Mit bissigen Aussagen wärmten Matthias Sammer und Jürgen Klopp den immer wiederkehrenden Zwist zwischen Bayern München und Borussia Dortmund auf. Wer hat recht? Und muss das alles überhaupt sein?

Während die Chancenlosigkeit der Konkurrenz den meisten Münchner Fans ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, befeuert sie bei ohnehin bayernkritischen Beobachtern die Abneigung gegenüber dem deutschen Rekordmeister. Wurde bereits die Steuerhinterziehung des Präsidenten von Unterstützern anderer Vereine hämisch aufgenommen, so sind auch die Aussagen Matthias Sammers ein willkommenes Fressen für die polarisierte deutsche Fußballlandschaft.

„Wir sollten eher eine Diskussion führen, warum andere vielleicht nicht so gut sind.“

In einem Interview mit Sport1 sorgte das Vorstandsmitglied des FC Bayern für Aufsehen. Sammer regte dabei an, weniger die starken Leistungen der Bayern als vielmehr die schwachen Auftritte sowie die fehlende Konstanz der Verfolger zu diskutieren. Mit Blick auf die schwachen Europapokal-Auftritte der deutschen Starter hat der ehemalige Dortmunder Meistertrainer damit nicht ganz unrecht. Die exorbitant guten Auftritte der Bayern stehen in dieser Saison den äußerst durchwachsenen Darbietungen der Konkurrenz gegenüber. Der Grad zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz ist dennoch schmal.

Zudem sind die Art und Weise sowie auch der Zeitpunkt der Aussagen unglücklich. Bei 20 Punkten Vorsprung zum Zeitpunkt der Statements erscheint die Geißelung der nationalen Kontrahenten eher überflüssig. Die Trainingsarbeit anderer Klubs infrage zu stellen ist unnötig, eine Einstufung als Respektlosigkeit zumindest möglich. Dem im Zuge der privaten Verfehlungen von Uli Hoeneß ohnehin angekratzten Image des Tabellenführers waren die Aussagen in jedem Fall nicht zuträglich.

Bereits zuvor konstatierte Joachim Watzke ein mittlerweile abgekühltes Verhältnis zu Sammer. Die Münchner wollten den BVB außerdem zerstören. Und in der Tat drängt sich seit langer Zeit der Verdacht auf, Bayern werbe gezielt Spieler aufstrebender Vereine ab. Das ist grundsätzlich nicht verwerflich innerhalb eines Spitzenprodukts der hiesigen Leistungsgesellschaft. Grundsätzlich sympathisch ist es aber auch nicht. Auch belebt Konkurrenz bekanntermaßen das Geschäft. Allerdings sind die Borussen, siehe beispielsweise die Verpflichtung von Marco Reus aus Mönchengladbach, in dieser Hinsicht auch kein unbeschriebenes Blatt.

Spieler von Borussia Dortmund: Wen kaufen, wen verkaufen?

Verletzungen bestimmen die Saison des BVB. Immer wieder muss Trainer Klopp rotieren. Wir geben einen Überblick: Wer lohnt und wer nicht?

weiterlesen...

Ob die wachsende Dominanz im Endeffekt dem FC Bayern nutzt, der sich in der Bundesliga in eigenen Sphären bewegt, ist fraglich. Die viel zitierten spanischen Verhältnisse, die die Dominanz des FC Bayern und Borussia Dortmund im Stile Real Madrids und des FC Barcelona beschreiben sollten, sind inzwischen, wie ebenfalls von Watzke eingebracht, zu schottischen geworden. Celtic Glasgow zieht in der heimischen Premier League nach dem Zwangsabstieg der Glasgow Rangers einsam seine Kreise an der Tabellenspitze.

Klopp sichtlich angefressen

Die in der freitäglichen Pressekonferenz getätigten Antworten Jürgens Klopps, durch die Medienvertreter herausgefordert, zeigten neben der verständlichen Empörung aber vor allem eines: Der Stachel der Chancenlosigkeit sitzt tief beim ehrgeizigen Borussen-Coach.

„Ich an Matthias Sammers Stelle würde jeden Morgen, bevor ich das Bayern-Trainingsgelände betrete, Gott danken, dass irgendjemand auf die Idee gekommen ist, mich da dazu zu nehmen. Und ich glaube nicht, dass Bayern München einen Punkt weniger hätte, wenn Matthias Sammer nicht da wär.“ Die bissig-zerknirschte Replik Jürgen Klopps, der sichtlich mit sich zu ringen hatte überhaupt Bezug auf die Kritik zu nehmen, ist nicht nur als persönliche Antwort auf Sammer zu verstehen.

