesamt sehr positive Resonanz auf den Film bekommen. Im Moment sprechen wir mit einigen Leuten über eine etwaige Produktion, aber da ist es noch zu früh, um mehr zu verraten. Aber stimmt: Zur WM wäre es perfekt …

Comunioblog: In der Film-Beschreibung gibst Du an, für den Film intensive Recherche in der Fußball-Welt betrieben zu haben. Wie muss man sich das vorstellen?

Palme: Erst mal gibt es nach Waffendealern und Undercovercops vermutlich kaum eine noch verschlossenere Berufsgruppe als Spielerberater. Es ist fairerweise ja auch deren Job ihre Klienten von Nasen wie uns abzuschirmen. Insofern war die Recherche zwar mühsam, aber letztlich haben wir großes Glück gehabt, dass einer der wichtigsten Fußball-Sportanwälte Deutschlands, der quasi die halbe Liga vertritt, seine Kanzlei keine 100 Meter von der Filmakademie entfernt hat. Der hat uns einige Kontakte eröffnet, die wir dann ausgefragt haben. Da bekam man zwar nicht auf jede Frage eine Antwort, aber manchmal immerhin ein verräterisches Grinsen. Unter unseren Quellen waren dann unter anderem auch ein ehemaliger Präsident des VfB Stuttgart, Jörg Neblung, der damalige Berater des verstorbenen Robert Enke und Berater einiger Top-Bundesligaspieler. Und dann gibt es natürlich noch die ganzen sehr unterhaltsamen und teilweise absurden Spielerbiographien.

Zum „€rste Liga“-Trailer auf Youtube

Comunioblog: Jung-Profi Marko Krotz kommt im Film charakterlich nicht all zu gut weg. Gibt es für ihn ein reales Vorbild?

Palme: Jein. Marko ist eine Mischung aus diversen Spielerpersönlichkeiten. Stellenweise mussten wir auch ins Ausland oder in die Vergangenheit gucken, weil die meisten deutschen Spieler heutzutage ja brav ihre Nutellabrote schmieren. Insofern sind die genannten Beispiele nicht Eins zu Eins der Realität entnommen, aber in der Richtung sind uns kleinliche Eitelkeiten wie die Geschichte mit dem Parkplatz schon untergekommen. In Bezug auf die „Sexszene“ möchte ich nur an George Best erinnern: „Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.“ Das sieht Marko ähnlich.

Comunioblog: Auch Berater Tim Gibbels fällt vor allem durch seine abschätzige Haltung gegenüber anderen Menschen auf. Seine Schlägerei mit dem Vereins-Maskottchen und sein Umgang mit dem Azubi der Agentur sind dafür nur zwei Beispiele. Ist das sehr weit hergeholt oder nah dran an Deinen Recherche-Ergebnissen?

Palme: Es gibt solche und solche und die, die mit uns gesprochen haben, waren natürlich nett und offen, aber unter den Beratern gibt es teilweise auch schon jahrelange Feindschaften. Es ist einfach ein knallhartes Geschäft, in dem es um Millionen geht, da ist ein etwas höherer Blutdruck Bedingung. Und wer schon mal ein Praktikum beim Film gemacht hat, der weiß, dass das ja nicht nur im Fußball so zugeht. Und hey: Das Maskottchen im Film hat angefangen, da konnte Tim, die Hauptfigur, nix machen!

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Comunioblog: Tims Privatleben leidet unter seinem Beruf – die Beziehung zu seiner Ex-Freundin Mia hat er schon verzockt. Sind Spielerberater mit ihrer Arbeit verheiratet?

Palme: Naja, ob er es endgültig verzockt hat, sieht man dann in Folge 107, aber erstmal stimmt das. Der Beruf verlangt auf jeden Fall viel von einem, unter anderem ständige Erreichbarkeit, am besten sollte man bei jedem x-ten Spiel im Stadion sein, was bei Klienten über die Landkarte verteilt auch nicht leicht fällt, plus die Akquise von jungen Talenten … da kann der Pärchenabend schon mal drunter leiden.

Comunioblog: Tims Konkurrent Branko zieht ihn mit dem Spruch auf: „Glückwunsch, ein Topspieler, den du noch nicht mal mehr auf Comunio verkaufen kannst…“ Gibt es Manager und Spielerberater, die sich auf Comunio klammheimlich ihre Lieblings-Elf zusammen kaufen?

Palme: Kein Kommentar (lacht).

Comunioblog: Markos älterer Bruder Oliver war auch Profi. Jetzt, mit Anfang 30, will ihn kein Verein mehr haben und die Karriere seines Bruders erscheint ihm wie ein Hollywood-Film. Welche Aussage verkörpert er?

Palme: Wir finden es einfach spannend, dass diese Menschen ja mit Anfang 30 tatsächlich in Rente gehen. Natürlich müssen die meisten danach noch arbeiten, denn wirklich reich werden ja nur wenige, aber wenn man sein gesamtes bisheriges Leben auf den Profisport ausgerichtet hatte, was macht man dann, wenn einem dieser Sinn genommen wird? In einem Alter, in dem andere gerade erst richtig im Berufsleben durchstarten? Heute werden die Spieler auf diesen Bruch im Leben besser vorbereitet: Insbesondere die Berater achten auf ihre finanzielle Sicherheit und berufliche Perspektive. Zumindest die guten. Nicht jeder will eine Reality Soap über sein Leben drehen.

Comunioblog: Zu Oliver hat Tim Gibbels offenbar eine innige Freundschaft. Gibt es so etwas in dem Geschäft überhaupt? Die intrigante Agenturchefin Regina sagt immerhin: „Wir sind nicht ihre Freunde, wir sind ihre Zuhälter!“

Palme: Da clashen zwei Sichtweisen aufeinander, die es so eben auch in der Realität gibt. Tim ist zwar auch ein Vollprofi, aber er tut letztlich alles für seine Klienten – und auch aus Liebe zum Sport selbst. Natürlich gibt es auch ehrliche Freundschaften in diesem Geschäft, aber es ist eben auch immer das: ein Geschäft. Das macht es für Tim manchmal gerade schwer, wenn er eigentlich mit Marko feiern will, ihn aber zurechtweisen muss – und Marko ihn dann daran erinnert, wer hier der Boss ist.

Comunioblog: Im „Aktuellen Sportstudio“ rettet Marko seine Karriere – vor allem mit hohlen Phrasen wie „ich denke, dass jeder, der mich kennt, weiß, dass ich so eigentlich nicht bin“. Eine Spitze von Dir in Richtung glattgebügelte Fußballer-Interviews?

Palme: Eine Spitze meines großartigen Autors, Markus Staender, mit dem ich die Serie zusammen entwickelt habe. Das ist nicht nur eine Spitze gegen diese ganz spezifischen Spielerinterviews, sondern auch gegen die leeren Versprechungen unserer Medienwelt, ob das jetzt die Werbung oder auch Politik ist: Wahrheit und Authentizität treten bei den vorherrschenden Informationsschnipseln naturgemäß in den Hintergrund. Aber das klingt schon wieder so ernst: Fußball! Girls! Schnelle Autos!

Comunioblog: Über die 10.000 Euro Strafe, die Marko wegen seines Ausrasters bezahlen muss, kann er zusammen mit Tim recht herzlich lachen. Überhaupt lebt er mit jungen Jahren schon in Saus und Braus. Deine Meinung: Fließt im Fußball zu viel Geld?

Palme: Nein. Im Filmgeschäft fließt zu wenig. Das sollte man ändern. Her mit der Kohle, damit wir weiter drehen können!

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(Bei Interesse kann der Film auf der offiziellen „€rste Liga“-facebook-Seite bestellt werden.)