Auch wenn die Rolle des ehemaligen DFB-Sportdirektors, in dieser Position wurde Sammer aufgrund angeblich fehlender Konzepte ebenfalls kritisch gesehen, in der Fußballszene seit langem diskutiert wird, liegt der Grund des Angriffs tiefer: Die Borussia hinkt den eigenen, mit den Erfolgen der letzten Jahre  gewachsenen, Ansprüchen hinterher.

Klopps tiefgehende Unzufriedenheit wurde bereits bei den in der letzten Saison getätigten Plagiatsvorwürfen sichtbar. Auch Sinn und Inhalt der damaligen Vorwürfe, Bayern bediene sich der Dortmunder Spielweise im Stile chinesischer Plagiatoren, war fragwürdig.

Zwar konnte die Spielweise des BVB als innovativ bezeichnet werden, ein Novum stellte der Dortmunder Ansatz jedoch nicht dar. Die taktische Marschroute wurde unter Jürgen Klopp schlicht gut ausgeführt. Der Kommentar erschien insgesamt überflüssig und kann als Überlaufen des bei Jürgen Klopp ob der Dominanz der Bayern angestauten Ärgers gesehen werden. Die Gelassenheit ist aufgrund der scheinbar immer weiter enteilenden Münchner abhanden gekommen.

Henrikh Mkhitaryan – endlich angekommen?

Henrikh Mkhitaryan kostete Borussia Dortmund 27,5 Millionen Euro. Lange tat sich der Neuzugang im neuen Umfeld schwer. In der Rückrunde scheint es für den Mittelfeldmann endlich zu laufen – auch bei Comunio.

weiterlesen...

Persönliche Befindlichkeiten als Grund für Sammers Aussagen?

Auf der anderen Seite scheint Matthias Sammer mit seiner Rolle beim FC Bayern nicht gänzlich zufrieden. Gut möglich, dass auch der ehemalige Europäische Fußballer des Jahres unter einer weit verbreiteten Krankheit prominenter Ex-Fußballer leidet: der Sucht nach öffentlicher Beachtung. Die immer wiederkehrenden Gerüchte, er habe bei Transfers wenig bis gar nichts mitzureden, werden auch am scheinbar selbstbewussten Sammer nicht spurlos vorübergegangen sein.

Es verfestigt sich der Eindruck, dass Sammer nicht nur im Sinne des eigenen Vereins, sondern auch zwecks eigener Positionierung ab und zu mit provozierenden Aussagen aufwartet. Ein Zurückpfeifen durch die Bayern-Granden blieben Sammer, der im Herbst letzten Jahres durch Kritik an der eigenen Mannschaft den Unmut der eigenen Kollegen auf sich zog, diesmal erspart.

Was die Dominanz des FCB angeht, sollte man die Kirche ohnehin im Dorf belassen. Denn so aussichtslos die Situation erscheint, auch die Bayern kochen mit Wasser können wieder nachlassen. In Spanien beispielsweise hat sich in dieser Saison Atletico Madrid zum scheinbar unschlagbaren Führungsduo der Primera Division gesellt.

In einem Punkt hat Matthias Sammer aber ohne Frage recht: im Moment sind die Verfolger meilenweit vom FC Bayern entfernt. Ob die Aussagen allerdings nötig sind und ob sich gerade Sammer – als schwächstes Glied in der Kette und fragwürdiger Figur im Bayern-Apparat – dazu berufen fühlen sollte, derlei provokante Thesen aufzustellen, darf hinterfragt werden.

Inzwischen haben beide Seiten öffentlich zurück gerudert. Sowohl Klopp als auch Sammer scheinen nicht an einer weiteren Eskalation der Fehde interessiert. In der nächsten Woche wird das leidige Thema ohnehin wieder in den Hintergrund rücken. Ein wichtiger und zumindest sportlich honoriger Bayer wird dann im Mittelpunkt stehen: Am Montag beginnt der Prozess zur Steuerhinterziehung von Uli Hoeneß.

Du möchtest Comunio-Manager werden? Hier entlang!

Das Bayern-Beben! Alle Infos im Live-Ticker!

Unglaublich! Sensation! Revolution! Der Ligaverband schließt den FC Bayern München aus der Bundesliga aus. Alle Infos des heutigen Tages im Live-Ticker.

weiterlesen...